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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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der Glückwünschungsschreiben.

§. 3. Jch habe also den rühmlichen Ursprung
der Glückwünschungsschreiben auf so eine Art dar-
gethan, daß kein vernünftiger Mensch 9 etwas
daran auszusetzen haben wird.

Nunmehr muß ich auch entwerfen, was ich
eigentlich unter den nach der neusten Mode ein-
gerichteten Glückwünschungsschreiben verstehe.
Nämlich, ich verstehe darunter nichts anders, als
eine sauber gedruckte Abhandlung, worinnen viele
Worte, auf eine ungefähre Art mit allen nur ersinn-
lichen Anmerkungen ausgezieret sind, damit die Be-
lesenheit des Verfassers in die Augen falle, die ge-
lehrte Welt einen tröstlichen Zuwachs erhalte, und
bey dieser Gelegenheit dem Gönner oder Freun-
de etwas annehmliches vorgesaget werde. Hier-
von will ich ausführlicher handeln.

§. 4. Mit großem Vorbedachte, habe ich oben
gesagt, ich wollte, was die Glückwünschungsschrei-

ben
sagen, als alle hieroglyphische Figuren der ägyptischen
Priester. Sie zeigen an, daß ich fertig bin, daß ich or-
dentlich gedacht habe, daß mein Beweis unumstößlich
ist. Man mag schreiben wie man will! Man setze nur
zum Schlusse W. Z. E. W. so schreibt man mathematisch.
Diese Buchstaben sind nichts anders, als das alte Plaudi-
te.
Der Verfasser bittet sich dadurch den Beyfall des Le-
sers aus, daß er seine philosophische Rolle so vortrefflich
gespielet hat.
9 Es ist die löbliche Gewohnheit meiner Brüder, daß man
auf einen jeden Beweis einen Trumpf setzet. Jm Lateini-
schen klingt es noch männlicher: Cui sanum est sinciput
& occiput.
Jn meiner ratiocinatione practica, welche
künftige Ostermesse ans Licht treten wird, sind zwey Alpha-
bethe, solcher gründlichen Formeln angemerket, welche aber
größtentheils aus dem Holländischen genommen sind.
der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben.

§. 3. Jch habe alſo den ruͤhmlichen Urſprung
der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben auf ſo eine Art dar-
gethan, daß kein vernuͤnftiger Menſch 9 etwas
daran auszuſetzen haben wird.

Nunmehr muß ich auch entwerfen, was ich
eigentlich unter den nach der neuſten Mode ein-
gerichteten Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben verſtehe.
Naͤmlich, ich verſtehe darunter nichts anders, als
eine ſauber gedruckte Abhandlung, worinnen viele
Worte, auf eine ungefaͤhre Art mit allen nur erſinn-
lichen Anmerkungen ausgezieret ſind, damit die Be-
leſenheit des Verfaſſers in die Augen falle, die ge-
lehrte Welt einen troͤſtlichen Zuwachs erhalte, und
bey dieſer Gelegenheit dem Goͤnner oder Freun-
de etwas annehmliches vorgeſaget werde. Hier-
von will ich ausfuͤhrlicher handeln.

§. 4. Mit großem Vorbedachte, habe ich oben
geſagt, ich wollte, was die Gluͤckwuͤnſchungsſchrei-

ben
ſagen, als alle hieroglyphiſche Figuren der aͤgyptiſchen
Prieſter. Sie zeigen an, daß ich fertig bin, daß ich or-
dentlich gedacht habe, daß mein Beweis unumſtoͤßlich
iſt. Man mag ſchreiben wie man will! Man ſetze nur
zum Schluſſe W. Z. E. W. ſo ſchreibt man mathematiſch.
Dieſe Buchſtaben ſind nichts anders, als das alte Plaudi-
te.
Der Verfaſſer bittet ſich dadurch den Beyfall des Le-
ſers aus, daß er ſeine philoſophiſche Rolle ſo vortrefflich
geſpielet hat.
9 Es iſt die loͤbliche Gewohnheit meiner Bruͤder, daß man
auf einen jeden Beweis einen Trumpf ſetzet. Jm Lateini-
ſchen klingt es noch maͤnnlicher: Cui ſanum eſt ſinciput
& occiput.
Jn meiner ratiocinatione practica, welche
kuͤnftige Oſtermeſſe ans Licht treten wird, ſind zwey Alpha-
bethe, ſolcher gruͤndlichen Formeln angemerket, welche aber
groͤßtentheils aus dem Hollaͤndiſchen genommen ſind.
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[11/0085] der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben. §. 3. Jch habe alſo den ruͤhmlichen Urſprung der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben auf ſo eine Art dar- gethan, daß kein vernuͤnftiger Menſch 9 etwas daran auszuſetzen haben wird. Nunmehr muß ich auch entwerfen, was ich eigentlich unter den nach der neuſten Mode ein- gerichteten Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben verſtehe. Naͤmlich, ich verſtehe darunter nichts anders, als eine ſauber gedruckte Abhandlung, worinnen viele Worte, auf eine ungefaͤhre Art mit allen nur erſinn- lichen Anmerkungen ausgezieret ſind, damit die Be- leſenheit des Verfaſſers in die Augen falle, die ge- lehrte Welt einen troͤſtlichen Zuwachs erhalte, und bey dieſer Gelegenheit dem Goͤnner oder Freun- de etwas annehmliches vorgeſaget werde. Hier- von will ich ausfuͤhrlicher handeln. §. 4. Mit großem Vorbedachte, habe ich oben geſagt, ich wollte, was die Gluͤckwuͤnſchungsſchrei- ben 8 9 Es iſt die loͤbliche Gewohnheit meiner Bruͤder, daß man auf einen jeden Beweis einen Trumpf ſetzet. Jm Lateini- ſchen klingt es noch maͤnnlicher: Cui ſanum eſt ſinciput & occiput. Jn meiner ratiocinatione practica, welche kuͤnftige Oſtermeſſe ans Licht treten wird, ſind zwey Alpha- bethe, ſolcher gruͤndlichen Formeln angemerket, welche aber groͤßtentheils aus dem Hollaͤndiſchen genommen ſind. 8 ſagen, als alle hieroglyphiſche Figuren der aͤgyptiſchen Prieſter. Sie zeigen an, daß ich fertig bin, daß ich or- dentlich gedacht habe, daß mein Beweis unumſtoͤßlich iſt. Man mag ſchreiben wie man will! Man ſetze nur zum Schluſſe W. Z. E. W. ſo ſchreibt man mathematiſch. Dieſe Buchſtaben ſind nichts anders, als das alte Plaudi- te. Der Verfaſſer bittet ſich dadurch den Beyfall des Le- ſers aus, daß er ſeine philoſophiſche Rolle ſo vortrefflich geſpielet hat.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/85>, abgerufen am 24.11.2024.