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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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und Wissenschaften.
mich mit einem unersättlichen Fleiße, und mit Aus-
schließung aller andern gelegt habe.

Jst es nicht kläglich, daß man die Jugend zu
Erlernung der Geschichte, und besonders unsrer ge-
genwärtigen Zeiten anhält. Dieses vermehrt ihre
leichtsinnige Neugierigkeit, zu der sie ohne dem
mehr als zu geneigt ist. Aus dieser Ursache habe
ich mich jederzeit davor gehütet, und ich kann mir
ohne eiteln Ruhm nachsagen, daß mir dasjenige,
was nach dem Raube der Helena in Griechenland
vorgegangen, weit bekannter ist, als die Unruhe,
worein Deutschland durch den Tod des Kaisers ge-
stürzt seyn soll. Wozu die Geographie, und die
zugehörigen Wissenschaften nützen, das kann ich
nicht einsehen. Jch habe den Weg von der Schu-
le nach meiner Heimath gewußt, ich will ihn auch
wohl ohne Geographie nach Leipzig finden. Jch
weis die Namens- und Geburtstage meiner gnädi-
gen Herrschaft; ich weis, daß unser Herr Pfarrer
einen Todtenkopf mit einem Kreuze in seinem Pet-
schafte hat; dieses hilft mir mehr, als wenn ich das
ganze Geschlechte, und alle Wapen des Kaisers von
Fez und Marocco auswendig könnte. Daß ich die
Rechte der Reiche und meines Vaterlands lernen
soll, solches scheint mir ein verwegnes Unternehmen
zu seyn. Es sind Geheimnisse, welche man nicht
erforschen, sondern den Regenten überlassen muß;
zu geschweigen, daß man vielmals an den Höfen
selbst nicht weis, was Rechtens ist; wie will man
es denn in den Schulen wissen? Die flatterhafte
Eitelkeit der Franzosen, und die Gemüthseigenschaf-

ten

und Wiſſenſchaften.
mich mit einem unerſaͤttlichen Fleiße, und mit Aus-
ſchließung aller andern gelegt habe.

Jſt es nicht klaͤglich, daß man die Jugend zu
Erlernung der Geſchichte, und beſonders unſrer ge-
genwaͤrtigen Zeiten anhaͤlt. Dieſes vermehrt ihre
leichtſinnige Neugierigkeit, zu der ſie ohne dem
mehr als zu geneigt iſt. Aus dieſer Urſache habe
ich mich jederzeit davor gehuͤtet, und ich kann mir
ohne eiteln Ruhm nachſagen, daß mir dasjenige,
was nach dem Raube der Helena in Griechenland
vorgegangen, weit bekannter iſt, als die Unruhe,
worein Deutſchland durch den Tod des Kaiſers ge-
ſtuͤrzt ſeyn ſoll. Wozu die Geographie, und die
zugehoͤrigen Wiſſenſchaften nuͤtzen, das kann ich
nicht einſehen. Jch habe den Weg von der Schu-
le nach meiner Heimath gewußt, ich will ihn auch
wohl ohne Geographie nach Leipzig finden. Jch
weis die Namens- und Geburtstage meiner gnaͤdi-
gen Herrſchaft; ich weis, daß unſer Herr Pfarrer
einen Todtenkopf mit einem Kreuze in ſeinem Pet-
ſchafte hat; dieſes hilft mir mehr, als wenn ich das
ganze Geſchlechte, und alle Wapen des Kaiſers von
Fez und Marocco auswendig koͤnnte. Daß ich die
Rechte der Reiche und meines Vaterlands lernen
ſoll, ſolches ſcheint mir ein verwegnes Unternehmen
zu ſeyn. Es ſind Geheimniſſe, welche man nicht
erforſchen, ſondern den Regenten uͤberlaſſen muß;
zu geſchweigen, daß man vielmals an den Hoͤfen
ſelbſt nicht weis, was Rechtens iſt; wie will man
es denn in den Schulen wiſſen? Die flatterhafte
Eitelkeit der Franzoſen, und die Gemuͤthseigenſchaf-

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[111/0185] und Wiſſenſchaften. mich mit einem unerſaͤttlichen Fleiße, und mit Aus- ſchließung aller andern gelegt habe. Jſt es nicht klaͤglich, daß man die Jugend zu Erlernung der Geſchichte, und beſonders unſrer ge- genwaͤrtigen Zeiten anhaͤlt. Dieſes vermehrt ihre leichtſinnige Neugierigkeit, zu der ſie ohne dem mehr als zu geneigt iſt. Aus dieſer Urſache habe ich mich jederzeit davor gehuͤtet, und ich kann mir ohne eiteln Ruhm nachſagen, daß mir dasjenige, was nach dem Raube der Helena in Griechenland vorgegangen, weit bekannter iſt, als die Unruhe, worein Deutſchland durch den Tod des Kaiſers ge- ſtuͤrzt ſeyn ſoll. Wozu die Geographie, und die zugehoͤrigen Wiſſenſchaften nuͤtzen, das kann ich nicht einſehen. Jch habe den Weg von der Schu- le nach meiner Heimath gewußt, ich will ihn auch wohl ohne Geographie nach Leipzig finden. Jch weis die Namens- und Geburtstage meiner gnaͤdi- gen Herrſchaft; ich weis, daß unſer Herr Pfarrer einen Todtenkopf mit einem Kreuze in ſeinem Pet- ſchafte hat; dieſes hilft mir mehr, als wenn ich das ganze Geſchlechte, und alle Wapen des Kaiſers von Fez und Marocco auswendig koͤnnte. Daß ich die Rechte der Reiche und meines Vaterlands lernen ſoll, ſolches ſcheint mir ein verwegnes Unternehmen zu ſeyn. Es ſind Geheimniſſe, welche man nicht erforſchen, ſondern den Regenten uͤberlaſſen muß; zu geſchweigen, daß man vielmals an den Hoͤfen ſelbſt nicht weis, was Rechtens iſt; wie will man es denn in den Schulen wiſſen? Die flatterhafte Eitelkeit der Franzoſen, und die Gemuͤthseigenſchaf- ten

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/185>, abgerufen am 21.11.2024.