Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.wenn er mich nicht darin gefunden hätte! Aber daß Da war er wieder. Halb Pfarrherr, halb Land- "Küsse mich, Andromache, und sieh mir nach W. Raabe. Stopfkuchen. 14
wenn er mich nicht darin gefunden hätte! Aber daß Da war er wieder. Halb Pfarrherr, halb Land- „Küſſe mich, Andromache, und ſieh mir nach W. Raabe. Stopfkuchen. 14
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0219" n="209"/> wenn er mich nicht darin gefunden hätte! Aber daß<lb/> wir hier auf der rothen Schanze Jedermann draußen<lb/> als ein wunderliches, wunderliches Geſpann vor-<lb/> kommen müſſen, das glaube ich Jedem, der es mir<lb/> ſagt, auf ſein Wort, da ich es mir ſelber oft genug<lb/> ſelbſt ſage . . . . . Liebſter Himmel, iſt er denn ſchon<lb/> mit ſeinem Anzuge fertig? ohne mich dreißig Mal<lb/> dazu gerufen zu haben, ſelbſt wenn er bloß auf ſeine<lb/> verſteinerten Knochenexpeditionen gehen will? O Gott<lb/> ja, ja, auf welche noch ältere und viel ſchlimmere<lb/> Todtengräberei will er aber auch jetzt gehen?“</p><lb/> <p>Da war er wieder. Halb Pfarrherr, halb Land-<lb/> bebauer, aber ganz der dicke Schaumann! — Er trug<lb/> jetzt einen langen, ſchwarzen Laſtingrock, eine aufge-<lb/> knöpfte Sommerweſte, ein loſes Halstuch, einen breit-<lb/> rändigen braunen Strohhut und war in ſeinen hellen<lb/> Sommerhoſen geblieben. Einen derben Gehſtock führte<lb/> er auch mit ſich und hatte ihn jedenfalls zu ſeiner<lb/> Stütze nöthig. Gegenwärtig aber nahm er ihn unter<lb/> den einen Arm und legte den anderen um ſein Weib:</p><lb/> <p>„Küſſe mich, Andromache, und ſieh mir nach<lb/> von der Mauer von Ilion; aber ängſtige Dich um<lb/> Gotteswillen nicht um mich. Den hellumſchienten<lb/> Achaier von da unten, möchte ich ſehen, der es fertig<lb/> kriegte, Patroklos Schatten zu Ehren und zur Rache,<lb/> den dicken Schaumann um ſeinen Burgwall herum<lb/> in Trab oder Galopp zu bringen. Da haſt Du noch<lb/> einen Kuß und nun laß mich aus Deinen Armen.<lb/> Ich gebe Dir mein Wort darauf, ich komme heil<lb/> und möglichſt unverſchwitzt wieder nach Hauſe und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">W. Raabe. Stopfkuchen. 14</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0219]
wenn er mich nicht darin gefunden hätte! Aber daß
wir hier auf der rothen Schanze Jedermann draußen
als ein wunderliches, wunderliches Geſpann vor-
kommen müſſen, das glaube ich Jedem, der es mir
ſagt, auf ſein Wort, da ich es mir ſelber oft genug
ſelbſt ſage . . . . . Liebſter Himmel, iſt er denn ſchon
mit ſeinem Anzuge fertig? ohne mich dreißig Mal
dazu gerufen zu haben, ſelbſt wenn er bloß auf ſeine
verſteinerten Knochenexpeditionen gehen will? O Gott
ja, ja, auf welche noch ältere und viel ſchlimmere
Todtengräberei will er aber auch jetzt gehen?“
Da war er wieder. Halb Pfarrherr, halb Land-
bebauer, aber ganz der dicke Schaumann! — Er trug
jetzt einen langen, ſchwarzen Laſtingrock, eine aufge-
knöpfte Sommerweſte, ein loſes Halstuch, einen breit-
rändigen braunen Strohhut und war in ſeinen hellen
Sommerhoſen geblieben. Einen derben Gehſtock führte
er auch mit ſich und hatte ihn jedenfalls zu ſeiner
Stütze nöthig. Gegenwärtig aber nahm er ihn unter
den einen Arm und legte den anderen um ſein Weib:
„Küſſe mich, Andromache, und ſieh mir nach
von der Mauer von Ilion; aber ängſtige Dich um
Gotteswillen nicht um mich. Den hellumſchienten
Achaier von da unten, möchte ich ſehen, der es fertig
kriegte, Patroklos Schatten zu Ehren und zur Rache,
den dicken Schaumann um ſeinen Burgwall herum
in Trab oder Galopp zu bringen. Da haſt Du noch
einen Kuß und nun laß mich aus Deinen Armen.
Ich gebe Dir mein Wort darauf, ich komme heil
und möglichſt unverſchwitzt wieder nach Hauſe und
W. Raabe. Stopfkuchen. 14
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