Sehn Sie, mein Herr, das war doch noch ein reeller Liebhaber, und der erste, der seinen förm- lichen Liebesantrag mit einem Geschenke begleitete. Aber das war mir erschrecklich, daß ich in einem Marktflecken vor dem Laden stehn, und Schwefel- faden verkaufen sollte, da ich zu stolz gewesen war, einen Hofrath zu heirathen. Sie wissen wohl, was sich in kleinen Städten die Tochter eines fürstlichen Dieners für ein Ansehn zu geben weiß: sollte ich nun meinen Rang und Stand so sehr verläugnen, und in R - - - eine elende Würz- krämerinn werden? Mein Vater fühlte es selbst, wie ungleich diese Heirath sey, und befahl mir, ei- ne abschlägige Antwort zu ertheilen. Jch that es auf folgende Art:
"Dessen geehrtestes vom 7. passato ist mir, nebst "dem Ränzlein, wohl worden, welches ich "danknehmend zurück schicke, und meinem groß- "günstigen Herrn dafür verbunden bin. Beliebe "es der Herr a conto zu stellen. Mag annebenst "demselben nicht verhalten, daß ich mich über "meines Hochgeehrten Herrns Ansinnen gar höch- "lichen erfreuen thue. Weil aber mein Vater Be- "denken trägt, mich von sich zu lassen, so kann
ich
Satyriſche Briefe.
Sehn Sie, mein Herr, das war doch noch ein reeller Liebhaber, und der erſte, der ſeinen foͤrm- lichen Liebesantrag mit einem Geſchenke begleitete. Aber das war mir erſchrecklich, daß ich in einem Marktflecken vor dem Laden ſtehn, und Schwefel- faden verkaufen ſollte, da ich zu ſtolz geweſen war, einen Hofrath zu heirathen. Sie wiſſen wohl, was ſich in kleinen Staͤdten die Tochter eines fuͤrſtlichen Dieners fuͤr ein Anſehn zu geben weiß: ſollte ich nun meinen Rang und Stand ſo ſehr verlaͤugnen, und in R ‒ ‒ ‒ eine elende Wuͤrz- kraͤmerinn werden? Mein Vater fuͤhlte es ſelbſt, wie ungleich dieſe Heirath ſey, und befahl mir, ei- ne abſchlaͤgige Antwort zu ertheilen. Jch that es auf folgende Art:
„Deſſen geehrteſtes vom 7. paſſato iſt mir, nebſt „dem Raͤnzlein, wohl worden, welches ich „danknehmend zuruͤck ſchicke, und meinem groß- „guͤnſtigen Herrn dafuͤr verbunden bin. Beliebe „es der Herr à conto zu ſtellen. Mag annebenſt „demſelben nicht verhalten, daß ich mich uͤber „meines Hochgeehrten Herrns Anſinnen gar hoͤch- „lichen erfreuen thue. Weil aber mein Vater Be- „denken traͤgt, mich von ſich zu laſſen, ſo kann
ich
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Satyriſche Briefe.
Sehn Sie, mein Herr, das war doch noch ein
reeller Liebhaber, und der erſte, der ſeinen foͤrm-
lichen Liebesantrag mit einem Geſchenke begleitete.
Aber das war mir erſchrecklich, daß ich in einem
Marktflecken vor dem Laden ſtehn, und Schwefel-
faden verkaufen ſollte, da ich zu ſtolz geweſen war,
einen Hofrath zu heirathen. Sie wiſſen wohl,
was ſich in kleinen Staͤdten die Tochter eines
fuͤrſtlichen Dieners fuͤr ein Anſehn zu geben weiß:
ſollte ich nun meinen Rang und Stand ſo ſehr
verlaͤugnen, und in R ‒ ‒ ‒ eine elende Wuͤrz-
kraͤmerinn werden? Mein Vater fuͤhlte es ſelbſt,
wie ungleich dieſe Heirath ſey, und befahl mir, ei-
ne abſchlaͤgige Antwort zu ertheilen. Jch that
es auf folgende Art:
Ehrenveſter, Fuͤrnehmer,
Jnſonders großguͤnſtig Hochgeehrter Herr.
Salut.
„Deſſen geehrteſtes vom 7. paſſato iſt mir, nebſt
„dem Raͤnzlein, wohl worden, welches ich
„danknehmend zuruͤck ſchicke, und meinem groß-
„guͤnſtigen Herrn dafuͤr verbunden bin. Beliebe
„es der Herr à conto zu ſtellen. Mag annebenſt
„demſelben nicht verhalten, daß ich mich uͤber
„meines Hochgeehrten Herrns Anſinnen gar hoͤch-
„lichen erfreuen thue. Weil aber mein Vater Be-
„denken traͤgt, mich von ſich zu laſſen, ſo kann
ich
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/246>, abgerufen am 23.11.2024.
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