[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.Vorbericht. darunter die Lehrer auf Schulen. Die Jugend istohnedem geneigt genug, das Fehlerhafte an denenje- nigen zu entdecken, deren Ernsthaftigkeit ihren Muth- willen im Zaume halten soll. Wollen wir sie durch bittre Satyren auf ihre Lehrer noch muthwilliger machen? Gesetzt, ein solcher Lehrer hat seine Feh- ler, welche verdienten, bestraft zu werden! Vielleicht ist er eigennützig, vielleicht pedantisch, vielleicht ein elender Scribent. Es kann seyn. Werfe ich ihm diese Fehler vor, stelle ich ihn dem Gelächter seiner Schüler bloß, gesetzt auch, daß ich es aus redlichem Herzen thäte, um ihn zu bessern; so werde ich alle- mal mehr schaden, als nutzen. Jhn werde ich viel- leicht nicht bessern, und seine Schüler werden glau- ben, ein Recht bekommen zu haben, demjenigen nicht zu gehorchen, welchen die Welt für lächerlich hält. So oft er sie ihrer Pflichten erinnert, so oft wird ih- nen einfallen, daß sie von einem eigennützigen Man- ne, von einem Pedanten, von einem elenden Scri- benten daran erinnert werden. Dieses Andenken macht ihnen die wichtigsten Pflichten verächtlich; und ein Schüler, bey dem dieses Vorurtheil die Oberhand gewinnt, wird selten als ein redlicher Mann sterben. Bin ich nicht Schuld? Einen Pedanten habe ich nicht gebessert, dem Vaterlande aber habe ich an sei- nen
Vorbericht. darunter die Lehrer auf Schulen. Die Jugend iſtohnedem geneigt genug, das Fehlerhafte an denenje- nigen zu entdecken, deren Ernſthaftigkeit ihren Muth- willen im Zaume halten ſoll. Wollen wir ſie durch bittre Satyren auf ihre Lehrer noch muthwilliger machen? Geſetzt, ein ſolcher Lehrer hat ſeine Feh- ler, welche verdienten, beſtraft zu werden! Vielleicht iſt er eigennuͤtzig, vielleicht pedantiſch, vielleicht ein elender Scribent. Es kann ſeyn. Werfe ich ihm dieſe Fehler vor, ſtelle ich ihn dem Gelaͤchter ſeiner Schuͤler bloß, geſetzt auch, daß ich es aus redlichem Herzen thaͤte, um ihn zu beſſern; ſo werde ich alle- mal mehr ſchaden, als nutzen. Jhn werde ich viel- leicht nicht beſſern, und ſeine Schuͤler werden glau- ben, ein Recht bekommen zu haben, demjenigen nicht zu gehorchen, welchen die Welt fuͤr laͤcherlich haͤlt. So oft er ſie ihrer Pflichten erinnert, ſo oft wird ih- nen einfallen, daß ſie von einem eigennuͤtzigen Man- ne, von einem Pedanten, von einem elenden Scri- benten daran erinnert werden. Dieſes Andenken macht ihnen die wichtigſten Pflichten veraͤchtlich; und ein Schuͤler, bey dem dieſes Vorurtheil die Oberhand gewinnt, wird ſelten als ein redlicher Mann ſterben. Bin ich nicht Schuld? Einen Pedanten habe ich nicht gebeſſert, dem Vaterlande aber habe ich an ſei- nen
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Vorbericht.
darunter die Lehrer auf Schulen. Die Jugend iſt
ohnedem geneigt genug, das Fehlerhafte an denenje-
nigen zu entdecken, deren Ernſthaftigkeit ihren Muth-
willen im Zaume halten ſoll. Wollen wir ſie durch
bittre Satyren auf ihre Lehrer noch muthwilliger
machen? Geſetzt, ein ſolcher Lehrer hat ſeine Feh-
ler, welche verdienten, beſtraft zu werden! Vielleicht
iſt er eigennuͤtzig, vielleicht pedantiſch, vielleicht ein
elender Scribent. Es kann ſeyn. Werfe ich ihm
dieſe Fehler vor, ſtelle ich ihn dem Gelaͤchter ſeiner
Schuͤler bloß, geſetzt auch, daß ich es aus redlichem
Herzen thaͤte, um ihn zu beſſern; ſo werde ich alle-
mal mehr ſchaden, als nutzen. Jhn werde ich viel-
leicht nicht beſſern, und ſeine Schuͤler werden glau-
ben, ein Recht bekommen zu haben, demjenigen nicht
zu gehorchen, welchen die Welt fuͤr laͤcherlich haͤlt.
So oft er ſie ihrer Pflichten erinnert, ſo oft wird ih-
nen einfallen, daß ſie von einem eigennuͤtzigen Man-
ne, von einem Pedanten, von einem elenden Scri-
benten daran erinnert werden. Dieſes Andenken
macht ihnen die wichtigſten Pflichten veraͤchtlich; und
ein Schuͤler, bey dem dieſes Vorurtheil die Oberhand
gewinnt, wird ſelten als ein redlicher Mann ſterben.
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