Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

von Swifts letztem Willen.
zunehmen. Diese liebreiche Vorsorge gegen seine
Mitbürger verließ ihn auch auf dem Todbette nicht.
Simon Tuck, sein Beichtvater, den das Mäd-
chen der Mylady Wedle und sein dicker Kopf zum
Predigtamte berufen hatten, fragte ihn nur wenig
Stunden vor seinem Tode; ob er freudig stürbe?
Nicht recht freudig, antwortete ihm der sterbende
Swift, ich wünschte mir wohl noch einige Zeit zu
leben, da ich euch kenne, und weis, daß ihr mei-
ner Cur vor andern bedürft.

Alle diese Umstände führe ich an, Jhnen, Mylord,
zu zeigen, wie unrecht Sie gethan, daß Sie geglaubt
haben, Swift habe sein Tollhaus für hypochon-
drische Narren gestiftet. Seiner Vorsorge werden
sich sowohl in Jrrland, als Großbritannien, ganz an-
dre Narren zu erfreuen haben. Narren, welche
sich dieses am wenigsten einbilden, und welchen eben
Swift zu frühzeitig gestorben ist.

Sie können sich hiervon noch besser überzeugen,
wenn ich Jhnen sage, daß sich Swift in seinem
Testamente auf ein Codicill berufen hat, welches
man versiegelt in seinem Pulte gefunden. Es ent-
hält die Namen derjenigen Personen, welche Swift
vor andern würdig hält, in seinem neuen Tollhause
zu wohnen. Er hat das Parlament ersucht, sein
Testament zur Vollziehung zu bringen. Man ist
itzt damit beschäfftigt, und ich hoffe Jhnen, Mylord,
einen Gefallen zu erzeigen, wenn ich hier das Co-
dicill von Wort zu Wort einrücke.

Codi-

von Swifts letztem Willen.
zunehmen. Dieſe liebreiche Vorſorge gegen ſeine
Mitbuͤrger verließ ihn auch auf dem Todbette nicht.
Simon Tuck, ſein Beichtvater, den das Maͤd-
chen der Mylady Wedle und ſein dicker Kopf zum
Predigtamte berufen hatten, fragte ihn nur wenig
Stunden vor ſeinem Tode; ob er freudig ſtuͤrbe?
Nicht recht freudig, antwortete ihm der ſterbende
Swift, ich wuͤnſchte mir wohl noch einige Zeit zu
leben, da ich euch kenne, und weis, daß ihr mei-
ner Cur vor andern beduͤrft.

Alle dieſe Umſtaͤnde fuͤhre ich an, Jhnen, Mylord,
zu zeigen, wie unrecht Sie gethan, daß Sie geglaubt
haben, Swift habe ſein Tollhaus fuͤr hypochon-
driſche Narren geſtiftet. Seiner Vorſorge werden
ſich ſowohl in Jrrland, als Großbritannien, ganz an-
dre Narren zu erfreuen haben. Narren, welche
ſich dieſes am wenigſten einbilden, und welchen eben
Swift zu fruͤhzeitig geſtorben iſt.

Sie koͤnnen ſich hiervon noch beſſer uͤberzeugen,
wenn ich Jhnen ſage, daß ſich Swift in ſeinem
Teſtamente auf ein Codicill berufen hat, welches
man verſiegelt in ſeinem Pulte gefunden. Es ent-
haͤlt die Namen derjenigen Perſonen, welche Swift
vor andern wuͤrdig haͤlt, in ſeinem neuen Tollhauſe
zu wohnen. Er hat das Parlament erſucht, ſein
Teſtament zur Vollziehung zu bringen. Man iſt
itzt damit beſchaͤfftigt, und ich hoffe Jhnen, Mylord,
einen Gefallen zu erzeigen, wenn ich hier das Co-
dicill von Wort zu Wort einruͤcke.

Codi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="235"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Swifts letztem Willen.</hi></fw><lb/>
zunehmen. Die&#x017F;e liebreiche Vor&#x017F;orge gegen &#x017F;eine<lb/>
Mitbu&#x0364;rger verließ ihn auch auf dem Todbette nicht.<lb/><hi rendition="#fr">Simon Tuck,</hi> &#x017F;ein Beichtvater, den das Ma&#x0364;d-<lb/>
chen der Mylady <hi rendition="#fr">Wedle</hi> und &#x017F;ein dicker Kopf zum<lb/>
Predigtamte berufen hatten, fragte ihn nur wenig<lb/>
Stunden vor &#x017F;einem Tode; ob er freudig &#x017F;tu&#x0364;rbe?<lb/>
Nicht recht freudig, antwortete ihm der &#x017F;terbende<lb/>
Swift, ich wu&#x0364;n&#x017F;chte mir wohl noch einige Zeit zu<lb/>
leben, da ich euch kenne, und weis, daß ihr mei-<lb/>
ner Cur vor andern bedu&#x0364;rft.</p><lb/>
        <p>Alle die&#x017F;e Um&#x017F;ta&#x0364;nde fu&#x0364;hre ich an, Jhnen, Mylord,<lb/>
zu zeigen, wie unrecht Sie gethan, daß Sie geglaubt<lb/>
haben, Swift habe &#x017F;ein Tollhaus fu&#x0364;r hypochon-<lb/>
dri&#x017F;che Narren ge&#x017F;tiftet. Seiner Vor&#x017F;orge werden<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;owohl in Jrrland, als Großbritannien, ganz an-<lb/>
dre Narren zu erfreuen haben. Narren, welche<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;es am wenig&#x017F;ten einbilden, und welchen eben<lb/>
Swift zu fru&#x0364;hzeitig ge&#x017F;torben i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Sie ko&#x0364;nnen &#x017F;ich hiervon noch be&#x017F;&#x017F;er u&#x0364;berzeugen,<lb/>
wenn ich Jhnen &#x017F;age, daß &#x017F;ich Swift in &#x017F;einem<lb/>
Te&#x017F;tamente auf ein Codicill berufen hat, welches<lb/>
man ver&#x017F;iegelt in &#x017F;einem Pulte gefunden. Es ent-<lb/>
ha&#x0364;lt die Namen derjenigen Per&#x017F;onen, welche Swift<lb/>
vor andern wu&#x0364;rdig ha&#x0364;lt, in &#x017F;einem neuen Tollhau&#x017F;e<lb/>
zu wohnen. Er hat das Parlament er&#x017F;ucht, &#x017F;ein<lb/>
Te&#x017F;tament zur Vollziehung zu bringen. Man i&#x017F;t<lb/>
itzt damit be&#x017F;cha&#x0364;fftigt, und ich hoffe Jhnen, Mylord,<lb/>
einen Gefallen zu erzeigen, wenn ich hier das Co-<lb/>
dicill von Wort zu Wort einru&#x0364;cke.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Codi-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0235] von Swifts letztem Willen. zunehmen. Dieſe liebreiche Vorſorge gegen ſeine Mitbuͤrger verließ ihn auch auf dem Todbette nicht. Simon Tuck, ſein Beichtvater, den das Maͤd- chen der Mylady Wedle und ſein dicker Kopf zum Predigtamte berufen hatten, fragte ihn nur wenig Stunden vor ſeinem Tode; ob er freudig ſtuͤrbe? Nicht recht freudig, antwortete ihm der ſterbende Swift, ich wuͤnſchte mir wohl noch einige Zeit zu leben, da ich euch kenne, und weis, daß ihr mei- ner Cur vor andern beduͤrft. Alle dieſe Umſtaͤnde fuͤhre ich an, Jhnen, Mylord, zu zeigen, wie unrecht Sie gethan, daß Sie geglaubt haben, Swift habe ſein Tollhaus fuͤr hypochon- driſche Narren geſtiftet. Seiner Vorſorge werden ſich ſowohl in Jrrland, als Großbritannien, ganz an- dre Narren zu erfreuen haben. Narren, welche ſich dieſes am wenigſten einbilden, und welchen eben Swift zu fruͤhzeitig geſtorben iſt. Sie koͤnnen ſich hiervon noch beſſer uͤberzeugen, wenn ich Jhnen ſage, daß ſich Swift in ſeinem Teſtamente auf ein Codicill berufen hat, welches man verſiegelt in ſeinem Pulte gefunden. Es ent- haͤlt die Namen derjenigen Perſonen, welche Swift vor andern wuͤrdig haͤlt, in ſeinem neuen Tollhauſe zu wohnen. Er hat das Parlament erſucht, ſein Teſtament zur Vollziehung zu bringen. Man iſt itzt damit beſchaͤfftigt, und ich hoffe Jhnen, Mylord, einen Gefallen zu erzeigen, wenn ich hier das Co- dicill von Wort zu Wort einruͤcke. Codi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/235
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/235>, abgerufen am 27.11.2024.