sinde es deshalb sehr "sachte angehen ließ", das war nur zu augenscheinlich. Was aber den letzteren Punkt, das Gesinde, anbetraf, so hatte das mit dessen Nichts- nützigkeit seine besten Gründe. Der Bauer auf der rothen Schanze hatte sich, was Knechte, Mägde und Jungen anging, eben mit dem zu begnügen, was Niemand sonst mochte -- mit dem Abhub und dem Bodensatz der Gegend.
Es that für einen rechtlichen Menschen, für ein ordentliches Mädchen nicht gut, auf der rothen Schanze zu dienen und da ehrlich nach der Ordnung zu sehen. Hoher Lohn und gute Behandlung kamen dort gar- nicht in Betracht. Jeder Groschen, den der Bauer Quakatz hergab, hatte ja einen Blutgeruch an sich. Wer von der rothen Schanze kam und einen anderen Dienst suchte, der brachte denselben Geruch in den Kleidern mit, und man ließ es mit verzogener Nase ihm merken und schickte ihn um ein Haus weiter. Bis der Bauer Andreas Quakatz endlich eingestand, daß er Kienbaum todtgeschlagen habe, oder bis der Hof auf der rothen Schanze im Ganzen unter den Hammer gebracht, oder noch besser für Maiholzen, im Einzelnen aus- geschlachtet worden war, konnte sich hieran nichts, garnichts ändern. Und die Erbtochter der rothen Schanze, Valentine Quakatz, änderte auch nichts, garnichts daran; sie hatte nur ihr bitter Teil an der bösen Vervehmung mitzutragen. Es ist Stopfkuchen, der wie die langen Wogen des Weltmeeres mich wieder auf dem "Hagebucher" der neuen Heimath zu tragen, fragt:
ſinde es deshalb ſehr „ſachte angehen ließ“, das war nur zu augenſcheinlich. Was aber den letzteren Punkt, das Geſinde, anbetraf, ſo hatte das mit deſſen Nichts- nützigkeit ſeine beſten Gründe. Der Bauer auf der rothen Schanze hatte ſich, was Knechte, Mägde und Jungen anging, eben mit dem zu begnügen, was Niemand ſonſt mochte — mit dem Abhub und dem Bodenſatz der Gegend.
Es that für einen rechtlichen Menſchen, für ein ordentliches Mädchen nicht gut, auf der rothen Schanze zu dienen und da ehrlich nach der Ordnung zu ſehen. Hoher Lohn und gute Behandlung kamen dort gar- nicht in Betracht. Jeder Groſchen, den der Bauer Quakatz hergab, hatte ja einen Blutgeruch an ſich. Wer von der rothen Schanze kam und einen anderen Dienſt ſuchte, der brachte denſelben Geruch in den Kleidern mit, und man ließ es mit verzogener Naſe ihm merken und ſchickte ihn um ein Haus weiter. Bis der Bauer Andreas Quakatz endlich eingeſtand, daß er Kienbaum todtgeſchlagen habe, oder bis der Hof auf der rothen Schanze im Ganzen unter den Hammer gebracht, oder noch beſſer für Maiholzen, im Einzelnen aus- geſchlachtet worden war, konnte ſich hieran nichts, garnichts ändern. Und die Erbtochter der rothen Schanze, Valentine Quakatz, änderte auch nichts, garnichts daran; ſie hatte nur ihr bitter Teil an der böſen Vervehmung mitzutragen. Es iſt Stopfkuchen, der wie die langen Wogen des Weltmeeres mich wieder auf dem „Hagebucher“ der neuen Heimath zu tragen, fragt:
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ſinde es deshalb ſehr „ſachte angehen ließ“, das war
nur zu augenſcheinlich. Was aber den letzteren Punkt,
das Geſinde, anbetraf, ſo hatte das mit deſſen Nichts-
nützigkeit ſeine beſten Gründe. Der Bauer auf der
rothen Schanze hatte ſich, was Knechte, Mägde und
Jungen anging, eben mit dem zu begnügen, was
Niemand ſonſt mochte — mit dem Abhub und dem
Bodenſatz der Gegend.
Es that für einen rechtlichen Menſchen, für ein
ordentliches Mädchen nicht gut, auf der rothen Schanze
zu dienen und da ehrlich nach der Ordnung zu ſehen.
Hoher Lohn und gute Behandlung kamen dort gar-
nicht in Betracht. Jeder Groſchen, den der Bauer
Quakatz hergab, hatte ja einen Blutgeruch an ſich.
Wer von der rothen Schanze kam und einen anderen
Dienſt ſuchte, der brachte denſelben Geruch in den
Kleidern mit, und man ließ es mit verzogener Naſe
ihm merken und ſchickte ihn um ein Haus weiter. Bis
der Bauer Andreas Quakatz endlich eingeſtand, daß er
Kienbaum todtgeſchlagen habe, oder bis der Hof auf der
rothen Schanze im Ganzen unter den Hammer gebracht,
oder noch beſſer für Maiholzen, im Einzelnen aus-
geſchlachtet worden war, konnte ſich hieran nichts,
garnichts ändern. Und die Erbtochter der rothen Schanze,
Valentine Quakatz, änderte auch nichts, garnichts
daran; ſie hatte nur ihr bitter Teil an der böſen
Vervehmung mitzutragen. Es iſt Stopfkuchen, der
wie die langen Wogen des Weltmeeres mich wieder
auf dem „Hagebucher“ der neuen Heimath zu tragen,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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