[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.Trauerrede Meine Frau war viel zu edel gesinnt, als daß sie Jch war so glücklich, daß sich beständig Kenner Meine Frau war bemüht, ihre natürliche Schön- heben.
Trauerrede Meine Frau war viel zu edel geſinnt, als daß ſie Jch war ſo gluͤcklich, daß ſich beſtaͤndig Kenner Meine Frau war bemuͤht, ihre natuͤrliche Schoͤn- heben.
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Trauerrede
Meine Frau war viel zu edel geſinnt, als daß ſie
ihre Gemuͤthsruhe durch die Sorgen der Nahrung
haͤtte unterbrechen ſollen. Sie uͤberließ ſich der
Vorſehung des Geſindes. Sie befuͤrchtete, ſie moͤch-
te die Natur beſchimpfen, wenn ſie diejenigen ſchoͤ-
nen Haͤnde in der Kuͤche beſudelte, welche ich ehedem
recht abgoͤttiſch gekuͤßt hatte, und von denen ihre Ver-
ehrer noch itzt zweifelhaft waren, ob ſie den Schnee,
oder den Alabaſter, uͤbertraͤfen.
Jch war ſo gluͤcklich, daß ſich beſtaͤndig Kenner
fanden, welche meine Wahl vollkommen billigten.
Sie wußten es meiner Frau auf das verbindlichſte
vorzuſagen, daß ſie die artigſte Perſon von der Welt
waͤre. Sie beneideten das Gluͤck desjenigen Sterbli-
chen, welchem vergoͤnnt waͤre, eine ſo anbetenswuͤr-
dige Goͤttinn zu lieben. Meine Frau nahm Antheil
an meinem Gluͤcke; ſie konnte dieſe Schmeicheley
wohl leiden, und war allemal erfreut, ich weis aber
nicht, ob uͤber ihre goͤttlichen Eigenſchaften, oder dar-
uͤber, daß man ihr ſagte, ich ſey ein Sterblicher. Die-
ſes muß ich noch zum Ruhme meiner Freunde erin-
nern, daß ſie dergleichen Lobeserhebungen niemals
in meiner Anweſenheit vorbrachten; ſelbſt meine Frau
war hierinnen vorſichtig. Eine ſolche Erklaͤrung haͤt-
te mich hochmuͤthig machen koͤnnen, und ich wuͤrde es
nicht ohne Erroͤthung angehoͤrt haben, wenn man die-
ſes in meiner Gegenwart haͤtte ſagen wollen.
Meine Frau war bemuͤht, ihre natuͤrliche Schoͤn-
heit durch einen praͤchtigen Aufputz noch mehr zu er-
heben.
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