[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Noten ohne Text. Dieser Mann, dachte ich bey mir selbst, welcher inseinen jüngern Jahren das Händeklatschen des Par- terre, und die Bewunderung der Logen erregte; dieser kömmt bey zunehmendem Alter so weit herun- ter, daß er, als er das letztemal in seinem Leben sich auf der Schaubühne zeigt, eine stumme Person, und eine so gleichgültige Handlung vorstellen muß, in der er von dem wenigsten Theile der Zuschauer bemerkt worden ist. Dieser Gedanke bekräftigte bey mir die Wahrheit des bekannten Satzes; daß die ganze Welt eine Schaubühne sey. Wie mancher Staats- minister, welcher die Bewunderung und die Schmei- cheleyen des ganzen Volks erzwingt, wird vor seinem Ende so weit gebracht, daß man ihn, da er noch lebt, schon vergißt, und oft sieht er sich gezwungen, als Greis mit einer ehrerbietigen Miene unter dem ge- schwätzigen Pöbel der Bedienten in der Antiachambre desjenigen aufzuwarten, welcher im vorigen Jahre bloß durch seine gnädige Vermittelung aus dem Staube erhoben worden ist. Jch habe nicht nöthig, bloß am Hofe diese Aehn- aber
Noten ohne Text. Dieſer Mann, dachte ich bey mir ſelbſt, welcher inſeinen juͤngern Jahren das Haͤndeklatſchen des Par- terre, und die Bewunderung der Logen erregte; dieſer koͤmmt bey zunehmendem Alter ſo weit herun- ter, daß er, als er das letztemal in ſeinem Leben ſich auf der Schaubuͤhne zeigt, eine ſtumme Perſon, und eine ſo gleichguͤltige Handlung vorſtellen muß, in der er von dem wenigſten Theile der Zuſchauer bemerkt worden iſt. Dieſer Gedanke bekraͤftigte bey mir die Wahrheit des bekannten Satzes; daß die ganze Welt eine Schaubuͤhne ſey. Wie mancher Staats- miniſter, welcher die Bewunderung und die Schmei- cheleyen des ganzen Volks erzwingt, wird vor ſeinem Ende ſo weit gebracht, daß man ihn, da er noch lebt, ſchon vergißt, und oft ſieht er ſich gezwungen, als Greis mit einer ehrerbietigen Miene unter dem ge- ſchwaͤtzigen Poͤbel der Bedienten in der Antiachambre desjenigen aufzuwarten, welcher im vorigen Jahre bloß durch ſeine gnaͤdige Vermittelung aus dem Staube erhoben worden iſt. Jch habe nicht noͤthig, bloß am Hofe dieſe Aehn- aber
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Noten ohne Text.
Dieſer Mann, dachte ich bey mir ſelbſt, welcher in
ſeinen juͤngern Jahren das Haͤndeklatſchen des Par-
terre, und die Bewunderung der Logen erregte;
dieſer koͤmmt bey zunehmendem Alter ſo weit herun-
ter, daß er, als er das letztemal in ſeinem Leben ſich
auf der Schaubuͤhne zeigt, eine ſtumme Perſon, und
eine ſo gleichguͤltige Handlung vorſtellen muß, in der
er von dem wenigſten Theile der Zuſchauer bemerkt
worden iſt. Dieſer Gedanke bekraͤftigte bey mir die
Wahrheit des bekannten Satzes; daß die ganze
Welt eine Schaubuͤhne ſey. Wie mancher Staats-
miniſter, welcher die Bewunderung und die Schmei-
cheleyen des ganzen Volks erzwingt, wird vor ſeinem
Ende ſo weit gebracht, daß man ihn, da er noch lebt,
ſchon vergißt, und oft ſieht er ſich gezwungen, als
Greis mit einer ehrerbietigen Miene unter dem ge-
ſchwaͤtzigen Poͤbel der Bedienten in der Antiachambre
desjenigen aufzuwarten, welcher im vorigen Jahre
bloß durch ſeine gnaͤdige Vermittelung aus dem
Staube erhoben worden iſt.
Jch habe nicht noͤthig, bloß am Hofe dieſe Aehn-
lichkeit zu ſuchen; ich finde ſie auch in andern Staͤn-
den. Es wird kaum vierzig Jahr ſeyn, daß Climene
die Koͤniginn aller zaͤrtlichen Herzen war. Nie-
mand hieß damals galant, der nicht um Climenen
ſeufzte, und alle junge Herrchen unſrer Stadt, flat-
terten um dieſe Schoͤne herum. Verſchiedne, wel-
che ſich fuͤr viel zu witzig hielten, als daß ſie den
Gottesdienſt beſuchen ſollten, beſuchten ihn doch;
aber
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