Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Wahrheit nicht möglich war. Nun aber hatte ich, Er fragte wahrhaftig garnichts danach, was "die Stopfkuchen! Wahrlich nicht der Kirchenglocken Wahrheit nicht möglich war. Nun aber hatte ich, Er fragte wahrhaftig garnichts danach, was „die Stopfkuchen! Wahrlich nicht der Kirchenglocken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="27"/> Wahrheit nicht möglich war. Nun aber hatte ich,<lb/> ehe der Kellner anklopfte, längere Zeit auf etwas<lb/> Anderes horchen müſſen, was ebenfalls in Traum-<lb/> beſchreibungen häufig litterariſch vorkommt: die Thurm-<lb/> glocken der Heimathſtadt. Ich hatte es Sechs ſchlagen<lb/> hören und Halbſieben und Sieben. Und dabei,<lb/> gerade bei dieſem angenehmſten wachen Liegen und<lb/> Dehnen und Strecken im Bette und dem Glocken-<lb/> klang <hi rendition="#g">dieſer</hi> Stunden, war mir ein Anderes von<lb/> Neuem lebendig in der Seele geworden — ſüß und<lb/> ſchaurig lebendig! Die Stunde nämlich, in welcher<lb/> man in der Schule zu ſein hatte — im Sommer<lb/> um Sieben, im Winter um Acht, und, von mir<lb/> ganz abgeſehen, Stopfkuchen ſchändlicher Weiſe auch!<lb/> Stopfkuchen! er, den „der ganze Quark garnichts<lb/> anging, wenigſtens ein Beträchtliches weniger, als<lb/> den ganzen übrigen Cötus zuſammen.“</p><lb/> <p>Er fragte wahrhaftig garnichts danach, was „die<lb/> Leute“ (er meinte die Herren Lehrer) wußten und<lb/> lächerlicherweiſe ihm mitzutheilen wünſchten. Er war<lb/> ganz gut ſo wie er war, und — kurz und gut, es<lb/> war eine Niederträchtigkeit im Sommer um Sieben<lb/> und im Winter um Acht „da ſein“ zu müſſen, um<lb/> ſich doch nur mit völliger Verachtung ſtrafen zu<lb/> laſſen; da „alles Andere doch nichts half.“</p><lb/> <p>Stopfkuchen! Wahrlich nicht der Kirchenglocken<lb/> wegen (obgleich er auch den Verſuch gemacht hatte,<lb/> Theologie zu ſtudiren) ſondern einzig und allein der<lb/> Thurmuhr halber, ſtieg er mir nun ſo hell wie Störzer<lb/> in der Seele empor, mein Freund Stopfkuchen, mein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0037]
Wahrheit nicht möglich war. Nun aber hatte ich,
ehe der Kellner anklopfte, längere Zeit auf etwas
Anderes horchen müſſen, was ebenfalls in Traum-
beſchreibungen häufig litterariſch vorkommt: die Thurm-
glocken der Heimathſtadt. Ich hatte es Sechs ſchlagen
hören und Halbſieben und Sieben. Und dabei,
gerade bei dieſem angenehmſten wachen Liegen und
Dehnen und Strecken im Bette und dem Glocken-
klang dieſer Stunden, war mir ein Anderes von
Neuem lebendig in der Seele geworden — ſüß und
ſchaurig lebendig! Die Stunde nämlich, in welcher
man in der Schule zu ſein hatte — im Sommer
um Sieben, im Winter um Acht, und, von mir
ganz abgeſehen, Stopfkuchen ſchändlicher Weiſe auch!
Stopfkuchen! er, den „der ganze Quark garnichts
anging, wenigſtens ein Beträchtliches weniger, als
den ganzen übrigen Cötus zuſammen.“
Er fragte wahrhaftig garnichts danach, was „die
Leute“ (er meinte die Herren Lehrer) wußten und
lächerlicherweiſe ihm mitzutheilen wünſchten. Er war
ganz gut ſo wie er war, und — kurz und gut, es
war eine Niederträchtigkeit im Sommer um Sieben
und im Winter um Acht „da ſein“ zu müſſen, um
ſich doch nur mit völliger Verachtung ſtrafen zu
laſſen; da „alles Andere doch nichts half.“
Stopfkuchen! Wahrlich nicht der Kirchenglocken
wegen (obgleich er auch den Verſuch gemacht hatte,
Theologie zu ſtudiren) ſondern einzig und allein der
Thurmuhr halber, ſtieg er mir nun ſo hell wie Störzer
in der Seele empor, mein Freund Stopfkuchen, mein
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