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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"mit klaren Worten; aber es sagen es noch mehr
"Texte. Ob ich das Wort: fauler Schlingel:
"recht übersetzt habe, will ich von Kennern entschei-
"den lassen (*). Bey dem zweyten Briefe werden
"die Kunstrichter sehr stutzen, wenn sie hören, daß
"es in Athen zwölfe geschlagen hat. Der Hahn
"kräht schon,
würden sie gesagt haben; aber sie
"würden nicht verstanden worden seyn.

"Wie leicht ist es doch, gelehrt zu schreiben!
"Jch war Willens, nur ein Wort zu meiner Ver-
"theidigung zu sagen, und habe eine ganze Seite
"voll kritischer Weisheit hingeschrieben. Der
"Himmel weiß, wie viel Gewalt ich mir anthun
"muß, nicht so gelehrt zu seyn, um meinen Lesern
"nicht unerträglich zu werden. Was ich gesagt
"habe, ist gnug meine Uebersetzung zu retten."

Herr Bürgemeister,

Endlich habe ich einen Mann gefunden, der recht
nach Jhres Herzens Wunsche ist. Sie können
die erledigte Rathsherrnstelle nicht besser besetzen,
als mit ihm. Er kömmt den ganzen Sommer
nicht von seinem Weinberge, und den Winter
hindurch nicht vom Camine. Ein Mann, der, wenn
er Knaster und Bier hat, mit der ganzen Welt zu-

frieden
(*) Gaser argos. conf. Liban. Ep. 493. p. m. 248.

Satyriſche Briefe.
„mit klaren Worten; aber es ſagen es noch mehr
„Texte. Ob ich das Wort: fauler Schlingel:
„recht uͤberſetzt habe, will ich von Kennern entſchei-
„den laſſen (*). Bey dem zweyten Briefe werden
„die Kunſtrichter ſehr ſtutzen, wenn ſie hoͤren, daß
„es in Athen zwoͤlfe geſchlagen hat. Der Hahn
„kraͤht ſchon,
wuͤrden ſie geſagt haben; aber ſie
„wuͤrden nicht verſtanden worden ſeyn.

„Wie leicht iſt es doch, gelehrt zu ſchreiben!
„Jch war Willens, nur ein Wort zu meiner Ver-
„theidigung zu ſagen, und habe eine ganze Seite
„voll kritiſcher Weisheit hingeſchrieben. Der
„Himmel weiß, wie viel Gewalt ich mir anthun
„muß, nicht ſo gelehrt zu ſeyn, um meinen Leſern
„nicht unertraͤglich zu werden. Was ich geſagt
„habe, iſt gnug meine Ueberſetzung zu retten.„

Herr Buͤrgemeiſter,

Endlich habe ich einen Mann gefunden, der recht
nach Jhres Herzens Wunſche iſt. Sie koͤnnen
die erledigte Rathsherrnſtelle nicht beſſer beſetzen,
als mit ihm. Er koͤmmt den ganzen Sommer
nicht von ſeinem Weinberge, und den Winter
hindurch nicht vom Camine. Ein Mann, der, wenn
er Knaſter und Bier hat, mit der ganzen Welt zu-

frieden
(*) Γαςηρ ἀργος. conf. Liban. Ep. 493. p. m. 248.
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[140/0168] Satyriſche Briefe. „mit klaren Worten; aber es ſagen es noch mehr „Texte. Ob ich das Wort: fauler Schlingel: „recht uͤberſetzt habe, will ich von Kennern entſchei- „den laſſen (*). Bey dem zweyten Briefe werden „die Kunſtrichter ſehr ſtutzen, wenn ſie hoͤren, daß „es in Athen zwoͤlfe geſchlagen hat. Der Hahn „kraͤht ſchon, wuͤrden ſie geſagt haben; aber ſie „wuͤrden nicht verſtanden worden ſeyn. „Wie leicht iſt es doch, gelehrt zu ſchreiben! „Jch war Willens, nur ein Wort zu meiner Ver- „theidigung zu ſagen, und habe eine ganze Seite „voll kritiſcher Weisheit hingeſchrieben. Der „Himmel weiß, wie viel Gewalt ich mir anthun „muß, nicht ſo gelehrt zu ſeyn, um meinen Leſern „nicht unertraͤglich zu werden. Was ich geſagt „habe, iſt gnug meine Ueberſetzung zu retten.„ Herr Buͤrgemeiſter, Endlich habe ich einen Mann gefunden, der recht nach Jhres Herzens Wunſche iſt. Sie koͤnnen die erledigte Rathsherrnſtelle nicht beſſer beſetzen, als mit ihm. Er koͤmmt den ganzen Sommer nicht von ſeinem Weinberge, und den Winter hindurch nicht vom Camine. Ein Mann, der, wenn er Knaſter und Bier hat, mit der ganzen Welt zu- frieden (*) Γαςηρ ἀργος. conf. Liban. Ep. 493. p. m. 248.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/168>, abgerufen am 27.11.2024.