Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.meinen früheren Jugenderinnerungen her eine ganz Je weiter ich auf dem engen hübschen Feldwege, Dreimal hatten sie den damaligen Herrn der "Ja, Eduard, wer erschlug den Hahn Gockel?" meinen früheren Jugenderinnerungen her eine ganz Je weiter ich auf dem engen hübſchen Feldwege, Dreimal hatten ſie den damaligen Herrn der „Ja, Eduard, wer erſchlug den Hahn Gockel?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="37"/> meinen früheren Jugenderinnerungen her eine ganz<lb/> andere Bedeutung hatte: der böſe Fall Quakatz in<lb/> Sachen Kienbaum.</p><lb/> <p>Je weiter ich auf dem engen hübſchen Feldwege,<lb/> zwiſchen den wogenden, morgenſonnebeglänzten, feucht-<lb/> friſchen, der Ernte zureifenden Kornfeldern der rothen<lb/> Schanze zu wanderte, deſto deutlicher kam mir die<lb/> jetzt ſo völlig verhallte Aufregung von Stadt und Land<lb/> meiner Jugendzeit über den Mord an Kienbaum in<lb/> das Gedächtniß zurück. Mit immer neuen Einzel-<lb/> heiten — eine immer intereſſanter als die andere!</p><lb/> <p>Dreimal hatten ſie den damaligen Herrn der<lb/> rothen Schanze, den Bauer Andreas Quakatz gefänglich<lb/> eingezogen, weil ſich neue „Indizien“ in Sachen<lb/> Kienbaum ergeben hatten. Und dreimal hatten ſie<lb/> ihn wieder ungeköpft loslaſſen müſſen, den Bauer<lb/> Quakatz, weil dieſe neuen Anzeichen und Vermuthungs-<lb/> gründe ſich doch abermals als das auswieſen, was<lb/> ſie waren, nämlich mehr oder weniger leichtfertige,<lb/> und einige Male auch heimtückiſch und boshaft auf-<lb/> gebrachte Verdachtserregungen.</p><lb/> <p>„Ja, Eduard, wer erſchlug den Hahn Gockel?“<lb/> fragte Heinrich Schaumann, genannt Stopfkuchen,<lb/> trübſelig, kopfſchüttelnd und ſich hinter den etwas ſehr<lb/> abſtehenden Ohren kratzend, als ich mit ihm zum letzten<lb/> Mal nach unſerm Abgang von der Schule auf der<lb/> Höhe des Weges ſtand, von wo aus man das Kriegs-<lb/> werk des <hi rendition="#aq">Comte de Lusace,</hi> des Prinzen Xaver von<lb/> Sachſen zuerſt — auch heute noch — vollſtändig in<lb/> ſeiner ganzen Wohlerhaltenheit vor Augen hat. Es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0047]
meinen früheren Jugenderinnerungen her eine ganz
andere Bedeutung hatte: der böſe Fall Quakatz in
Sachen Kienbaum.
Je weiter ich auf dem engen hübſchen Feldwege,
zwiſchen den wogenden, morgenſonnebeglänzten, feucht-
friſchen, der Ernte zureifenden Kornfeldern der rothen
Schanze zu wanderte, deſto deutlicher kam mir die
jetzt ſo völlig verhallte Aufregung von Stadt und Land
meiner Jugendzeit über den Mord an Kienbaum in
das Gedächtniß zurück. Mit immer neuen Einzel-
heiten — eine immer intereſſanter als die andere!
Dreimal hatten ſie den damaligen Herrn der
rothen Schanze, den Bauer Andreas Quakatz gefänglich
eingezogen, weil ſich neue „Indizien“ in Sachen
Kienbaum ergeben hatten. Und dreimal hatten ſie
ihn wieder ungeköpft loslaſſen müſſen, den Bauer
Quakatz, weil dieſe neuen Anzeichen und Vermuthungs-
gründe ſich doch abermals als das auswieſen, was
ſie waren, nämlich mehr oder weniger leichtfertige,
und einige Male auch heimtückiſch und boshaft auf-
gebrachte Verdachtserregungen.
„Ja, Eduard, wer erſchlug den Hahn Gockel?“
fragte Heinrich Schaumann, genannt Stopfkuchen,
trübſelig, kopfſchüttelnd und ſich hinter den etwas ſehr
abſtehenden Ohren kratzend, als ich mit ihm zum letzten
Mal nach unſerm Abgang von der Schule auf der
Höhe des Weges ſtand, von wo aus man das Kriegs-
werk des Comte de Lusace, des Prinzen Xaver von
Sachſen zuerſt — auch heute noch — vollſtändig in
ſeiner ganzen Wohlerhaltenheit vor Augen hat. Es
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