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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Hinkmars von Repkow
Kranken vorstellte. So bald sich Kohlhart sehen
ließ; so bald ward das ganze Theater aufgeweckt.
Er war im Stande, durch seine Geschicklichkeit die
größten Fehler des Schauspiels zu verdecken. Ja
ich glaube beynahe, daß er vermögend gewesen wäre,
durch seine verführerische Kunst die elendesten Schau-
spiele erträglich zu machen. Dieser vortreffliche
Kohlhart ward bey zunehmendem Alter durch seine
kränklichen Umstände sehr gehindert. Zu manchen
Zeiten konnte er gar nicht reden; er erschien nur sel-
ten auf der Schaubühne. Nach und nach fieng
man an, ihn zu vergessen, und es fehlte nicht viel,
daß er nicht noch bey seinem Leben unbekannt ge-
worden wäre. Nur wenig Tage vor seinem Tode
habe ich ihn noch auf der Schaubühne gesehen. Sei-
ne Brustbeschwerung verhinderte ihn, zu reden; er hat-
te also nur die Rolle einer stummen Person, und
mußte in der Kleidung eines Bedienten den Stuhl
einem tragischen Helden zurechte setzen, welcher we-
gen seiner Ungeschicklichkeit kaum verdiente, auf der
reibhandischen Bühne eine stumme Person vorzu-
stellen. Jch schäme mich nicht, zu gestehen, daß ich
mich kaum der Thränen enthalten konnte, als ich
unsern Kohlhart in dieser geringen und unedlen Be-
schäfftigung erblickte: So bald er den Stuhl hinge-
setzt hatte, trat er ab. Jch sah ihm mitleidig nach,
und in dem ganzen Trauerspiele schien mir dieser
Auftritt der traurigste zu seyn. Wenig Tage dar-
auf starb er. Kaum erfuhr ich seinen Tod, als mir
alle diese Umstände aufs lebhafteste wieder beyfielen.

Dieser

Hinkmars von Repkow
Kranken vorſtellte. So bald ſich Kohlhart ſehen
ließ; ſo bald ward das ganze Theater aufgeweckt.
Er war im Stande, durch ſeine Geſchicklichkeit die
groͤßten Fehler des Schauſpiels zu verdecken. Ja
ich glaube beynahe, daß er vermoͤgend geweſen waͤre,
durch ſeine verfuͤhreriſche Kunſt die elendeſten Schau-
ſpiele ertraͤglich zu machen. Dieſer vortreffliche
Kohlhart ward bey zunehmendem Alter durch ſeine
kraͤnklichen Umſtaͤnde ſehr gehindert. Zu manchen
Zeiten konnte er gar nicht reden; er erſchien nur ſel-
ten auf der Schaubuͤhne. Nach und nach fieng
man an, ihn zu vergeſſen, und es fehlte nicht viel,
daß er nicht noch bey ſeinem Leben unbekannt ge-
worden waͤre. Nur wenig Tage vor ſeinem Tode
habe ich ihn noch auf der Schaubuͤhne geſehen. Sei-
ne Bruſtbeſchwerung verhinderte ihn, zu reden; er hat-
te alſo nur die Rolle einer ſtummen Perſon, und
mußte in der Kleidung eines Bedienten den Stuhl
einem tragiſchen Helden zurechte ſetzen, welcher we-
gen ſeiner Ungeſchicklichkeit kaum verdiente, auf der
reibhandiſchen Buͤhne eine ſtumme Perſon vorzu-
ſtellen. Jch ſchaͤme mich nicht, zu geſtehen, daß ich
mich kaum der Thraͤnen enthalten konnte, als ich
unſern Kohlhart in dieſer geringen und unedlen Be-
ſchaͤfftigung erblickte: So bald er den Stuhl hinge-
ſetzt hatte, trat er ab. Jch ſah ihm mitleidig nach,
und in dem ganzen Trauerſpiele ſchien mir dieſer
Auftritt der traurigſte zu ſeyn. Wenig Tage dar-
auf ſtarb er. Kaum erfuhr ich ſeinen Tod, als mir
alle dieſe Umſtaͤnde aufs lebhafteſte wieder beyfielen.

Dieſer
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[156/0156] Hinkmars von Repkow Kranken vorſtellte. So bald ſich Kohlhart ſehen ließ; ſo bald ward das ganze Theater aufgeweckt. Er war im Stande, durch ſeine Geſchicklichkeit die groͤßten Fehler des Schauſpiels zu verdecken. Ja ich glaube beynahe, daß er vermoͤgend geweſen waͤre, durch ſeine verfuͤhreriſche Kunſt die elendeſten Schau- ſpiele ertraͤglich zu machen. Dieſer vortreffliche Kohlhart ward bey zunehmendem Alter durch ſeine kraͤnklichen Umſtaͤnde ſehr gehindert. Zu manchen Zeiten konnte er gar nicht reden; er erſchien nur ſel- ten auf der Schaubuͤhne. Nach und nach fieng man an, ihn zu vergeſſen, und es fehlte nicht viel, daß er nicht noch bey ſeinem Leben unbekannt ge- worden waͤre. Nur wenig Tage vor ſeinem Tode habe ich ihn noch auf der Schaubuͤhne geſehen. Sei- ne Bruſtbeſchwerung verhinderte ihn, zu reden; er hat- te alſo nur die Rolle einer ſtummen Perſon, und mußte in der Kleidung eines Bedienten den Stuhl einem tragiſchen Helden zurechte ſetzen, welcher we- gen ſeiner Ungeſchicklichkeit kaum verdiente, auf der reibhandiſchen Buͤhne eine ſtumme Perſon vorzu- ſtellen. Jch ſchaͤme mich nicht, zu geſtehen, daß ich mich kaum der Thraͤnen enthalten konnte, als ich unſern Kohlhart in dieſer geringen und unedlen Be- ſchaͤfftigung erblickte: So bald er den Stuhl hinge- ſetzt hatte, trat er ab. Jch ſah ihm mitleidig nach, und in dem ganzen Trauerſpiele ſchien mir dieſer Auftritt der traurigſte zu ſeyn. Wenig Tage dar- auf ſtarb er. Kaum erfuhr ich ſeinen Tod, als mir alle dieſe Umſtaͤnde aufs lebhafteſte wieder beyfielen. Dieſer

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/156>, abgerufen am 24.11.2024.