Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

von Swifts letztem Willen.
"der weisen Einsicht des Parlaments, zu urtheilen,
"wie schädlich derselbe künftig dem Vaterlande
"seyn könnte, wenn er fortfahren sollte, diejenigen
"für Narren zu halten, welche die Hochachtung des
"ganzen Landes verdienen. Es ist zu befürchten,
"daß er nimmermehr zu bessern seyn werde, da er sei-
"ne hämische Bosheit für Liebe zur Wahrheit, und
"seine schmähsüchtige Wut für satyrischen Witz
"hält. Seine Raserey, welche er bey seinen Aeltern
"und Vorgesetzten anfängt, wird bis an den Thron
"des Königs dringen, und eher nicht aufhören, bis
"sie das Heiligste der Religion befleckt hat. Er ist
"nicht würdig, in mein Tollhaus zu kommen. Jch
"ordne, daß man ihn in das allgemeine Zuchthaus zu
"denen Uebelthätern bringe, welche mit ihm die Geißel
"verdient haben. Jch bestimme hierzu zweyhundert
"Pfund, welche nach dem Tode dieses Unsinnigen
"dem Zuchthause heimfallen sollen. Jch verordne
"solches, kraft dieses, als meinen letzten Willen.

Jonathan Swift.

Man las ihm diesen Brief vor. Er erstaunte,
als wenn er aus den Wolken fiele. Er wollte seine
guten Absichten herausstreichen; aber man ließ ihn
nicht weiter reden, sondern eilte mit ihm ins Zucht-
haus. Jtzt schimpft er Tag und Nacht, und das
Parlament ist Willens, ihm einen Beißkorb machen
zu lassen.

Bey-
R 5

von Swifts letztem Willen.
„der weiſen Einſicht des Parlaments, zu urtheilen,
„wie ſchaͤdlich derſelbe kuͤnftig dem Vaterlande
„ſeyn koͤnnte, wenn er fortfahren ſollte, diejenigen
„fuͤr Narren zu halten, welche die Hochachtung des
„ganzen Landes verdienen. Es iſt zu befuͤrchten,
„daß er nimmermehr zu beſſern ſeyn werde, da er ſei-
„ne haͤmiſche Bosheit fuͤr Liebe zur Wahrheit, und
„ſeine ſchmaͤhſuͤchtige Wut fuͤr ſatyriſchen Witz
„haͤlt. Seine Raſerey, welche er bey ſeinen Aeltern
„und Vorgeſetzten anfaͤngt, wird bis an den Thron
„des Koͤnigs dringen, und eher nicht aufhoͤren, bis
„ſie das Heiligſte der Religion befleckt hat. Er iſt
„nicht wuͤrdig, in mein Tollhaus zu kommen. Jch
„ordne, daß man ihn in das allgemeine Zuchthaus zu
„denen Uebelthaͤtern bringe, welche mit ihm die Geißel
„verdient haben. Jch beſtimme hierzu zweyhundert
„Pfund, welche nach dem Tode dieſes Unſinnigen
„dem Zuchthauſe heimfallen ſollen. Jch verordne
„ſolches, kraft dieſes, als meinen letzten Willen.

Jonathan Swift.

Man las ihm dieſen Brief vor. Er erſtaunte,
als wenn er aus den Wolken fiele. Er wollte ſeine
guten Abſichten herausſtreichen; aber man ließ ihn
nicht weiter reden, ſondern eilte mit ihm ins Zucht-
haus. Jtzt ſchimpft er Tag und Nacht, und das
Parlament iſt Willens, ihm einen Beißkorb machen
zu laſſen.

Bey-
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0265" n="265"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Swifts letztem Willen.</hi></fw><lb/>
&#x201E;der wei&#x017F;en Ein&#x017F;icht des Parlaments, zu urtheilen,<lb/>
&#x201E;wie &#x017F;cha&#x0364;dlich der&#x017F;elbe ku&#x0364;nftig dem Vaterlande<lb/>
&#x201E;&#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, wenn er fortfahren &#x017F;ollte, diejenigen<lb/>
&#x201E;fu&#x0364;r Narren zu halten, welche die Hochachtung des<lb/>
&#x201E;ganzen Landes verdienen. Es i&#x017F;t zu befu&#x0364;rchten,<lb/>
&#x201E;daß er nimmermehr zu be&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;eyn werde, da er &#x017F;ei-<lb/>
&#x201E;ne ha&#x0364;mi&#x017F;che Bosheit fu&#x0364;r Liebe zur Wahrheit, und<lb/>
&#x201E;&#x017F;eine &#x017F;chma&#x0364;h&#x017F;u&#x0364;chtige Wut fu&#x0364;r &#x017F;atyri&#x017F;chen Witz<lb/>
&#x201E;ha&#x0364;lt. Seine Ra&#x017F;erey, welche er bey &#x017F;einen Aeltern<lb/>
&#x201E;und Vorge&#x017F;etzten anfa&#x0364;ngt, wird bis an den Thron<lb/>
&#x201E;des Ko&#x0364;nigs dringen, und eher nicht aufho&#x0364;ren, bis<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie das Heilig&#x017F;te der Religion befleckt hat. Er i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;nicht wu&#x0364;rdig, in mein Tollhaus zu kommen. Jch<lb/>
&#x201E;ordne, daß man ihn in das allgemeine Zuchthaus zu<lb/>
&#x201E;denen Uebeltha&#x0364;tern bringe, welche mit ihm die Geißel<lb/>
&#x201E;verdient haben. Jch be&#x017F;timme hierzu zweyhundert<lb/>
&#x201E;Pfund, welche nach dem Tode die&#x017F;es Un&#x017F;innigen<lb/>
&#x201E;dem Zuchthau&#x017F;e heimfallen &#x017F;ollen. Jch verordne<lb/>
&#x201E;&#x017F;olches, kraft die&#x017F;es, als meinen letzten Willen.</p><lb/>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Jonathan Swift.</hi> </hi> </salute>
            </closer>
          </div><lb/>
          <div>
            <p>Man las ihm die&#x017F;en Brief vor. Er er&#x017F;taunte,<lb/>
als wenn er aus den Wolken fiele. Er wollte &#x017F;eine<lb/>
guten Ab&#x017F;ichten heraus&#x017F;treichen; aber man ließ ihn<lb/>
nicht weiter reden, &#x017F;ondern eilte mit ihm ins Zucht-<lb/>
haus. Jtzt &#x017F;chimpft er Tag und Nacht, und das<lb/>
Parlament i&#x017F;t Willens, ihm einen Beißkorb machen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">R 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Bey-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0265] von Swifts letztem Willen. „der weiſen Einſicht des Parlaments, zu urtheilen, „wie ſchaͤdlich derſelbe kuͤnftig dem Vaterlande „ſeyn koͤnnte, wenn er fortfahren ſollte, diejenigen „fuͤr Narren zu halten, welche die Hochachtung des „ganzen Landes verdienen. Es iſt zu befuͤrchten, „daß er nimmermehr zu beſſern ſeyn werde, da er ſei- „ne haͤmiſche Bosheit fuͤr Liebe zur Wahrheit, und „ſeine ſchmaͤhſuͤchtige Wut fuͤr ſatyriſchen Witz „haͤlt. Seine Raſerey, welche er bey ſeinen Aeltern „und Vorgeſetzten anfaͤngt, wird bis an den Thron „des Koͤnigs dringen, und eher nicht aufhoͤren, bis „ſie das Heiligſte der Religion befleckt hat. Er iſt „nicht wuͤrdig, in mein Tollhaus zu kommen. Jch „ordne, daß man ihn in das allgemeine Zuchthaus zu „denen Uebelthaͤtern bringe, welche mit ihm die Geißel „verdient haben. Jch beſtimme hierzu zweyhundert „Pfund, welche nach dem Tode dieſes Unſinnigen „dem Zuchthauſe heimfallen ſollen. Jch verordne „ſolches, kraft dieſes, als meinen letzten Willen. Jonathan Swift. Man las ihm dieſen Brief vor. Er erſtaunte, als wenn er aus den Wolken fiele. Er wollte ſeine guten Abſichten herausſtreichen; aber man ließ ihn nicht weiter reden, ſondern eilte mit ihm ins Zucht- haus. Jtzt ſchimpft er Tag und Nacht, und das Parlament iſt Willens, ihm einen Beißkorb machen zu laſſen. Bey- R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/265
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/265>, abgerufen am 21.11.2024.