und ließ Störzer die seinigen gehen: ihm irgendwie hinter einem Busch einer meiner Hecken aufzupassen und ihn beim Kragen zu nehmen, lag nicht in meiner Natur. Meine Wege? Sie führten mich nimmer weit über meinen Grenzwall hinaus; aber doch von Zeit zu Zeit wenigstens ein wenig hinein in die Feldmark. Bist Du Mitgründer und Aktieninhaber einer Zuckerfabrik, so siehst Du auch in Afrika dann und wann nach Deinen und der Andern Rüben, so faul Du auch sonst auf Deiner Löwenhaut liegen und Gier-Maul-Affen feil halten magst. Auf einem dieser beschwerlichen Gänge kam es denn zu der Auseinandersetzung. Du weißt, wo die kaiserliche Poststraße von der Stadt her nach Gleimekendorf durch das Bauerngehölz, den Papenbusch, führt. Die Schlupfpfade unserer Jungenszeit laufen heute noch kreuz und quer, aber theilweise immer auch noch auf die Landstraße zu. Der Busch ist ein wenig höher geworden; aber der Graben, der ihn auf beiden Seiten der Landstraße von derselben scheidet, ist ganz derselbe geblieben. Man muß ihn überspringen, oder hindurch- steigen, wenn man auf den Heerweg will. Und letzteres war meine Absicht. Ja, ja, nur nicht zappeln, Mariechen oder Metachen! Ich bin ein wenig breit -- auch in meiner Schöne-Geschichten-Erzählungsweise. Aber dafür sind andere Leute desto kürzer, und so gleicht auch das sich im Großen und Ganzen immer wieder aus. Ob die Zweige auf dem lieben Wald- pfade um mich her sehr rauschten und raschelten, als ich fürderschiebend sie auseinander bog, weiß ich
und ließ Störzer die ſeinigen gehen: ihm irgendwie hinter einem Buſch einer meiner Hecken aufzupaſſen und ihn beim Kragen zu nehmen, lag nicht in meiner Natur. Meine Wege? Sie führten mich nimmer weit über meinen Grenzwall hinaus; aber doch von Zeit zu Zeit wenigſtens ein wenig hinein in die Feldmark. Biſt Du Mitgründer und Aktieninhaber einer Zuckerfabrik, ſo ſiehſt Du auch in Afrika dann und wann nach Deinen und der Andern Rüben, ſo faul Du auch ſonſt auf Deiner Löwenhaut liegen und Gier-Maul-Affen feil halten magſt. Auf einem dieſer beſchwerlichen Gänge kam es denn zu der Auseinanderſetzung. Du weißt, wo die kaiſerliche Poſtſtraße von der Stadt her nach Gleimekendorf durch das Bauerngehölz, den Papenbuſch, führt. Die Schlupfpfade unſerer Jungenszeit laufen heute noch kreuz und quer, aber theilweiſe immer auch noch auf die Landſtraße zu. Der Buſch iſt ein wenig höher geworden; aber der Graben, der ihn auf beiden Seiten der Landſtraße von derſelben ſcheidet, iſt ganz derſelbe geblieben. Man muß ihn überſpringen, oder hindurch- ſteigen, wenn man auf den Heerweg will. Und letzteres war meine Abſicht. Ja, ja, nur nicht zappeln, Mariechen oder Metachen! Ich bin ein wenig breit — auch in meiner Schöne-Geſchichten-Erzählungsweiſe. Aber dafür ſind andere Leute deſto kürzer, und ſo gleicht auch das ſich im Großen und Ganzen immer wieder aus. Ob die Zweige auf dem lieben Wald- pfade um mich her ſehr rauſchten und raſchelten, als ich fürderſchiebend ſie auseinander bog, weiß ich
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und ließ Störzer die ſeinigen gehen: ihm irgendwie
hinter einem Buſch einer meiner Hecken aufzupaſſen
und ihn beim Kragen zu nehmen, lag nicht in meiner
Natur. Meine Wege? Sie führten mich nimmer
weit über meinen Grenzwall hinaus; aber doch von
Zeit zu Zeit wenigſtens ein wenig hinein in die
Feldmark. Biſt Du Mitgründer und Aktieninhaber
einer Zuckerfabrik, ſo ſiehſt Du auch in Afrika dann
und wann nach Deinen und der Andern Rüben, ſo
faul Du auch ſonſt auf Deiner Löwenhaut liegen
und Gier-Maul-Affen feil halten magſt. Auf einem
dieſer beſchwerlichen Gänge kam es denn zu der
Auseinanderſetzung. Du weißt, wo die kaiſerliche
Poſtſtraße von der Stadt her nach Gleimekendorf durch
das Bauerngehölz, den Papenbuſch, führt. Die
Schlupfpfade unſerer Jungenszeit laufen heute noch
kreuz und quer, aber theilweiſe immer auch noch auf
die Landſtraße zu. Der Buſch iſt ein wenig höher
geworden; aber der Graben, der ihn auf beiden Seiten
der Landſtraße von derſelben ſcheidet, iſt ganz derſelbe
geblieben. Man muß ihn überſpringen, oder hindurch-
ſteigen, wenn man auf den Heerweg will. Und
letzteres war meine Abſicht. Ja, ja, nur nicht zappeln,
Mariechen oder Metachen! Ich bin ein wenig breit
— auch in meiner Schöne-Geſchichten-Erzählungsweiſe.
Aber dafür ſind andere Leute deſto kürzer, und ſo
gleicht auch das ſich im Großen und Ganzen immer
wieder aus. Ob die Zweige auf dem lieben Wald-
pfade um mich her ſehr rauſchten und raſchelten, als
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/259>, abgerufen am 21.11.2024.
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