Wer wäre da nicht gern herausgegangen aus dem Kasten, wenn er's nur gekonnt hätte?! Wahrlich der Herr hat mir wieder einmal große Wunder auf dem großen Meere gewiesen, und wie gemüthlich ist's nun um so mehr jetzt, immer noch mit seinen kleinen und großen Heimaths-Erinnerungen und Erfahrungen auf Quakatzenburg bei Heinrich Schaumann, genannt Stopf- kuchen zu Gast zu sein und den dicken Freund zu seiner Frau sagen zu hören:
"Aber, Kind, was geht Dich und Eduard eigent- lich Deines Vaters und meine Spezialliebhaberei und die Petrefaktenkunde überhaupt an? Was geht es euch an, wie lange der Ocean über der rothen Schanze ge- standen hat, ehe die Möglichkeit vorhanden war, daß Kienbaum in ihrer Umgebung todtgeschlagen werden konnte? Wieviel ergötzlicher ist es doch, davon zu reden, daß der Herr nach der Sintfluth wieder aufgehen ließ Gras, Busch und Baum, und daß er Blüthen gleich Weihnachtslichtern dran steckte und allerlei Früchte daran hing, lieblich dem Auge und angenehm dem Gaumen! Eduard, wie oft soll ich es Dir sagen, daß man den edlen Namen Stopfkuchen nicht ohne die dazu gehörigen Leistungen trägt? Welch ein Leben und Futter in dieser Hinsicht hier auf der Schanze! O Tinchen, o Valen -- ti -- ne, und so mit Dir unterm Busch, kauend und schmatzend, und der Andern lächerliche, mühesame Papierdrachen über dem Herbstfelde im Blau!"
"O Heinrich," unterbrach hier noch einmal die
Wer wäre da nicht gern herausgegangen aus dem Kaſten, wenn er's nur gekonnt hätte?! Wahrlich der Herr hat mir wieder einmal große Wunder auf dem großen Meere gewieſen, und wie gemüthlich iſt's nun um ſo mehr jetzt, immer noch mit ſeinen kleinen und großen Heimaths-Erinnerungen und Erfahrungen auf Quakatzenburg bei Heinrich Schaumann, genannt Stopf- kuchen zu Gaſt zu ſein und den dicken Freund zu ſeiner Frau ſagen zu hören:
„Aber, Kind, was geht Dich und Eduard eigent- lich Deines Vaters und meine Spezialliebhaberei und die Petrefaktenkunde überhaupt an? Was geht es euch an, wie lange der Ocean über der rothen Schanze ge- ſtanden hat, ehe die Möglichkeit vorhanden war, daß Kienbaum in ihrer Umgebung todtgeſchlagen werden konnte? Wieviel ergötzlicher iſt es doch, davon zu reden, daß der Herr nach der Sintfluth wieder aufgehen ließ Gras, Buſch und Baum, und daß er Blüthen gleich Weihnachtslichtern dran ſteckte und allerlei Früchte daran hing, lieblich dem Auge und angenehm dem Gaumen! Eduard, wie oft ſoll ich es Dir ſagen, daß man den edlen Namen Stopfkuchen nicht ohne die dazu gehörigen Leiſtungen trägt? Welch ein Leben und Futter in dieſer Hinſicht hier auf der Schanze! O Tinchen, o Valen — ti — ne, und ſo mit Dir unterm Buſch, kauend und ſchmatzend, und der Andern lächerliche, müheſame Papierdrachen über dem Herbſtfelde im Blau!“
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Wer wäre da nicht gern herausgegangen aus dem
Kaſten, wenn er's nur gekonnt hätte?! Wahrlich der
Herr hat mir wieder einmal große Wunder auf dem
großen Meere gewieſen, und wie gemüthlich iſt's nun
um ſo mehr jetzt, immer noch mit ſeinen kleinen und
großen Heimaths-Erinnerungen und Erfahrungen auf
Quakatzenburg bei Heinrich Schaumann, genannt Stopf-
kuchen zu Gaſt zu ſein und den dicken Freund zu
ſeiner Frau ſagen zu hören:
„Aber, Kind, was geht Dich und Eduard eigent-
lich Deines Vaters und meine Spezialliebhaberei und
die Petrefaktenkunde überhaupt an? Was geht es euch
an, wie lange der Ocean über der rothen Schanze ge-
ſtanden hat, ehe die Möglichkeit vorhanden war, daß
Kienbaum in ihrer Umgebung todtgeſchlagen werden
konnte? Wieviel ergötzlicher iſt es doch, davon zu
reden, daß der Herr nach der Sintfluth wieder aufgehen
ließ Gras, Buſch und Baum, und daß er Blüthen gleich
Weihnachtslichtern dran ſteckte und allerlei Früchte
daran hing, lieblich dem Auge und angenehm dem
Gaumen! Eduard, wie oft ſoll ich es Dir ſagen,
daß man den edlen Namen Stopfkuchen nicht ohne
die dazu gehörigen Leiſtungen trägt? Welch ein
Leben und Futter in dieſer Hinſicht hier auf der
Schanze! O Tinchen, o Valen — ti — ne, und
ſo mit Dir unterm Buſch, kauend und ſchmatzend,
und der Andern lächerliche, müheſame Papierdrachen
über dem Herbſtfelde im Blau!“
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/144>, abgerufen am 16.02.2025.
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