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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
hat. Sie müssen ihm einen Hofmeister halten.
Gelehrt soll er nicht werden; das wird er ohnedem
so geschwind nicht: nur darf er nicht so unwissend
bleiben. Er muß Sprachen lernen, er muß fech-
ten und tanzen lernen; sie müssen ihn unter frem-
de Leute thun, damit er die Dorfluft entwohnt.
- - - O! Sie verstehn mich unrecht, gnädiger
Herr, lassen sie mich nur ausreden; Jch meines
Orts halte es ja gar nicht für nöthig: Jch kenne
ihren alten Adel wohl. Er braucht in der That
alle die Pedantereyen nicht, da haben sie völlig
recht; aber, der Hof - - - Verstehn sie mich - - -
es ist freylich schlimm genug, aber es ist einmal
so: Der Hof will schlechterdings haben, daß un-
sere Cavaliere noch zu etwas mehrerm zu gebrau-
chen sind, als Füchse zu graben; Vernünftige,
gelehrte, geschickte Männer will er haben, und
nicht adliche Bauern. Der Hof sagt das; ich
sage es ja nicht. Es kostet etwas Geld; freylich
kostet es Geld; aber was sie an seine Erziehung
wenden, ist ihm nützlicher, als was er von ihnen
erbt. Lassen sie alle Jahre ein paar hundert Tha-
ler mehr - - - Mein Gott, wie können sie
so hitzig seyn! - - - Sa! Perdrix! apporte!
apporte!
Das ist ein prächtiger Hünerhund! Wie
schön er behangen ist! wie schön er gezeichnet ist!
Der muß theuer gewesen seyn, und ihnen viel ko-
sten, ehe er so vollkommen abgerichtet worden
ist - - - Zehn Louis d'or? Jst das mög-
lich? Aber dafür haben sie auch einen Hünerhund,
der ihrem Reviere Ehre macht!

Was

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
hat. Sie muͤſſen ihm einen Hofmeiſter halten.
Gelehrt ſoll er nicht werden; das wird er ohnedem
ſo geſchwind nicht: nur darf er nicht ſo unwiſſend
bleiben. Er muß Sprachen lernen, er muß fech-
ten und tanzen lernen; ſie muͤſſen ihn unter frem-
de Leute thun, damit er die Dorfluft entwohnt.
‒ ‒ ‒ O! Sie verſtehn mich unrecht, gnaͤdiger
Herr, laſſen ſie mich nur ausreden; Jch meines
Orts halte es ja gar nicht fuͤr noͤthig: Jch kenne
ihren alten Adel wohl. Er braucht in der That
alle die Pedantereyen nicht, da haben ſie voͤllig
recht; aber, der Hof ‒ ‒ ‒ Verſtehn ſie mich ‒ ‒ ‒
es iſt freylich ſchlimm genug, aber es iſt einmal
ſo: Der Hof will ſchlechterdings haben, daß un-
ſere Cavaliere noch zu etwas mehrerm zu gebrau-
chen ſind, als Fuͤchſe zu graben; Vernuͤnftige,
gelehrte, geſchickte Maͤnner will er haben, und
nicht adliche Bauern. Der Hof ſagt das; ich
ſage es ja nicht. Es koſtet etwas Geld; freylich
koſtet es Geld; aber was ſie an ſeine Erziehung
wenden, iſt ihm nuͤtzlicher, als was er von ihnen
erbt. Laſſen ſie alle Jahre ein paar hundert Tha-
ler mehr ‒ ‒ ‒ Mein Gott, wie koͤnnen ſie
ſo hitzig ſeyn! ‒ ‒ ‒ Sa! Perdrix! apporte!
apporte!
Das iſt ein praͤchtiger Huͤnerhund! Wie
ſchoͤn er behangen iſt! wie ſchoͤn er gezeichnet iſt!
Der muß theuer geweſen ſeyn, und ihnen viel ko-
ſten, ehe er ſo vollkommen abgerichtet worden
iſt ‒ ‒ ‒ Zehn Louis d’or? Jſt das moͤg-
lich? Aber dafuͤr haben ſie auch einen Huͤnerhund,
der ihrem Reviere Ehre macht!

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[139/0161] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. hat. Sie muͤſſen ihm einen Hofmeiſter halten. Gelehrt ſoll er nicht werden; das wird er ohnedem ſo geſchwind nicht: nur darf er nicht ſo unwiſſend bleiben. Er muß Sprachen lernen, er muß fech- ten und tanzen lernen; ſie muͤſſen ihn unter frem- de Leute thun, damit er die Dorfluft entwohnt. ‒ ‒ ‒ O! Sie verſtehn mich unrecht, gnaͤdiger Herr, laſſen ſie mich nur ausreden; Jch meines Orts halte es ja gar nicht fuͤr noͤthig: Jch kenne ihren alten Adel wohl. Er braucht in der That alle die Pedantereyen nicht, da haben ſie voͤllig recht; aber, der Hof ‒ ‒ ‒ Verſtehn ſie mich ‒ ‒ ‒ es iſt freylich ſchlimm genug, aber es iſt einmal ſo: Der Hof will ſchlechterdings haben, daß un- ſere Cavaliere noch zu etwas mehrerm zu gebrau- chen ſind, als Fuͤchſe zu graben; Vernuͤnftige, gelehrte, geſchickte Maͤnner will er haben, und nicht adliche Bauern. Der Hof ſagt das; ich ſage es ja nicht. Es koſtet etwas Geld; freylich koſtet es Geld; aber was ſie an ſeine Erziehung wenden, iſt ihm nuͤtzlicher, als was er von ihnen erbt. Laſſen ſie alle Jahre ein paar hundert Tha- ler mehr ‒ ‒ ‒ Mein Gott, wie koͤnnen ſie ſo hitzig ſeyn! ‒ ‒ ‒ Sa! Perdrix! apporte! apporte! Das iſt ein praͤchtiger Huͤnerhund! Wie ſchoͤn er behangen iſt! wie ſchoͤn er gezeichnet iſt! Der muß theuer geweſen ſeyn, und ihnen viel ko- ſten, ehe er ſo vollkommen abgerichtet worden iſt ‒ ‒ ‒ Zehn Louis d’or? Jſt das moͤg- lich? Aber dafuͤr haben ſie auch einen Huͤnerhund, der ihrem Reviere Ehre macht! Was

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/161>, abgerufen am 23.11.2024.