Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Noten ohne Text.
Dichter können nunmehr auf öffentlichem Markte
ganz ungestört hin und wieder gehen, man sieht sie
nicht mehr, man hat sie vergessen, und wollen sie
nicht gar verhungern, so müssen sie sich der sparsa-
men Großmuth eines Buchdruckers überlassen, wel-
cher sie als Corrector in ihrer Druckerey ernährt.
So kläglich war doch Kohlharts Schicksal noch
nicht!

Wie wird es mir einmal gehen! Da mich der
Himmel verdammt hat, ein Autor zu seyn: So
wünsche ich mir von ihm nur dieses, daß er mich
nicht länger leben läßt, als meine Schriften. Habe
ich auf der Schaubühne der gelehrten Welt die
Thorheiten der Menschen vorstellen müssen; habe
ich dieses mit einigem Beyfalle gethan: O! so
wünsche ich mir, daß der Vorhang bald niederge-
lassen werde, indem ich noch spiele. Wie vergnügt
will ich abtreten, wenn ich noch bey der letzten Rol-
le das Plaudite von dem gründlichen Geschmacke
witziger Kenner fodern darf! Aber, o Himmel, ist
mir auch Kohlharts trauriges Schicksal bestimmt,
so gieb mir nur auch einen vernünftigen Freund, der
mich so bedauert, wie ich Kohlharten bedauert
habe!

Conata lacessere Teucros) Die Verdienste
welche sich dieses Frauenzimer in der gelehrten
Welt erworben, sind so wesentlich und wichtig, daß
ich nicht begreifen kann, warum es sich durch eine

solche

Noten ohne Text.
Dichter koͤnnen nunmehr auf oͤffentlichem Markte
ganz ungeſtoͤrt hin und wieder gehen, man ſieht ſie
nicht mehr, man hat ſie vergeſſen, und wollen ſie
nicht gar verhungern, ſo muͤſſen ſie ſich der ſparſa-
men Großmuth eines Buchdruckers uͤberlaſſen, wel-
cher ſie als Corrector in ihrer Druckerey ernaͤhrt.
So klaͤglich war doch Kohlharts Schickſal noch
nicht!

Wie wird es mir einmal gehen! Da mich der
Himmel verdammt hat, ein Autor zu ſeyn: So
wuͤnſche ich mir von ihm nur dieſes, daß er mich
nicht laͤnger leben laͤßt, als meine Schriften. Habe
ich auf der Schaubuͤhne der gelehrten Welt die
Thorheiten der Menſchen vorſtellen muͤſſen; habe
ich dieſes mit einigem Beyfalle gethan: O! ſo
wuͤnſche ich mir, daß der Vorhang bald niederge-
laſſen werde, indem ich noch ſpiele. Wie vergnuͤgt
will ich abtreten, wenn ich noch bey der letzten Rol-
le das Plaudite von dem gruͤndlichen Geſchmacke
witziger Kenner fodern darf! Aber, o Himmel, iſt
mir auch Kohlharts trauriges Schickſal beſtimmt,
ſo gieb mir nur auch einen vernuͤnftigen Freund, der
mich ſo bedauert, wie ich Kohlharten bedauert
habe!

Conata laceſſere Teucros) Die Verdienſte
welche ſich dieſes Frauenzimer in der gelehrten
Welt erworben, ſind ſo weſentlich und wichtig, daß
ich nicht begreifen kann, warum es ſich durch eine

ſolche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="159"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Noten ohne Text.</hi></fw><lb/>
Dichter ko&#x0364;nnen nunmehr auf o&#x0364;ffentlichem Markte<lb/>
ganz unge&#x017F;to&#x0364;rt hin und wieder gehen, man &#x017F;ieht &#x017F;ie<lb/>
nicht mehr, man hat &#x017F;ie verge&#x017F;&#x017F;en, und wollen &#x017F;ie<lb/>
nicht gar verhungern, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich der &#x017F;par&#x017F;a-<lb/>
men Großmuth eines Buchdruckers u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, wel-<lb/>
cher &#x017F;ie als Corrector in ihrer Druckerey erna&#x0364;hrt.<lb/>
So kla&#x0364;glich war doch <hi rendition="#fr">Kohlharts</hi> Schick&#x017F;al noch<lb/>
nicht!</p><lb/>
          <p>Wie wird es mir einmal gehen! Da mich der<lb/>
Himmel verdammt hat, ein Autor zu &#x017F;eyn: So<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che ich mir von ihm nur die&#x017F;es, daß er mich<lb/>
nicht la&#x0364;nger leben la&#x0364;ßt, als meine Schriften. Habe<lb/>
ich auf der Schaubu&#x0364;hne der gelehrten Welt die<lb/>
Thorheiten der Men&#x017F;chen vor&#x017F;tellen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; habe<lb/>
ich die&#x017F;es mit einigem Beyfalle gethan: O! &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che ich mir, daß der Vorhang bald niederge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en werde, indem ich noch &#x017F;piele. Wie vergnu&#x0364;gt<lb/>
will ich abtreten, wenn ich noch bey der letzten Rol-<lb/>
le das <hi rendition="#aq">Plaudite</hi> von dem gru&#x0364;ndlichen Ge&#x017F;chmacke<lb/>
witziger Kenner fodern darf! Aber, o Himmel, i&#x017F;t<lb/>
mir auch <hi rendition="#fr">Kohlharts</hi> trauriges Schick&#x017F;al be&#x017F;timmt,<lb/>
&#x017F;o gieb mir nur auch einen vernu&#x0364;nftigen Freund, der<lb/>
mich &#x017F;o bedauert, wie ich <hi rendition="#fr">Kohlharten</hi> bedauert<lb/>
habe!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Conata lace&#x017F;&#x017F;ere Teucros</hi>) Die Verdien&#x017F;te<lb/>
welche &#x017F;ich die&#x017F;es Frauenzimer in der gelehrten<lb/>
Welt erworben, &#x017F;ind &#x017F;o we&#x017F;entlich und wichtig, daß<lb/>
ich nicht begreifen kann, warum es &#x017F;ich durch eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;olche</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0159] Noten ohne Text. Dichter koͤnnen nunmehr auf oͤffentlichem Markte ganz ungeſtoͤrt hin und wieder gehen, man ſieht ſie nicht mehr, man hat ſie vergeſſen, und wollen ſie nicht gar verhungern, ſo muͤſſen ſie ſich der ſparſa- men Großmuth eines Buchdruckers uͤberlaſſen, wel- cher ſie als Corrector in ihrer Druckerey ernaͤhrt. So klaͤglich war doch Kohlharts Schickſal noch nicht! Wie wird es mir einmal gehen! Da mich der Himmel verdammt hat, ein Autor zu ſeyn: So wuͤnſche ich mir von ihm nur dieſes, daß er mich nicht laͤnger leben laͤßt, als meine Schriften. Habe ich auf der Schaubuͤhne der gelehrten Welt die Thorheiten der Menſchen vorſtellen muͤſſen; habe ich dieſes mit einigem Beyfalle gethan: O! ſo wuͤnſche ich mir, daß der Vorhang bald niederge- laſſen werde, indem ich noch ſpiele. Wie vergnuͤgt will ich abtreten, wenn ich noch bey der letzten Rol- le das Plaudite von dem gruͤndlichen Geſchmacke witziger Kenner fodern darf! Aber, o Himmel, iſt mir auch Kohlharts trauriges Schickſal beſtimmt, ſo gieb mir nur auch einen vernuͤnftigen Freund, der mich ſo bedauert, wie ich Kohlharten bedauert habe! Conata laceſſere Teucros) Die Verdienſte welche ſich dieſes Frauenzimer in der gelehrten Welt erworben, ſind ſo weſentlich und wichtig, daß ich nicht begreifen kann, warum es ſich durch eine ſolche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/159
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/159>, abgerufen am 21.11.2024.