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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Liebe zu seinem Vater, daß sie die Freundschaft
des Enkels suchte. Dieses unschuldige Kind war
in seinem siebzehenten Jahre. Der Mangel nö-
thigte ihn, eingezogen, demüthig, und fleißig zu
seyn. Brigitta machte sich diesen glücklichen Um-
stand zu Nutze. Sie wußte es durch ihre Freunde
so einzurichten, daß der Baron [di]e Zimmer von
ihr miethete, und an ihrem Tische speiste. Der
tägliche Umgang und die mütterliche Vorsorge der
Brigitte wirkte bey dem unerfahrnen Baron eine
gewisse Empfindung, die er Dankbarkeit nannte.
Seine Versorgerinn hatte noch in ihrem neun und
funfzigsten Jahre einigen Rest derjenigen Annehm-
lichkeit übrig, welche seinem Großvater so gefähr-
lich gewesen war. Der tägliche Umgang mit ihr
machte ihn gegen diesen Rest empfindlich. Mit
einem Worte; ehe die drey Universitätsjahre völ-
lig verflossen waren, so bewies Brigitta durch ihre
Geschicklichkeit den wahren Satz, daß gemeinig-
lich junge Liebhaber ihre ersten Zärtlichkeiten in
den Armen einer alten Buhlerinn verschwenden.
Sie empfand in diesem angenehmen Augenblicke
ein dreyfaches Vergnügen, da sie bey den Schmei-
cheleyen des Enkels sich mit einem male aller der
Entzückungen erinnerte, welche sie in den Umar-
mungen des Vaters und des Großvaters genossen
hatte. Damit meine Leser nicht die geringste Un-
wahrscheinlichkeit in dieser Geschichte finden, so
muß ich erinnern, daß die Mutter der Brigitte
keine frostige Niederländerinn, sondern von
Caen war.

Wer-

Antons Panßa von Mancha
Liebe zu ſeinem Vater, daß ſie die Freundſchaft
des Enkels ſuchte. Dieſes unſchuldige Kind war
in ſeinem ſiebzehenten Jahre. Der Mangel noͤ-
thigte ihn, eingezogen, demuͤthig, und fleißig zu
ſeyn. Brigitta machte ſich dieſen gluͤcklichen Um-
ſtand zu Nutze. Sie wußte es durch ihre Freunde
ſo einzurichten, daß der Baron [di]e Zimmer von
ihr miethete, und an ihrem Tiſche ſpeiſte. Der
taͤgliche Umgang und die muͤtterliche Vorſorge der
Brigitte wirkte bey dem unerfahrnen Baron eine
gewiſſe Empfindung, die er Dankbarkeit nannte.
Seine Verſorgerinn hatte noch in ihrem neun und
funfzigſten Jahre einigen Reſt derjenigen Annehm-
lichkeit uͤbrig, welche ſeinem Großvater ſo gefaͤhr-
lich geweſen war. Der taͤgliche Umgang mit ihr
machte ihn gegen dieſen Reſt empfindlich. Mit
einem Worte; ehe die drey Univerſitaͤtsjahre voͤl-
lig verfloſſen waren, ſo bewies Brigitta durch ihre
Geſchicklichkeit den wahren Satz, daß gemeinig-
lich junge Liebhaber ihre erſten Zaͤrtlichkeiten in
den Armen einer alten Buhlerinn verſchwenden.
Sie empfand in dieſem angenehmen Augenblicke
ein dreyfaches Vergnuͤgen, da ſie bey den Schmei-
cheleyen des Enkels ſich mit einem male aller der
Entzuͤckungen erinnerte, welche ſie in den Umar-
mungen des Vaters und des Großvaters genoſſen
hatte. Damit meine Leſer nicht die geringſte Un-
wahrſcheinlichkeit in dieſer Geſchichte finden, ſo
muß ich erinnern, daß die Mutter der Brigitte
keine froſtige Niederlaͤnderinn, ſondern von
Caen war.

Wer-
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[116/0138] Antons Panßa von Mancha Liebe zu ſeinem Vater, daß ſie die Freundſchaft des Enkels ſuchte. Dieſes unſchuldige Kind war in ſeinem ſiebzehenten Jahre. Der Mangel noͤ- thigte ihn, eingezogen, demuͤthig, und fleißig zu ſeyn. Brigitta machte ſich dieſen gluͤcklichen Um- ſtand zu Nutze. Sie wußte es durch ihre Freunde ſo einzurichten, daß der Baron die Zimmer von ihr miethete, und an ihrem Tiſche ſpeiſte. Der taͤgliche Umgang und die muͤtterliche Vorſorge der Brigitte wirkte bey dem unerfahrnen Baron eine gewiſſe Empfindung, die er Dankbarkeit nannte. Seine Verſorgerinn hatte noch in ihrem neun und funfzigſten Jahre einigen Reſt derjenigen Annehm- lichkeit uͤbrig, welche ſeinem Großvater ſo gefaͤhr- lich geweſen war. Der taͤgliche Umgang mit ihr machte ihn gegen dieſen Reſt empfindlich. Mit einem Worte; ehe die drey Univerſitaͤtsjahre voͤl- lig verfloſſen waren, ſo bewies Brigitta durch ihre Geſchicklichkeit den wahren Satz, daß gemeinig- lich junge Liebhaber ihre erſten Zaͤrtlichkeiten in den Armen einer alten Buhlerinn verſchwenden. Sie empfand in dieſem angenehmen Augenblicke ein dreyfaches Vergnuͤgen, da ſie bey den Schmei- cheleyen des Enkels ſich mit einem male aller der Entzuͤckungen erinnerte, welche ſie in den Umar- mungen des Vaters und des Großvaters genoſſen hatte. Damit meine Leſer nicht die geringſte Un- wahrſcheinlichkeit in dieſer Geſchichte finden, ſo muß ich erinnern, daß die Mutter der Brigitte keine froſtige Niederlaͤnderinn, ſondern von Caen war. Wer-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/138>, abgerufen am 27.11.2024.