Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.mein Lebtag gewesen und für mich hingegangen, W. Raabe. Stopfkuchen. 17
mein Lebtag geweſen und für mich hingegangen, W. Raabe. Stopfkuchen. 17
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0267" n="257"/> mein Lebtag geweſen und für mich hingegangen,<lb/> und habe Alles gehen laſſen und auch ihm jahrelang<lb/> ſeine Briefe in Gleimekendorf ins Haus getragen<lb/> und mir von Amtswegen ſeinen Gift und Hohnſpott<lb/> gefallen laſſen, bis mir in der Schreckensſtunde hier,<lb/> hier im Papenbuſch ſein und mein Schickſal, und des<lb/> Herrn Schwiegervaters kummervolles Schickſal auch,<lb/> auf den Hals gefallen iſt. Herr, Herr, und ſo wahr<lb/> ich lebe, nur durch mein halbes Zuthun und ganz<lb/> durch den ſchrecklichen Zufall! Daß es nur ein Zu-<lb/> fall geweſen iſt, das weiß der höchſte Richter und<lb/> hat mich auch wohl nur deſſentwegen doch in ein<lb/> verhältnißmäßig ruhiges hohes Alter kommen laſſen,<lb/> und das iſt denn ſo mein zweiter Lebenstroſt ge-<lb/> weſen bei Gewitterſturm und Hagel, Schnee und Hitze<lb/> auf der Chauſſee, tagein tagaus mit ſich ſelber alleine<lb/> und ſeinen Gedanken. Ja, Herr Schaumann, Jeder<lb/> macht ſich das auf ſeine Weiſe zurecht. Nicht wahr,<lb/> Sie machen es ſich auch eben auf Ihre Weiſe zurecht,<lb/> was nun Ihre Pflicht gegen mich und Ihre liebe<lb/> Frau und den alten Quakatz und Kienbaum iſt?‘ —<lb/> ‚Ich wollte freilich Ihr lieber Herrgott hätte einen<lb/> Andern damit betraut, Störzer!‘ — ‚O laſſen<lb/> Sie ſich Das nicht anfechten; ich bin bereit, da<lb/> es jetzt ſo mit der Offenbarung gekommen iſt. Heute<lb/> — morgen — übermorgen! Und es ſoll mir kein<lb/> irdiſcher Gerichtsherr beim Verhör eine Lüge nach-<lb/> ſagen. Darauf lege ich Ihnen ſchon jetzt einen hei-<lb/> ligen Eid ab.‘ — Stopfkuchen mit Storzhammel im<lb/> Beichtſtuhl als Beichtvater und Kind, mein guter<lb/> <fw place="bottom" type="sig">W. Raabe. Stopfkuchen. 17</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0267]
mein Lebtag geweſen und für mich hingegangen,
und habe Alles gehen laſſen und auch ihm jahrelang
ſeine Briefe in Gleimekendorf ins Haus getragen
und mir von Amtswegen ſeinen Gift und Hohnſpott
gefallen laſſen, bis mir in der Schreckensſtunde hier,
hier im Papenbuſch ſein und mein Schickſal, und des
Herrn Schwiegervaters kummervolles Schickſal auch,
auf den Hals gefallen iſt. Herr, Herr, und ſo wahr
ich lebe, nur durch mein halbes Zuthun und ganz
durch den ſchrecklichen Zufall! Daß es nur ein Zu-
fall geweſen iſt, das weiß der höchſte Richter und
hat mich auch wohl nur deſſentwegen doch in ein
verhältnißmäßig ruhiges hohes Alter kommen laſſen,
und das iſt denn ſo mein zweiter Lebenstroſt ge-
weſen bei Gewitterſturm und Hagel, Schnee und Hitze
auf der Chauſſee, tagein tagaus mit ſich ſelber alleine
und ſeinen Gedanken. Ja, Herr Schaumann, Jeder
macht ſich das auf ſeine Weiſe zurecht. Nicht wahr,
Sie machen es ſich auch eben auf Ihre Weiſe zurecht,
was nun Ihre Pflicht gegen mich und Ihre liebe
Frau und den alten Quakatz und Kienbaum iſt?‘ —
‚Ich wollte freilich Ihr lieber Herrgott hätte einen
Andern damit betraut, Störzer!‘ — ‚O laſſen
Sie ſich Das nicht anfechten; ich bin bereit, da
es jetzt ſo mit der Offenbarung gekommen iſt. Heute
— morgen — übermorgen! Und es ſoll mir kein
irdiſcher Gerichtsherr beim Verhör eine Lüge nach-
ſagen. Darauf lege ich Ihnen ſchon jetzt einen hei-
ligen Eid ab.‘ — Stopfkuchen mit Storzhammel im
Beichtſtuhl als Beichtvater und Kind, mein guter
W. Raabe. Stopfkuchen. 17
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeWilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |