Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Maiholzener Dorfkirchhofe? Großartig wäre es, wenn "Du hattest sie wieder anzuzünden." "Es ist nämlich eine häufige Erfahrung von mir, Maiholzener Dorfkirchhofe? Großartig wäre es, wenn „Du hatteſt ſie wieder anzuzünden.“ „Es iſt nämlich eine häufige Erfahrung von mir, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="240"/> Maiholzener Dorfkirchhofe? Großartig wäre es, wenn<lb/> jetzt eine Schaufel Erde weniger in die Grube es Dir<lb/> zuwege gebracht hätte, in die Welt zu ſchreien: Hier<lb/> iſt er! der iſt's! Fort mit ihm zum Prytanen! — —<lb/> Hm, hm, aber Der? Zu dumm! das reine Friedhofs-<lb/> Morgenſonne-Geſpenſt! weiter nichts, dicker Schau-<lb/> mann! . . . Dann aber wieder: Du haſt aber doch<lb/> etwas geſehen, und nicht bloß geſehen, ſondern auch<lb/> gefühlt. Was ſteckte in der plötzlichen tauben Em-<lb/> pfindung im Magen, dem Summen und Glocken-<lb/> geläut in den Ohren und dem ſcharfen, klaren, gei-<lb/> ſtigen Ruck: Da, da, da! Jetzt, jetzt, jetzt!? . . .<lb/> Sollte ſich nicht auch einmal unter Deiner Speckhülle<lb/> etwas melden, was — na, Eduard, der Überlegung<lb/> war das doch werth: mir ging glücklicherweiſe die<lb/> Pfeife dabei aus, und ich hatte ſie wieder anzu-<lb/> zünden.“</p><lb/> <p>„Du hatteſt ſie wieder anzuzünden.“</p><lb/> <p>„Es iſt nämlich eine häufige Erfahrung von mir,<lb/> daß man bei rathloſem Nachdenken, in ausnehmend<lb/> ſeeliſcher Konfuſion nichts Beſſeres thun kann, als die<lb/> ausgegangene Pfeife von Neuem anzuſtecken. Die<lb/> Zündhölzer habe ich gewöhnlich zur Hand, aber eine<lb/> liebe Gewohnheit iſt es mir, trotz ihnen in die Küche<lb/> zu gehen, zu meiner Frau, und mir vom Herde einen<lb/> brennenden Span zu holen. ‚Ja, gehen Sie nur<lb/> zu ihr, Herr,‘ ſagte mir die Magd in der Stuben-<lb/> thür. ‚Sie weint doch zu bitter allein in das Feuer!‘<lb/> — Und ſo ging ich und ſtellte mich zu dem Tinchen<lb/> und ſagte ihr: ‚Nun hör auf, Herz!‘ Sagt ſie: ‚Es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [240/0250]
Maiholzener Dorfkirchhofe? Großartig wäre es, wenn
jetzt eine Schaufel Erde weniger in die Grube es Dir
zuwege gebracht hätte, in die Welt zu ſchreien: Hier
iſt er! der iſt's! Fort mit ihm zum Prytanen! — —
Hm, hm, aber Der? Zu dumm! das reine Friedhofs-
Morgenſonne-Geſpenſt! weiter nichts, dicker Schau-
mann! . . . Dann aber wieder: Du haſt aber doch
etwas geſehen, und nicht bloß geſehen, ſondern auch
gefühlt. Was ſteckte in der plötzlichen tauben Em-
pfindung im Magen, dem Summen und Glocken-
geläut in den Ohren und dem ſcharfen, klaren, gei-
ſtigen Ruck: Da, da, da! Jetzt, jetzt, jetzt!? . . .
Sollte ſich nicht auch einmal unter Deiner Speckhülle
etwas melden, was — na, Eduard, der Überlegung
war das doch werth: mir ging glücklicherweiſe die
Pfeife dabei aus, und ich hatte ſie wieder anzu-
zünden.“
„Du hatteſt ſie wieder anzuzünden.“
„Es iſt nämlich eine häufige Erfahrung von mir,
daß man bei rathloſem Nachdenken, in ausnehmend
ſeeliſcher Konfuſion nichts Beſſeres thun kann, als die
ausgegangene Pfeife von Neuem anzuſtecken. Die
Zündhölzer habe ich gewöhnlich zur Hand, aber eine
liebe Gewohnheit iſt es mir, trotz ihnen in die Küche
zu gehen, zu meiner Frau, und mir vom Herde einen
brennenden Span zu holen. ‚Ja, gehen Sie nur
zu ihr, Herr,‘ ſagte mir die Magd in der Stuben-
thür. ‚Sie weint doch zu bitter allein in das Feuer!‘
— Und ſo ging ich und ſtellte mich zu dem Tinchen
und ſagte ihr: ‚Nun hör auf, Herz!‘ Sagt ſie: ‚Es
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