Schreibemeister, oder bey einem Copi- sten lernen. Einen Brief zu beschnei- den, einen Brief zu brechen, einen Brief zu überschreiben, sind Sachen, die in ihrer Art wichtig genug, aber auch leicht zu lernen sind.
Nur von der Titulatur muß ich noch etwas gedenken. Es ist uns Deut- schen nicht zuzumuthen, daß wir unser gezwungnes und buntes Wortgepränge auf einmal verlassen sollen, mit dem wir die Eingänge unsrer Briefe prächtig machen. Am wenigsten wollte ich, daß die witzigen Köpfe die ersten wären, die- se Gewohnheit lächerlich, und das Mein Herr, oder Madame allgemein zu machen. Jhnen wird man es ge- wiß als eine ungesittete Vertraulich- keit, oder eine Verabsäumung des Wohlstandes auslegen. Diejenigen, welche durch die Gewohnheit ein Recht
haben,
Vorbericht.
Schreibemeiſter, oder bey einem Copi- ſten lernen. Einen Brief zu beſchnei- den, einen Brief zu brechen, einen Brief zu uͤberſchreiben, ſind Sachen, die in ihrer Art wichtig genug, aber auch leicht zu lernen ſind.
Nur von der Titulatur muß ich noch etwas gedenken. Es iſt uns Deut- ſchen nicht zuzumuthen, daß wir unſer gezwungnes und buntes Wortgepraͤnge auf einmal verlaſſen ſollen, mit dem wir die Eingaͤnge unſrer Briefe praͤchtig machen. Am wenigſten wollte ich, daß die witzigen Koͤpfe die erſten waͤren, die- ſe Gewohnheit laͤcherlich, und das Mein Herr, oder Madame allgemein zu machen. Jhnen wird man es ge- wiß als eine ungeſittete Vertraulich- keit, oder eine Verabſaͤumung des Wohlſtandes auslegen. Diejenigen, welche durch die Gewohnheit ein Recht
haben,
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[0010]
Vorbericht.
Schreibemeiſter, oder bey einem Copi-
ſten lernen. Einen Brief zu beſchnei-
den, einen Brief zu brechen, einen Brief
zu uͤberſchreiben, ſind Sachen, die in
ihrer Art wichtig genug, aber auch leicht
zu lernen ſind.
Nur von der Titulatur muß ich
noch etwas gedenken. Es iſt uns Deut-
ſchen nicht zuzumuthen, daß wir unſer
gezwungnes und buntes Wortgepraͤnge
auf einmal verlaſſen ſollen, mit dem wir
die Eingaͤnge unſrer Briefe praͤchtig
machen. Am wenigſten wollte ich, daß
die witzigen Koͤpfe die erſten waͤren, die-
ſe Gewohnheit laͤcherlich, und das
Mein Herr, oder Madame allgemein
zu machen. Jhnen wird man es ge-
wiß als eine ungeſittete Vertraulich-
keit, oder eine Verabſaͤumung des
Wohlſtandes auslegen. Diejenigen,
welche durch die Gewohnheit ein Recht
haben,
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/10>, abgerufen am 23.11.2024.
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