[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.über dieß Schreiben. Es ist nichts gewissers, als daß sich die Jungfer Hoheit
uͤber dieß Schreiben. Es iſt nichts gewiſſers, als daß ſich die Jungfer Hoheit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <pb facs="#f0281" n="207"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">uͤber dieß Schreiben.</hi> </fw><lb/> <p>Es iſt nichts gewiſſers, als daß ſich die Jungfer<lb/> Contuſch in ihren Muthmaaßungen geirrt hat. Jch<lb/> ſage es zum andernmale, daß mich meine Arbeit<lb/> nicht ſo viel Muͤhe koſtet, daß ich noͤthig haͤtte, da-<lb/> bey tiefſinnig auszuſehen. Jch pflege auch nicht nach-<lb/> zudenken, wenn ich ſpatzieren gehe, ſondern meine<lb/> Schreibtafel ſetzt mich in Stand, auch da zu ſchrei-<lb/> ben. Unfehlbar hat ihr alſo ein Poet begegnet. Und<lb/> wie gluͤcklich waͤre der Zufall, wenn es mein Client<lb/> geweſen waͤre! Jch weis von guter Hand, daß das<lb/> artige Kind noch nicht vor Ungeduld geſtorben iſt.<lb/> Jch werde mir alſo ein beſondres Vergnuͤgen ma-<lb/> chen, zwo Perſonen zu vereinigen, die fuͤr einander<lb/> geboren zu ſeyn ſcheinen. Wie artig wird es nicht<lb/> laſſen, wenn er ihr zu der Zeit, da ſie ſich das Ge-<lb/> ſicht zurichtet, ſeine Gedichte vorlieſt! Jch finde oh-<lb/> nedem in der Liſte ſeiner Werke nichts verliebtes, und<lb/> es waͤre Schade, wenn er der Welt ſein poetiſches<lb/> Talent, von ſo einer gefaͤlligen Seite, verbergen<lb/> wollte. Vielleicht ſtillt er mein Verlangen, wenn<lb/> er, wegen ſeines Magens in Sicherheit iſt. Weil<lb/> aber ein gewiſſer beruͤhmter Schriftſteller ſagt, daß<lb/> man ſeit Erſchaffung der Welt ſchon einige Bey-<lb/> ſpiele von dem Eigenſinne des ſchoͤnen Geſchlechts<lb/> aufzuweiſen haͤtte: So koͤnnte es leicht kommen,<lb/> daß die Jungfer Contuſch ihr Gluͤck nicht erkennen,<lb/> und eine Heirath ausſchlagen wollte, wodurch ſie<lb/> alle Zuͤge ihres Geſichts verewigen koͤnnte. Jn die-<lb/> ſem Falle erſuche ich meinen Herrn Clienten, nur<lb/> nicht zu verzagen. Jch will fuͤr ihn ſorgen. Nach<lb/> dem Entwurfe, den ich mir von meiner kuͤnftigen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hoheit</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0281]
uͤber dieß Schreiben.
Es iſt nichts gewiſſers, als daß ſich die Jungfer
Contuſch in ihren Muthmaaßungen geirrt hat. Jch
ſage es zum andernmale, daß mich meine Arbeit
nicht ſo viel Muͤhe koſtet, daß ich noͤthig haͤtte, da-
bey tiefſinnig auszuſehen. Jch pflege auch nicht nach-
zudenken, wenn ich ſpatzieren gehe, ſondern meine
Schreibtafel ſetzt mich in Stand, auch da zu ſchrei-
ben. Unfehlbar hat ihr alſo ein Poet begegnet. Und
wie gluͤcklich waͤre der Zufall, wenn es mein Client
geweſen waͤre! Jch weis von guter Hand, daß das
artige Kind noch nicht vor Ungeduld geſtorben iſt.
Jch werde mir alſo ein beſondres Vergnuͤgen ma-
chen, zwo Perſonen zu vereinigen, die fuͤr einander
geboren zu ſeyn ſcheinen. Wie artig wird es nicht
laſſen, wenn er ihr zu der Zeit, da ſie ſich das Ge-
ſicht zurichtet, ſeine Gedichte vorlieſt! Jch finde oh-
nedem in der Liſte ſeiner Werke nichts verliebtes, und
es waͤre Schade, wenn er der Welt ſein poetiſches
Talent, von ſo einer gefaͤlligen Seite, verbergen
wollte. Vielleicht ſtillt er mein Verlangen, wenn
er, wegen ſeines Magens in Sicherheit iſt. Weil
aber ein gewiſſer beruͤhmter Schriftſteller ſagt, daß
man ſeit Erſchaffung der Welt ſchon einige Bey-
ſpiele von dem Eigenſinne des ſchoͤnen Geſchlechts
aufzuweiſen haͤtte: So koͤnnte es leicht kommen,
daß die Jungfer Contuſch ihr Gluͤck nicht erkennen,
und eine Heirath ausſchlagen wollte, wodurch ſie
alle Zuͤge ihres Geſichts verewigen koͤnnte. Jn die-
ſem Falle erſuche ich meinen Herrn Clienten, nur
nicht zu verzagen. Jch will fuͤr ihn ſorgen. Nach
dem Entwurfe, den ich mir von meiner kuͤnftigen
Hoheit
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