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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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von Nicolaus Klimen.
Tage die Gesundheit des commandirenden Gene-
rals und seiner übrigen Cameraden, die im Felde
stunden, deren Wohlseyn er dergestalt zu Herzen
nahm, daß er vielmals von seinen Sinnen nichts
wußte. Es gereichte ihm auch auf dem Todbette
zu sonderbarem Troste, daß er seine Hände nie-
mals mit Blute befleckt hatte. Jm übrigen war er
kühn und unerschrocken, und machte sich weder aus
Bürgern noch Bauern etwas, die er oftmals sei-
nen kriegerischen Beruf empfinden ließ. Es ist
eine bloße Verleumdung, daß ihm unser Pfarrer
Schuld gab; er sey ein rechter Atheist, und glaube
weder Himmel noch Hölle. Es geschieht ihm zu-
viel; denn ich habe es selbst gehört, daß er allemal
über das andere Wort sagte: Hohl mich der Teu-
fel! und daß er zu jeder Lügen schwur. Das
Frauenzimmer mochte er gern leiden; doch war er
dabey nicht ekel. Er gerieth einmal beym Spie-
len mit einem schwedischen Officier in Händel, wel-
cher ihn herausfoderte. Allein unser sanfmüthiger
Wäderhat war im Mutterleibe verwahrlost, daß
ihm allemal Hören und Sehen vergieng, wenn er
einen bloßen Degen erblickte; deswegen schlug er
die Ausfoderung vorsichtig ab, unter dem Vorwan-
de: Er sey der einzige Sohn seiner Mutter, und
der Stammhalter des Wäderhatischen Geschlechts;
wenn ein Unglück geschähe, so könnte die Nachwelt
um seine Kinder kommen, worüber er sich ein Ge-
wissen machte, und mit einer Hand voll Blut sey
ihm auch nicht gedient. Heuer im Frühjahre be-
kam er Befehl, sich schlechterdings marschfertig zu

hal-
M 2

von Nicolaus Klimen.
Tage die Geſundheit des commandirenden Gene-
rals und ſeiner uͤbrigen Cameraden, die im Felde
ſtunden, deren Wohlſeyn er dergeſtalt zu Herzen
nahm, daß er vielmals von ſeinen Sinnen nichts
wußte. Es gereichte ihm auch auf dem Todbette
zu ſonderbarem Troſte, daß er ſeine Haͤnde nie-
mals mit Blute befleckt hatte. Jm uͤbrigen war er
kuͤhn und unerſchrocken, und machte ſich weder aus
Buͤrgern noch Bauern etwas, die er oftmals ſei-
nen kriegeriſchen Beruf empfinden ließ. Es iſt
eine bloße Verleumdung, daß ihm unſer Pfarrer
Schuld gab; er ſey ein rechter Atheiſt, und glaube
weder Himmel noch Hoͤlle. Es geſchieht ihm zu-
viel; denn ich habe es ſelbſt gehoͤrt, daß er allemal
uͤber das andere Wort ſagte: Hohl mich der Teu-
fel! und daß er zu jeder Luͤgen ſchwur. Das
Frauenzimmer mochte er gern leiden; doch war er
dabey nicht ekel. Er gerieth einmal beym Spie-
len mit einem ſchwediſchen Officier in Haͤndel, wel-
cher ihn herausfoderte. Allein unſer ſanfmuͤthiger
Waͤderhat war im Mutterleibe verwahrloſt, daß
ihm allemal Hoͤren und Sehen vergieng, wenn er
einen bloßen Degen erblickte; deswegen ſchlug er
die Ausfoderung vorſichtig ab, unter dem Vorwan-
de: Er ſey der einzige Sohn ſeiner Mutter, und
der Stammhalter des Waͤderhatiſchen Geſchlechts;
wenn ein Ungluͤck geſchaͤhe, ſo koͤnnte die Nachwelt
um ſeine Kinder kommen, woruͤber er ſich ein Ge-
wiſſen machte, und mit einer Hand voll Blut ſey
ihm auch nicht gedient. Heuer im Fruͤhjahre be-
kam er Befehl, ſich ſchlechterdings marſchfertig zu

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[179/0253] von Nicolaus Klimen. Tage die Geſundheit des commandirenden Gene- rals und ſeiner uͤbrigen Cameraden, die im Felde ſtunden, deren Wohlſeyn er dergeſtalt zu Herzen nahm, daß er vielmals von ſeinen Sinnen nichts wußte. Es gereichte ihm auch auf dem Todbette zu ſonderbarem Troſte, daß er ſeine Haͤnde nie- mals mit Blute befleckt hatte. Jm uͤbrigen war er kuͤhn und unerſchrocken, und machte ſich weder aus Buͤrgern noch Bauern etwas, die er oftmals ſei- nen kriegeriſchen Beruf empfinden ließ. Es iſt eine bloße Verleumdung, daß ihm unſer Pfarrer Schuld gab; er ſey ein rechter Atheiſt, und glaube weder Himmel noch Hoͤlle. Es geſchieht ihm zu- viel; denn ich habe es ſelbſt gehoͤrt, daß er allemal uͤber das andere Wort ſagte: Hohl mich der Teu- fel! und daß er zu jeder Luͤgen ſchwur. Das Frauenzimmer mochte er gern leiden; doch war er dabey nicht ekel. Er gerieth einmal beym Spie- len mit einem ſchwediſchen Officier in Haͤndel, wel- cher ihn herausfoderte. Allein unſer ſanfmuͤthiger Waͤderhat war im Mutterleibe verwahrloſt, daß ihm allemal Hoͤren und Sehen vergieng, wenn er einen bloßen Degen erblickte; deswegen ſchlug er die Ausfoderung vorſichtig ab, unter dem Vorwan- de: Er ſey der einzige Sohn ſeiner Mutter, und der Stammhalter des Waͤderhatiſchen Geſchlechts; wenn ein Ungluͤck geſchaͤhe, ſo koͤnnte die Nachwelt um ſeine Kinder kommen, woruͤber er ſich ein Ge- wiſſen machte, und mit einer Hand voll Blut ſey ihm auch nicht gedient. Heuer im Fruͤhjahre be- kam er Befehl, ſich ſchlechterdings marſchfertig zu hal- M 2

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/253>, abgerufen am 24.11.2024.