Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite




Abhandlung
von Buchdruckerstöcken.

Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszuführen,
welche so schwer und tiefsinnig ist, daß ich von
meinen Lesern noch etwas mehr, als eine ge-
wöhnliche Aufmerksamkeit verlange. Ein einziges
Wort, welches sie unachtsam übersehen, kann machen,
daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel,
und unbegreiflich vorkömmt. Um deswillen halte ich
für billig, einige der schwersten Sätze vorher zu erklä-
ren, und verschiedne der wichtigsten Begriffe aus ein-
ander zu wickeln, damit ich nicht das geringste verab-
säume, wodurch ich mich um meine Leser verdient ma-
chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geübt
sind, wie ich, werden dieser Einleitung freylich nicht
nöthig haben, ich erwarte also den Dank für diese Be-
mühung nur von dem schönen Theile meiner Leser.
Bloß diesem zu gefallen, werde ich zwar bündig, aber
doch deutlich, und mit einem Worte, so schreiben, wie
verschiedne unsrer Philosophen zu thun pflegen, wenn
sie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche
vielmals bey weiten so wichtig nicht ist, als die meinige.

"Jch nehme dieses, als einen Heischesatz, an, daß
"die Vorstellungskraft der Seele sich nach der Lage
"der Körper richtet. Es gründet sich dieses auf die
"vorherbestimmte Uebereinstimmung von Leib und
"Seele. Zu mehrerm Beweise könnte ich den Satz
"des nicht zu unterscheidenden anführen, wann nicht

"bereits




Abhandlung
von Buchdruckerſtoͤcken.

Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszufuͤhren,
welche ſo ſchwer und tiefſinnig iſt, daß ich von
meinen Leſern noch etwas mehr, als eine ge-
woͤhnliche Aufmerkſamkeit verlange. Ein einziges
Wort, welches ſie unachtſam uͤberſehen, kann machen,
daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel,
und unbegreiflich vorkoͤmmt. Um deswillen halte ich
fuͤr billig, einige der ſchwerſten Saͤtze vorher zu erklaͤ-
ren, und verſchiedne der wichtigſten Begriffe aus ein-
ander zu wickeln, damit ich nicht das geringſte verab-
ſaͤume, wodurch ich mich um meine Leſer verdient ma-
chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geuͤbt
ſind, wie ich, werden dieſer Einleitung freylich nicht
noͤthig haben, ich erwarte alſo den Dank fuͤr dieſe Be-
muͤhung nur von dem ſchoͤnen Theile meiner Leſer.
Bloß dieſem zu gefallen, werde ich zwar buͤndig, aber
doch deutlich, und mit einem Worte, ſo ſchreiben, wie
verſchiedne unſrer Philoſophen zu thun pflegen, wenn
ſie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche
vielmals bey weiten ſo wichtig nicht iſt, als die meinige.

„Jch nehme dieſes, als einen Heiſcheſatz, an, daß
„die Vorſtellungskraft der Seele ſich nach der Lage
„der Koͤrper richtet. Es gruͤndet ſich dieſes auf die
„vorherbeſtimmte Uebereinſtimmung von Leib und
„Seele. Zu mehrerm Beweiſe koͤnnte ich den Satz
„des nicht zu unterſcheidenden anfuͤhren, wann nicht

„bereits
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0079" n="79"/>
        <fw place="top" type="header">
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </fw>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Abhandlung<lb/>
von Buchdrucker&#x017F;to&#x0364;cken.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>ch nehme mir itzt vor, eine Sache auszufu&#x0364;hren,<lb/>
welche &#x017F;o &#x017F;chwer und tief&#x017F;innig i&#x017F;t, daß ich von<lb/>
meinen Le&#x017F;ern noch etwas mehr, als eine ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche Aufmerk&#x017F;amkeit verlange. Ein einziges<lb/>
Wort, welches &#x017F;ie unacht&#x017F;am u&#x0364;ber&#x017F;ehen, kann machen,<lb/>
daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel,<lb/>
und unbegreiflich vorko&#x0364;mmt. Um deswillen halte ich<lb/>
fu&#x0364;r billig, einige der &#x017F;chwer&#x017F;ten Sa&#x0364;tze vorher zu erkla&#x0364;-<lb/>
ren, und ver&#x017F;chiedne der wichtig&#x017F;ten Begriffe aus ein-<lb/>
ander zu wickeln, damit ich nicht das gering&#x017F;te verab-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ume, wodurch ich mich um meine Le&#x017F;er verdient ma-<lb/>
chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geu&#x0364;bt<lb/>
&#x017F;ind, wie ich, werden die&#x017F;er Einleitung freylich nicht<lb/>
no&#x0364;thig haben, ich erwarte al&#x017F;o den Dank fu&#x0364;r die&#x017F;e Be-<lb/>
mu&#x0364;hung nur von dem &#x017F;cho&#x0364;nen Theile meiner Le&#x017F;er.<lb/>
Bloß die&#x017F;em zu gefallen, werde ich zwar bu&#x0364;ndig, aber<lb/>
doch deutlich, und mit einem Worte, &#x017F;o &#x017F;chreiben, wie<lb/>
ver&#x017F;chiedne un&#x017F;rer Philo&#x017F;ophen zu thun pflegen, wenn<lb/>
&#x017F;ie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche<lb/>
vielmals bey weiten &#x017F;o wichtig nicht i&#x017F;t, als die meinige.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch nehme die&#x017F;es, als einen Hei&#x017F;che&#x017F;atz, an, daß<lb/>
&#x201E;die Vor&#x017F;tellungskraft der Seele &#x017F;ich nach der Lage<lb/>
&#x201E;der Ko&#x0364;rper richtet. Es gru&#x0364;ndet &#x017F;ich die&#x017F;es auf die<lb/>
&#x201E;vorherbe&#x017F;timmte Ueberein&#x017F;timmung von Leib und<lb/>
&#x201E;Seele. Zu mehrerm Bewei&#x017F;e ko&#x0364;nnte ich den Satz<lb/>
&#x201E;des nicht zu unter&#x017F;cheidenden anfu&#x0364;hren, wann nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;bereits</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0079] Abhandlung von Buchdruckerſtoͤcken. Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszufuͤhren, welche ſo ſchwer und tiefſinnig iſt, daß ich von meinen Leſern noch etwas mehr, als eine ge- woͤhnliche Aufmerkſamkeit verlange. Ein einziges Wort, welches ſie unachtſam uͤberſehen, kann machen, daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel, und unbegreiflich vorkoͤmmt. Um deswillen halte ich fuͤr billig, einige der ſchwerſten Saͤtze vorher zu erklaͤ- ren, und verſchiedne der wichtigſten Begriffe aus ein- ander zu wickeln, damit ich nicht das geringſte verab- ſaͤume, wodurch ich mich um meine Leſer verdient ma- chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geuͤbt ſind, wie ich, werden dieſer Einleitung freylich nicht noͤthig haben, ich erwarte alſo den Dank fuͤr dieſe Be- muͤhung nur von dem ſchoͤnen Theile meiner Leſer. Bloß dieſem zu gefallen, werde ich zwar buͤndig, aber doch deutlich, und mit einem Worte, ſo ſchreiben, wie verſchiedne unſrer Philoſophen zu thun pflegen, wenn ſie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche vielmals bey weiten ſo wichtig nicht iſt, als die meinige. „Jch nehme dieſes, als einen Heiſcheſatz, an, daß „die Vorſtellungskraft der Seele ſich nach der Lage „der Koͤrper richtet. Es gruͤndet ſich dieſes auf die „vorherbeſtimmte Uebereinſtimmung von Leib und „Seele. Zu mehrerm Beweiſe koͤnnte ich den Satz „des nicht zu unterſcheidenden anfuͤhren, wann nicht „bereits

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/79
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/79>, abgerufen am 25.11.2024.