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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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künftig in Verfall seiner Gelehrsamkeit gerathen
sollte, nach Frankreich zu bringen suchen, daß er
alsdann in seinem vermeynten Vaterlande durch ein
neues Project zur Universalmonarchie seinen Bissen
Brod ehrlich verdienen kann.

Jch weis nicht, ob ich, unter die Anzahl meiner
gelehrten Freunde den Herrn M. Hieronymus
Stephan
rechnen darf. Er hat wirklich studiert,
und ich habe ihn mit meinen Augen zu Leipzig in
dem Degen gehen gesehen; sein Vater hat mir auch
die Rechnung gewiesen, nach der er ihm in drey Jahren
mehr, als zwey tausend Thaler, auf der Universirät zu
unterhalten gekostet hat. Ja, was noch mehr ist, er
steht mit seinem ganzen Tauf- und Zunamen in dem
itztlebenden gelehrten - - -. Man wird doch nicht
etwan mehr verlangen wollen, den Titel eines Ge-
lehrten zu behaupten? Gelernt hat er nichts, nicht
das geringste! Das kann ich die ganze Welt, als
ein ehrlicher Mann, versichern. Jn Leipzig heira-
thete er eine Jungemagd, denn sie wollte gern ei-
nen Herrn Magister haben, und er eine Frau. Noch
zur Zeit nähren sie sich ganz gut mit einander, und
so lange sie noch jung ist, und gut aussieht, so lange
hat es keine Noth; es mag mit dem Gelehrten im
übrigen gehen, wie es will. Sollte sie aber
alt, oder häßlich werden: So läge freylich die
ganze Nahrung auf einmal, und ich wollte sehr bit-
ten, daß sich meine Leser des guten Mannes annäh-
men. Er ist in der That noch zu gebrauchen. Zu

einem

Verſuch
kuͤnftig in Verfall ſeiner Gelehrſamkeit gerathen
ſollte, nach Frankreich zu bringen ſuchen, daß er
alsdann in ſeinem vermeynten Vaterlande durch ein
neues Project zur Univerſalmonarchie ſeinen Biſſen
Brod ehrlich verdienen kann.

Jch weis nicht, ob ich, unter die Anzahl meiner
gelehrten Freunde den Herrn M. Hieronymus
Stephan
rechnen darf. Er hat wirklich ſtudiert,
und ich habe ihn mit meinen Augen zu Leipzig in
dem Degen gehen geſehen; ſein Vater hat mir auch
die Rechnung gewieſen, nach der er ihm in drey Jahren
mehr, als zwey tauſend Thaler, auf der Univerſiraͤt zu
unterhalten gekoſtet hat. Ja, was noch mehr iſt, er
ſteht mit ſeinem ganzen Tauf- und Zunamen in dem
itztlebenden gelehrten ‒ ‒ ‒. Man wird doch nicht
etwan mehr verlangen wollen, den Titel eines Ge-
lehrten zu behaupten? Gelernt hat er nichts, nicht
das geringſte! Das kann ich die ganze Welt, als
ein ehrlicher Mann, verſichern. Jn Leipzig heira-
thete er eine Jungemagd, denn ſie wollte gern ei-
nen Herrn Magiſter haben, und er eine Frau. Noch
zur Zeit naͤhren ſie ſich ganz gut mit einander, und
ſo lange ſie noch jung iſt, und gut ausſieht, ſo lange
hat es keine Noth; es mag mit dem Gelehrten im
uͤbrigen gehen, wie es will. Sollte ſie aber
alt, oder haͤßlich werden: So laͤge freylich die
ganze Nahrung auf einmal, und ich wollte ſehr bit-
ten, daß ſich meine Leſer des guten Mannes annaͤh-
men. Er iſt in der That noch zu gebrauchen. Zu

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[192/0192] Verſuch kuͤnftig in Verfall ſeiner Gelehrſamkeit gerathen ſollte, nach Frankreich zu bringen ſuchen, daß er alsdann in ſeinem vermeynten Vaterlande durch ein neues Project zur Univerſalmonarchie ſeinen Biſſen Brod ehrlich verdienen kann. Jch weis nicht, ob ich, unter die Anzahl meiner gelehrten Freunde den Herrn M. Hieronymus Stephan rechnen darf. Er hat wirklich ſtudiert, und ich habe ihn mit meinen Augen zu Leipzig in dem Degen gehen geſehen; ſein Vater hat mir auch die Rechnung gewieſen, nach der er ihm in drey Jahren mehr, als zwey tauſend Thaler, auf der Univerſiraͤt zu unterhalten gekoſtet hat. Ja, was noch mehr iſt, er ſteht mit ſeinem ganzen Tauf- und Zunamen in dem itztlebenden gelehrten ‒ ‒ ‒. Man wird doch nicht etwan mehr verlangen wollen, den Titel eines Ge- lehrten zu behaupten? Gelernt hat er nichts, nicht das geringſte! Das kann ich die ganze Welt, als ein ehrlicher Mann, verſichern. Jn Leipzig heira- thete er eine Jungemagd, denn ſie wollte gern ei- nen Herrn Magiſter haben, und er eine Frau. Noch zur Zeit naͤhren ſie ſich ganz gut mit einander, und ſo lange ſie noch jung iſt, und gut ausſieht, ſo lange hat es keine Noth; es mag mit dem Gelehrten im uͤbrigen gehen, wie es will. Sollte ſie aber alt, oder haͤßlich werden: So laͤge freylich die ganze Nahrung auf einmal, und ich wollte ſehr bit- ten, daß ſich meine Leſer des guten Mannes annaͤh- men. Er iſt in der That noch zu gebrauchen. Zu einem

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/192>, abgerufen am 21.11.2024.