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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Geheime Nachricht

Mein Freund, Partridge, starb mir zu früh; ich
hätte ihn sonst in meinem Testamente gewiß nicht
vergessen: Aber desto treulicher will ich für seine
werthen Angehörigen sorgen. Er hat eine zahlrei-
che Familie hinterlassen. Lauter Partridgen, und
politische Narren, wie ihr Herr Vater! Jch zweifle
nicht, daß ich diesen guten Leuten eine unvermuthe-
te Freude durch diesen meinen letzten Willen ma-
chen werde. So tief ihre Einsicht in die Zukunft
ist, und mit so vieler Gewißheit sie alle Dinge zu
bestimmen wissen, die im Staate, und in den Fa-
milien geschehen sollen: So wenig werden sie sich
träumen lassen, daß ich itzt Anstalt mache, sie ins
Tollhaus zu bringen. Sie sollen alle hinein, ich ge-
be ihnen mein Wort. Wer durch hinlängliche Ur-
kunden darthun kann, daß er in absteigender Linie
von dem weisen Partridge herkömmt, der soll ohne
Weitläuftigkeit aufgenommen werden; und, wenn
er gar ein politischer Autor ist, so soll er den Rang
noch über meinen Küster haben. Jch will dieses
ausdrücklich, und ordne mit gutem Vorbedachte, daß
man keinen von diesen Partridgen übergehe. Wer
diesen meinen letzten Willen freventlich übertritt,
der soll, zur Strafe, schuldig seyn, ihre Schriften
zu lesen, und sich von ihnen die Nativität stellen zu
lassen.

N. S. Sollten die Narren aus dieser Familie
gar zu häufig anwachsen; So mag allenfalls ein
andrer Narr wegbleiben, nur kein Lord und kein
Philosoph.

Herr
Geheime Nachricht

Mein Freund, Partridge, ſtarb mir zu fruͤh; ich
haͤtte ihn ſonſt in meinem Teſtamente gewiß nicht
vergeſſen: Aber deſto treulicher will ich fuͤr ſeine
werthen Angehoͤrigen ſorgen. Er hat eine zahlrei-
che Familie hinterlaſſen. Lauter Partridgen, und
politiſche Narren, wie ihr Herr Vater! Jch zweifle
nicht, daß ich dieſen guten Leuten eine unvermuthe-
te Freude durch dieſen meinen letzten Willen ma-
chen werde. So tief ihre Einſicht in die Zukunft
iſt, und mit ſo vieler Gewißheit ſie alle Dinge zu
beſtimmen wiſſen, die im Staate, und in den Fa-
milien geſchehen ſollen: So wenig werden ſie ſich
traͤumen laſſen, daß ich itzt Anſtalt mache, ſie ins
Tollhaus zu bringen. Sie ſollen alle hinein, ich ge-
be ihnen mein Wort. Wer durch hinlaͤngliche Ur-
kunden darthun kann, daß er in abſteigender Linie
von dem weiſen Partridge herkoͤmmt, der ſoll ohne
Weitlaͤuftigkeit aufgenommen werden; und, wenn
er gar ein politiſcher Autor iſt, ſo ſoll er den Rang
noch uͤber meinen Kuͤſter haben. Jch will dieſes
ausdruͤcklich, und ordne mit gutem Vorbedachte, daß
man keinen von dieſen Partridgen uͤbergehe. Wer
dieſen meinen letzten Willen freventlich uͤbertritt,
der ſoll, zur Strafe, ſchuldig ſeyn, ihre Schriften
zu leſen, und ſich von ihnen die Nativitaͤt ſtellen zu
laſſen.

N. S. Sollten die Narren aus dieſer Familie
gar zu haͤufig anwachſen; So mag allenfalls ein
andrer Narr wegbleiben, nur kein Lord und kein
Philoſoph.

Herr
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[246/0246] Geheime Nachricht Mein Freund, Partridge, ſtarb mir zu fruͤh; ich haͤtte ihn ſonſt in meinem Teſtamente gewiß nicht vergeſſen: Aber deſto treulicher will ich fuͤr ſeine werthen Angehoͤrigen ſorgen. Er hat eine zahlrei- che Familie hinterlaſſen. Lauter Partridgen, und politiſche Narren, wie ihr Herr Vater! Jch zweifle nicht, daß ich dieſen guten Leuten eine unvermuthe- te Freude durch dieſen meinen letzten Willen ma- chen werde. So tief ihre Einſicht in die Zukunft iſt, und mit ſo vieler Gewißheit ſie alle Dinge zu beſtimmen wiſſen, die im Staate, und in den Fa- milien geſchehen ſollen: So wenig werden ſie ſich traͤumen laſſen, daß ich itzt Anſtalt mache, ſie ins Tollhaus zu bringen. Sie ſollen alle hinein, ich ge- be ihnen mein Wort. Wer durch hinlaͤngliche Ur- kunden darthun kann, daß er in abſteigender Linie von dem weiſen Partridge herkoͤmmt, der ſoll ohne Weitlaͤuftigkeit aufgenommen werden; und, wenn er gar ein politiſcher Autor iſt, ſo ſoll er den Rang noch uͤber meinen Kuͤſter haben. Jch will dieſes ausdruͤcklich, und ordne mit gutem Vorbedachte, daß man keinen von dieſen Partridgen uͤbergehe. Wer dieſen meinen letzten Willen freventlich uͤbertritt, der ſoll, zur Strafe, ſchuldig ſeyn, ihre Schriften zu leſen, und ſich von ihnen die Nativitaͤt ſtellen zu laſſen. N. S. Sollten die Narren aus dieſer Familie gar zu haͤufig anwachſen; So mag allenfalls ein andrer Narr wegbleiben, nur kein Lord und kein Philoſoph. Herr

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/246>, abgerufen am 23.11.2024.