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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.

"So geht es, wenn man uns Autoren nicht"
"die gehörige Freyheit läßt, die für die schönen"
"Wissenschaften doch so unentbehrlich ist. Jch"
"bin mit der Einrichtung gar nicht zufrieden, daß"
"man erst alle Bücher muß censiren lassen. Jch"
"bin im Namen meines Verlegers ganz untröst-"
"bar, daß mir hier eine der schönsten und wichtig-"
"sten Stellen weggestrichen worden ist. Jch hatte"
"das alphabetische Verzeichniß nach den drey"
"Hauptständen eingetheilt. Jeder Stand nahm"
"etliche Bogen ein, und ich versprach alle Jahre"
"noch eine kleine Nachlese von den jungen Betrü-"
"gern, welche uns jährlich zuwachsen. Es hätte"
"dieses auch alle Messen etliche Bogen betragen"
"können, und mein unglückseliger Verleger hatte"
"schon einen vortheilhaften Ueberschlag gemacht,"
"wie hoch es ihm kommen würde, wenn er in"
"zwanzig Jahren das ganze Werk in Format des"
"Theatri Europaei zusammen drucken ließe."
"Aber leider! die ganze Rechnung war vergebens."
"Aller triftigen Vorstellungen ungeachtet war"
"es nicht möglich, es durch die Censur zu bringen."
"Jch meines Orts verliere am wenigsten dabey."
"Mein Entschluß ist schon gefaßt. Künftige Messe"
"will ich dieses Verzeichniß als ein besonderes"
"Werk zu Basel in groß Octav drucken lassen."
"Auf jedes Exemplar werden zwey und vierzig"
"Kreuzer pränumerirt. Für jede Nachlese, wel-"
"che ordentlich kommen soll, werden zwölf Kreuzer"
"gezahlt. Wer zehn angesehene und glückliche"
"Betrüger mit ihrem umständlichen Charakter"

"ein-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.

„So geht es, wenn man uns Autoren nicht„
„die gehoͤrige Freyheit laͤßt, die fuͤr die ſchoͤnen„
„Wiſſenſchaften doch ſo unentbehrlich iſt. Jch„
„bin mit der Einrichtung gar nicht zufrieden, daß„
„man erſt alle Buͤcher muß cenſiren laſſen. Jch„
„bin im Namen meines Verlegers ganz untroͤſt-„
„bar, daß mir hier eine der ſchoͤnſten und wichtig-„
„ſten Stellen weggeſtrichen worden iſt. Jch hatte„
„das alphabetiſche Verzeichniß nach den drey„
„Hauptſtaͤnden eingetheilt. Jeder Stand nahm„
„etliche Bogen ein, und ich verſprach alle Jahre„
„noch eine kleine Nachleſe von den jungen Betruͤ-„
„gern, welche uns jaͤhrlich zuwachſen. Es haͤtte„
„dieſes auch alle Meſſen etliche Bogen betragen„
„koͤnnen, und mein ungluͤckſeliger Verleger hatte„
„ſchon einen vortheilhaften Ueberſchlag gemacht,„
„wie hoch es ihm kommen wuͤrde, wenn er in„
„zwanzig Jahren das ganze Werk in Format des„
Theatri Europæi zuſammen drucken ließe.„
„Aber leider! die ganze Rechnung war vergebens.„
„Aller triftigen Vorſtellungen ungeachtet war„
„es nicht moͤglich, es durch die Cenſur zu bringen.„
„Jch meines Orts verliere am wenigſten dabey.„
„Mein Entſchluß iſt ſchon gefaßt. Kuͤnftige Meſſe„
„will ich dieſes Verzeichniß als ein beſonderes„
„Werk zu Baſel in groß Octav drucken laſſen.„
„Auf jedes Exemplar werden zwey und vierzig„
„Kreuzer praͤnumerirt. Fuͤr jede Nachleſe, wel-„
„che ordentlich kommen ſoll, werden zwoͤlf Kreuzer„
„gezahlt. Wer zehn angeſehene und gluͤckliche„
„Betruͤger mit ihrem umſtaͤndlichen Charakter„

„ein-
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[83/0105] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. „So geht es, wenn man uns Autoren nicht„ „die gehoͤrige Freyheit laͤßt, die fuͤr die ſchoͤnen„ „Wiſſenſchaften doch ſo unentbehrlich iſt. Jch„ „bin mit der Einrichtung gar nicht zufrieden, daß„ „man erſt alle Buͤcher muß cenſiren laſſen. Jch„ „bin im Namen meines Verlegers ganz untroͤſt-„ „bar, daß mir hier eine der ſchoͤnſten und wichtig-„ „ſten Stellen weggeſtrichen worden iſt. Jch hatte„ „das alphabetiſche Verzeichniß nach den drey„ „Hauptſtaͤnden eingetheilt. Jeder Stand nahm„ „etliche Bogen ein, und ich verſprach alle Jahre„ „noch eine kleine Nachleſe von den jungen Betruͤ-„ „gern, welche uns jaͤhrlich zuwachſen. Es haͤtte„ „dieſes auch alle Meſſen etliche Bogen betragen„ „koͤnnen, und mein ungluͤckſeliger Verleger hatte„ „ſchon einen vortheilhaften Ueberſchlag gemacht,„ „wie hoch es ihm kommen wuͤrde, wenn er in„ „zwanzig Jahren das ganze Werk in Format des„ „Theatri Europæi zuſammen drucken ließe.„ „Aber leider! die ganze Rechnung war vergebens.„ „Aller triftigen Vorſtellungen ungeachtet war„ „es nicht moͤglich, es durch die Cenſur zu bringen.„ „Jch meines Orts verliere am wenigſten dabey.„ „Mein Entſchluß iſt ſchon gefaßt. Kuͤnftige Meſſe„ „will ich dieſes Verzeichniß als ein beſonderes„ „Werk zu Baſel in groß Octav drucken laſſen.„ „Auf jedes Exemplar werden zwey und vierzig„ „Kreuzer praͤnumerirt. Fuͤr jede Nachleſe, wel-„ „che ordentlich kommen ſoll, werden zwoͤlf Kreuzer„ „gezahlt. Wer zehn angeſehene und gluͤckliche„ „Betruͤger mit ihrem umſtaͤndlichen Charakter„ „ein- F 2

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/105>, abgerufen am 23.11.2024.