Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Tinchen." Fräulein Valentine wendet sich zu ihrer Erfreulich war der Anblick gerade nicht, wenn Tinchen.“ Fräulein Valentine wendet ſich zu ihrer Erfreulich war der Anblick gerade nicht, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="46"/> Tinchen.“ Fräulein Valentine wendet ſich zu ihrer<lb/> vierbeinigen Wachtmannſchaft, das heißt, ſie hebt die<lb/> Fauſt gegen ſie und ſchüttelt dieſelbe dann gegen die<lb/> lachende, freundliche Sommerlandſchaft jenſeit des<lb/> Grabens. Das bedeutet, daß das Vieh noch weniger<lb/> als ſonſt Jemandem ungeſtraft den Eintritt in das<lb/> Bollwerk des Grafen von der Lauſitz gewähren ſoll.<lb/> Und es verſteht das und antwortet mit einem dumpfen<lb/> giftigen Gewinſel und Geknurr: wir Drei aber haben<lb/> jetzt wahrhaftig wundervoll den Nachmittag allein<lb/> auf der rothen Schanze. —</p><lb/> <p>Erfreulich war der Anblick gerade nicht, wenn<lb/> man die Hunde und das Thor hinter ſich hatte.<lb/> Verwildert und verwahrloſt erſchien Alles umher, jede<lb/> Arbeit nur halb und widerwillig und nachläſſig gethan.<lb/> Es war keine rechte Ordnung im Garten, im Hofe, im<lb/> Hauſe, und in der Scheune wahrſcheinlich auch nicht.<lb/> Alles Geräthe lag und ſtand umher wie man es eben<lb/> aus der Hand hatte fallen laſſen oder bei Seite ge-<lb/> ſtellt hatte. Das Gebüſch und Unkraut wuchs unge-<lb/> hindert. Die Jauche konnte ſich keine beſſeren Tage<lb/> wünſchen, als wie auf der rothen Schanze, und ſie<lb/> ſuchte ſich denn auch ihre Rinnſale, wo es ihr be-<lb/> liebte. Die Hühner ſcharrten, wo ſie wollten im<lb/> Garten. Enten und Gänſe watſchelten ebenſo, wo<lb/> ſie wollten im Hofe und im Hauſe. Dem Stallvieh<lb/> ſah man es an, daß der Herr häufig nicht zu Hauſe<lb/> war und auch dann nicht ſein Auge, wie es ſein<lb/> ſollte, bei ihm hatte. Daß das Kind vom Hauſe<lb/> nicht Alles allein beſorgen konnte, und daß das Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0056]
Tinchen.“ Fräulein Valentine wendet ſich zu ihrer
vierbeinigen Wachtmannſchaft, das heißt, ſie hebt die
Fauſt gegen ſie und ſchüttelt dieſelbe dann gegen die
lachende, freundliche Sommerlandſchaft jenſeit des
Grabens. Das bedeutet, daß das Vieh noch weniger
als ſonſt Jemandem ungeſtraft den Eintritt in das
Bollwerk des Grafen von der Lauſitz gewähren ſoll.
Und es verſteht das und antwortet mit einem dumpfen
giftigen Gewinſel und Geknurr: wir Drei aber haben
jetzt wahrhaftig wundervoll den Nachmittag allein
auf der rothen Schanze. —
Erfreulich war der Anblick gerade nicht, wenn
man die Hunde und das Thor hinter ſich hatte.
Verwildert und verwahrloſt erſchien Alles umher, jede
Arbeit nur halb und widerwillig und nachläſſig gethan.
Es war keine rechte Ordnung im Garten, im Hofe, im
Hauſe, und in der Scheune wahrſcheinlich auch nicht.
Alles Geräthe lag und ſtand umher wie man es eben
aus der Hand hatte fallen laſſen oder bei Seite ge-
ſtellt hatte. Das Gebüſch und Unkraut wuchs unge-
hindert. Die Jauche konnte ſich keine beſſeren Tage
wünſchen, als wie auf der rothen Schanze, und ſie
ſuchte ſich denn auch ihre Rinnſale, wo es ihr be-
liebte. Die Hühner ſcharrten, wo ſie wollten im
Garten. Enten und Gänſe watſchelten ebenſo, wo
ſie wollten im Hofe und im Hauſe. Dem Stallvieh
ſah man es an, daß der Herr häufig nicht zu Hauſe
war und auch dann nicht ſein Auge, wie es ſein
ſollte, bei ihm hatte. Daß das Kind vom Hauſe
nicht Alles allein beſorgen konnte, und daß das Ge-
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