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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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eines deutschen Wörterbuchs.
einem Jnformator sollte er sich meines Erachtens
vortrefflich schicken. Er versteht nichts; es ist
wahr! Aber er wird auch die Kinder um ein Spott-
geld informiren. Und da heut zu Tage die Liebe
der Aeltern gegen ihre Kinder so hoch gestiegen ist,
daß man nicht eben darauf sieht, wie geschickt der
Jnformator, sondern nur wie wohlfeil er ist: So
zweifle ich nicht einen Augenblick mehr an seinem
guten Fortkommen. Geduld hat er auch, wie ein
Hahnrey; und das hat er seinem lieben Weibe zu
danken; eine nothwendige Tugend, die ein Mensch
haben muß, welcher in vornehmen Familien Kinder
unterweisen will. Er ist so geduldig, man kann mir
sicher glauben; so geduldig ist er, daß er so gar mit
der Frau im Hause gut wird auskommen können,
und wer weis denn, wie hoch der ehrliche Mann
vielleicht noch sein Glück treibt, wenn er sich gewöh-
nen kann, der Amme und der Köchinn mit gebühren-
der Ehrfurcht zu begegnen. Kurz, ich mag das
Ding betrachten, wie ich will, an diesem Vetter erle-
be ich gewiß noch die meiste Freude, und ich habe
mir schon ein gewisses Haus in unsrer Stadt ausge-
sehen, wohin sich zu einen Jnformator kein Mensch
besser schickt, als mein guter Vetter Stephan.

Dieses sind die Abbildungen einiger meiner Ver-
wandten, und ich wollte wohl wünschen, daß sich
Liebhaber zu ihren Künsten fänden. Nun kann
man einen ungefähren Ueberschlag machen, wie viel

unnü-
Zweyter Theil. N

eines deutſchen Woͤrterbuchs.
einem Jnformator ſollte er ſich meines Erachtens
vortrefflich ſchicken. Er verſteht nichts; es iſt
wahr! Aber er wird auch die Kinder um ein Spott-
geld informiren. Und da heut zu Tage die Liebe
der Aeltern gegen ihre Kinder ſo hoch geſtiegen iſt,
daß man nicht eben darauf ſieht, wie geſchickt der
Jnformator, ſondern nur wie wohlfeil er iſt: So
zweifle ich nicht einen Augenblick mehr an ſeinem
guten Fortkommen. Geduld hat er auch, wie ein
Hahnrey; und das hat er ſeinem lieben Weibe zu
danken; eine nothwendige Tugend, die ein Menſch
haben muß, welcher in vornehmen Familien Kinder
unterweiſen will. Er iſt ſo geduldig, man kann mir
ſicher glauben; ſo geduldig iſt er, daß er ſo gar mit
der Frau im Hauſe gut wird auskommen koͤnnen,
und wer weis denn, wie hoch der ehrliche Mann
vielleicht noch ſein Gluͤck treibt, wenn er ſich gewoͤh-
nen kann, der Amme und der Koͤchinn mit gebuͤhren-
der Ehrfurcht zu begegnen. Kurz, ich mag das
Ding betrachten, wie ich will, an dieſem Vetter erle-
be ich gewiß noch die meiſte Freude, und ich habe
mir ſchon ein gewiſſes Haus in unſrer Stadt ausge-
ſehen, wohin ſich zu einen Jnformator kein Menſch
beſſer ſchickt, als mein guter Vetter Stephan.

Dieſes ſind die Abbildungen einiger meiner Ver-
wandten, und ich wollte wohl wuͤnſchen, daß ſich
Liebhaber zu ihren Kuͤnſten faͤnden. Nun kann
man einen ungefaͤhren Ueberſchlag machen, wie viel

unnuͤ-
Zweyter Theil. N
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[193/0193] eines deutſchen Woͤrterbuchs. einem Jnformator ſollte er ſich meines Erachtens vortrefflich ſchicken. Er verſteht nichts; es iſt wahr! Aber er wird auch die Kinder um ein Spott- geld informiren. Und da heut zu Tage die Liebe der Aeltern gegen ihre Kinder ſo hoch geſtiegen iſt, daß man nicht eben darauf ſieht, wie geſchickt der Jnformator, ſondern nur wie wohlfeil er iſt: So zweifle ich nicht einen Augenblick mehr an ſeinem guten Fortkommen. Geduld hat er auch, wie ein Hahnrey; und das hat er ſeinem lieben Weibe zu danken; eine nothwendige Tugend, die ein Menſch haben muß, welcher in vornehmen Familien Kinder unterweiſen will. Er iſt ſo geduldig, man kann mir ſicher glauben; ſo geduldig iſt er, daß er ſo gar mit der Frau im Hauſe gut wird auskommen koͤnnen, und wer weis denn, wie hoch der ehrliche Mann vielleicht noch ſein Gluͤck treibt, wenn er ſich gewoͤh- nen kann, der Amme und der Koͤchinn mit gebuͤhren- der Ehrfurcht zu begegnen. Kurz, ich mag das Ding betrachten, wie ich will, an dieſem Vetter erle- be ich gewiß noch die meiſte Freude, und ich habe mir ſchon ein gewiſſes Haus in unſrer Stadt ausge- ſehen, wohin ſich zu einen Jnformator kein Menſch beſſer ſchickt, als mein guter Vetter Stephan. Dieſes ſind die Abbildungen einiger meiner Ver- wandten, und ich wollte wohl wuͤnſchen, daß ſich Liebhaber zu ihren Kuͤnſten faͤnden. Nun kann man einen ungefaͤhren Ueberſchlag machen, wie viel unnuͤ- Zweyter Theil. N

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/193>, abgerufen am 21.11.2024.