Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite
von Buchdruckerstöcken.

Anfänglich hatte ich mir vorgesetzt, einen Buch-
druckerstock auszudenken, den man vor eine Schrift
setzen könnte, in welcher von der Billigkeit, sich der
Wittwen und Waisen, ohne Eigennutz und redlich,
anzunehmen, gehandelt würde. Es hat mir es
aber ein gewisser vornehmer Mann ausgeredet,
und zur Ursache angeführt, daß dergleichen Stöcke
gar überflüßig wären, da diese Materie nur un-
ter die theoretischen Wahrheiten gehörte, welche
wenig Leser, und um deswillen schwerlich einen
Verleger finden würden. Aus Hochachtung gegen
diesen großen Mann, bin ich zwar seinem Rathe
gefolgt, nur befürchte ich, daß mir dadurch die Ge-
legenheit genommen werde, von verschiednen ju-
ristischen Sätzen zu handeln, welche man eben so
wohl für solche theoretische Wahrheiten, als jene,
halten, und glauben wird, daß sie weder Leser,
noch Verleger, finden dürften. Nunmehr darf
ich es in der That nicht wagen, etwas von der
Natur und Eigenschaft eines Advocatengewissens,
von Wiedererstattung des unrechterworbnen Gu-
tes, welches man mit aller Legalität seinen Clienten
entwendet hat, von der Wichtigkeit der Eidschwüre,
von der Strafe der Erbschleicher, und von hundert
andern Sachen zu reden. Ja nach eben dieser Re-
gel wird es vergebens seyn, von der Taxordnung
etwas zu gedenken. Und dennoch glaube ich, alle
diese Stücke sollten die schönsten Erfindungen zu den
zierlichsten Buchdruckerstöcken geben. Jch kann die-
sen Verlust kaum verschmerzen. Gesetzt auch, daß
alle diese Dinge nicht mehr Mode, und höchstens nur

theo-
F 5
von Buchdruckerſtoͤcken.

Anfaͤnglich hatte ich mir vorgeſetzt, einen Buch-
druckerſtock auszudenken, den man vor eine Schrift
ſetzen koͤnnte, in welcher von der Billigkeit, ſich der
Wittwen und Waiſen, ohne Eigennutz und redlich,
anzunehmen, gehandelt wuͤrde. Es hat mir es
aber ein gewiſſer vornehmer Mann ausgeredet,
und zur Urſache angefuͤhrt, daß dergleichen Stoͤcke
gar uͤberfluͤßig waͤren, da dieſe Materie nur un-
ter die theoretiſchen Wahrheiten gehoͤrte, welche
wenig Leſer, und um deswillen ſchwerlich einen
Verleger finden wuͤrden. Aus Hochachtung gegen
dieſen großen Mann, bin ich zwar ſeinem Rathe
gefolgt, nur befuͤrchte ich, daß mir dadurch die Ge-
legenheit genommen werde, von verſchiednen ju-
riſtiſchen Saͤtzen zu handeln, welche man eben ſo
wohl fuͤr ſolche theoretiſche Wahrheiten, als jene,
halten, und glauben wird, daß ſie weder Leſer,
noch Verleger, finden duͤrften. Nunmehr darf
ich es in der That nicht wagen, etwas von der
Natur und Eigenſchaft eines Advocatengewiſſens,
von Wiedererſtattung des unrechterworbnen Gu-
tes, welches man mit aller Legalitaͤt ſeinen Clienten
entwendet hat, von der Wichtigkeit der Eidſchwuͤre,
von der Strafe der Erbſchleicher, und von hundert
andern Sachen zu reden. Ja nach eben dieſer Re-
gel wird es vergebens ſeyn, von der Taxordnung
etwas zu gedenken. Und dennoch glaube ich, alle
dieſe Stuͤcke ſollten die ſchoͤnſten Erfindungen zu den
zierlichſten Buchdruckerſtoͤcken geben. Jch kann die-
ſen Verluſt kaum verſchmerzen. Geſetzt auch, daß
alle dieſe Dinge nicht mehr Mode, und hoͤchſtens nur

theo-
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0089" n="89"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von Buchdrucker&#x017F;to&#x0364;cken.</hi> </fw><lb/>
          <p>Anfa&#x0364;nglich hatte ich mir vorge&#x017F;etzt, einen Buch-<lb/>
drucker&#x017F;tock auszudenken, den man vor eine Schrift<lb/>
&#x017F;etzen ko&#x0364;nnte, in welcher von der Billigkeit, &#x017F;ich der<lb/>
Wittwen und Wai&#x017F;en, ohne Eigennutz und redlich,<lb/>
anzunehmen, gehandelt wu&#x0364;rde. Es hat mir es<lb/>
aber ein gewi&#x017F;&#x017F;er vornehmer Mann ausgeredet,<lb/>
und zur Ur&#x017F;ache angefu&#x0364;hrt, daß dergleichen Sto&#x0364;cke<lb/>
gar u&#x0364;berflu&#x0364;ßig wa&#x0364;ren, da die&#x017F;e Materie nur un-<lb/>
ter die theoreti&#x017F;chen Wahrheiten geho&#x0364;rte, welche<lb/>
wenig Le&#x017F;er, und um deswillen &#x017F;chwerlich einen<lb/>
Verleger finden wu&#x0364;rden. Aus Hochachtung gegen<lb/>
die&#x017F;en großen Mann, bin ich zwar &#x017F;einem Rathe<lb/>
gefolgt, nur befu&#x0364;rchte ich, daß mir dadurch die Ge-<lb/>
legenheit genommen werde, von ver&#x017F;chiednen ju-<lb/>
ri&#x017F;ti&#x017F;chen Sa&#x0364;tzen zu handeln, welche man eben &#x017F;o<lb/>
wohl fu&#x0364;r &#x017F;olche theoreti&#x017F;che Wahrheiten, als jene,<lb/>
halten, und glauben wird, daß &#x017F;ie weder Le&#x017F;er,<lb/>
noch Verleger, finden du&#x0364;rften. Nunmehr darf<lb/>
ich es in der That nicht wagen, etwas von der<lb/>
Natur und Eigen&#x017F;chaft eines Advocatengewi&#x017F;&#x017F;ens,<lb/>
von Wiederer&#x017F;tattung des unrechterworbnen Gu-<lb/>
tes, welches man mit aller Legalita&#x0364;t &#x017F;einen Clienten<lb/>
entwendet hat, von der Wichtigkeit der Eid&#x017F;chwu&#x0364;re,<lb/>
von der Strafe der Erb&#x017F;chleicher, und von hundert<lb/>
andern Sachen zu reden. Ja nach eben die&#x017F;er Re-<lb/>
gel wird es vergebens &#x017F;eyn, von der Taxordnung<lb/>
etwas zu gedenken. Und dennoch glaube ich, alle<lb/>
die&#x017F;e Stu&#x0364;cke &#x017F;ollten die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Erfindungen zu den<lb/>
zierlich&#x017F;ten Buchdrucker&#x017F;to&#x0364;cken geben. Jch kann die-<lb/>
&#x017F;en Verlu&#x017F;t kaum ver&#x017F;chmerzen. Ge&#x017F;etzt auch, daß<lb/>
alle die&#x017F;e Dinge nicht mehr Mode, und ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">theo-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0089] von Buchdruckerſtoͤcken. Anfaͤnglich hatte ich mir vorgeſetzt, einen Buch- druckerſtock auszudenken, den man vor eine Schrift ſetzen koͤnnte, in welcher von der Billigkeit, ſich der Wittwen und Waiſen, ohne Eigennutz und redlich, anzunehmen, gehandelt wuͤrde. Es hat mir es aber ein gewiſſer vornehmer Mann ausgeredet, und zur Urſache angefuͤhrt, daß dergleichen Stoͤcke gar uͤberfluͤßig waͤren, da dieſe Materie nur un- ter die theoretiſchen Wahrheiten gehoͤrte, welche wenig Leſer, und um deswillen ſchwerlich einen Verleger finden wuͤrden. Aus Hochachtung gegen dieſen großen Mann, bin ich zwar ſeinem Rathe gefolgt, nur befuͤrchte ich, daß mir dadurch die Ge- legenheit genommen werde, von verſchiednen ju- riſtiſchen Saͤtzen zu handeln, welche man eben ſo wohl fuͤr ſolche theoretiſche Wahrheiten, als jene, halten, und glauben wird, daß ſie weder Leſer, noch Verleger, finden duͤrften. Nunmehr darf ich es in der That nicht wagen, etwas von der Natur und Eigenſchaft eines Advocatengewiſſens, von Wiedererſtattung des unrechterworbnen Gu- tes, welches man mit aller Legalitaͤt ſeinen Clienten entwendet hat, von der Wichtigkeit der Eidſchwuͤre, von der Strafe der Erbſchleicher, und von hundert andern Sachen zu reden. Ja nach eben dieſer Re- gel wird es vergebens ſeyn, von der Taxordnung etwas zu gedenken. Und dennoch glaube ich, alle dieſe Stuͤcke ſollten die ſchoͤnſten Erfindungen zu den zierlichſten Buchdruckerſtoͤcken geben. Jch kann die- ſen Verluſt kaum verſchmerzen. Geſetzt auch, daß alle dieſe Dinge nicht mehr Mode, und hoͤchſtens nur theo- F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/89
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/89>, abgerufen am 16.05.2024.