Sende dem Herrn Obersten von - - - innlie- genden Brief unverzüglich zu. Es liegt mir daran. Jn acht Tagen hoffe ich, so Gott will, zurück zu kommen. Jch bin seit etlichen Tagen nicht gar zu wohl gewesen. Das Reissen in Glie- dern wird immer heftiger. Die hiesigen Aerzte sind alle der Meynung, es sey eine fliegende Gicht. Jch hätte es doch nicht gedacht. Die beständige Mattigkeit ist das, was mir am meisten beschwer- lich fällt. Der Appetit ist schlecht, und der Schlaf unruhig. Mit einem Worte, ich fühle meine Jahre. Das Alter ist selbst eine Krankheit, sag- ten unsre Väter. Wie Gott will! Jch bin alle Stunden bereit. Der Himmel bringe mich nur wieder gesund zu Euch, damit ich meine Kinder vor meinem Ende noch seegnen kann. Sage es Fritzen, er soll nlcht auf Reisen gehen, ich habe mich an- ders entschlossen. Wenn es geht, wie ich wün- sche, so habe ich einen Weg vor mir, ihn glücklich zu machen. Mündlich ein mehrers. Grüsse Fritzen. Der Junge wäre gut genug, wenn er nur klüger wäre. Vielleicht giebt es sich mit den Jahren. Wie nachsehend sind doch die Aeltern gegen die Fehler ihrer Kinder! Wenn die Fräu- lein noch nicht an mich geschrieben hat, so kann es Anstand haben, bis ich zurück komme. Jch
werde
Satyriſche Briefe.
Frau Tochter,
Sende dem Herrn Oberſten von ‒ ‒ ‒ innlie- genden Brief unverzuͤglich zu. Es liegt mir daran. Jn acht Tagen hoffe ich, ſo Gott will, zuruͤck zu kommen. Jch bin ſeit etlichen Tagen nicht gar zu wohl geweſen. Das Reiſſen in Glie- dern wird immer heftiger. Die hieſigen Aerzte ſind alle der Meynung, es ſey eine fliegende Gicht. Jch haͤtte es doch nicht gedacht. Die beſtaͤndige Mattigkeit iſt das, was mir am meiſten beſchwer- lich faͤllt. Der Appetit iſt ſchlecht, und der Schlaf unruhig. Mit einem Worte, ich fuͤhle meine Jahre. Das Alter iſt ſelbſt eine Krankheit, ſag- ten unſre Vaͤter. Wie Gott will! Jch bin alle Stunden bereit. Der Himmel bringe mich nur wieder geſund zu Euch, damit ich meine Kinder vor meinem Ende noch ſeegnen kann. Sage es Fritzen, er ſoll nlcht auf Reiſen gehen, ich habe mich an- ders entſchloſſen. Wenn es geht, wie ich wuͤn- ſche, ſo habe ich einen Weg vor mir, ihn gluͤcklich zu machen. Muͤndlich ein mehrers. Gruͤſſe Fritzen. Der Junge waͤre gut genug, wenn er nur kluͤger waͤre. Vielleicht giebt es ſich mit den Jahren. Wie nachſehend ſind doch die Aeltern gegen die Fehler ihrer Kinder! Wenn die Fraͤu- lein noch nicht an mich geſchrieben hat, ſo kann es Anſtand haben, bis ich zuruͤck komme. Jch
werde
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Satyriſche Briefe.
Frau Tochter,
Sende dem Herrn Oberſten von ‒ ‒ ‒ innlie-
genden Brief unverzuͤglich zu. Es liegt mir
daran. Jn acht Tagen hoffe ich, ſo Gott will,
zuruͤck zu kommen. Jch bin ſeit etlichen Tagen
nicht gar zu wohl geweſen. Das Reiſſen in Glie-
dern wird immer heftiger. Die hieſigen Aerzte
ſind alle der Meynung, es ſey eine fliegende Gicht.
Jch haͤtte es doch nicht gedacht. Die beſtaͤndige
Mattigkeit iſt das, was mir am meiſten beſchwer-
lich faͤllt. Der Appetit iſt ſchlecht, und der Schlaf
unruhig. Mit einem Worte, ich fuͤhle meine
Jahre. Das Alter iſt ſelbſt eine Krankheit, ſag-
ten unſre Vaͤter. Wie Gott will! Jch bin alle
Stunden bereit. Der Himmel bringe mich nur
wieder geſund zu Euch, damit ich meine Kinder vor
meinem Ende noch ſeegnen kann. Sage es Fritzen,
er ſoll nlcht auf Reiſen gehen, ich habe mich an-
ders entſchloſſen. Wenn es geht, wie ich wuͤn-
ſche, ſo habe ich einen Weg vor mir, ihn gluͤcklich
zu machen. Muͤndlich ein mehrers. Gruͤſſe
Fritzen. Der Junge waͤre gut genug, wenn er
nur kluͤger waͤre. Vielleicht giebt es ſich mit den
Jahren. Wie nachſehend ſind doch die Aeltern
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/347>, abgerufen am 24.11.2024.
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