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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Angst der Verzweiflung, mit der sie rang. Der
Arzt versicherte uns, daß dieses ihren Tod be-
schleunige, und daß sie, bey diesen heftigen Er-
schütterungen ihres Körpers, kaum noch eine
Stunde leben könne. Wir waren außer uns.
Endlich trug man es mir auf, sie zu besänftigen.
Jch nahm mir vor, mir ihre Neigungen zu Nutze zu
machen, und ihr den Tod so geputzt zu zeigen, als
es möglich seyn wollte. Jch näherte mich ganz
gelassen ihrem Bette. Sie schlug die Augen auf,
und sah mich schüchtern an. Sind sie auch ein
Bote des Todes? Ja, ich will sterben, ich Un-
glückliche, ich will gern sterben! Das sagte sie
mit knirschenden Zähnen. Vielleicht ist diese
Furcht noch zu früh; war meine Antwort.
Meynen sie, Herr Schwager, sollte ich wohl noch
leben können? Jst diese Furcht noch zu früh?
Sie sind doch ein rechtschaffener Freund von mir;
mit ihnen kann man doch vernünftig reden. Glau-
ben sie in der That noch, daß Hoffnung übrig ist?
Aber schmeicheln sie mir nicht. Bey dieser Anrede
merkte ich gar deutlich, daß ihre Seele die letzten
Kräfte sammelte, die Freude auszudrücken, die
sie über ein längeres Leben hatte. Jch bemäch-
tigte mich dieses vortheilhaften Augenblickes, setzte
mich an ihr Bette, und faßte sie bey ihrer sterben-
den Hand. Jch zeigte ihr, daß vielleicht noch
Hoffnung zum Leben übrig seyn könnte, daß wir
es alle so sehr wünschten, als sie es selbst kaum
wünschen könne, daß ich als ihr wahrer Freund
ganz untröstbar seyn würde, wenn sie sterben

sollte.

Antons Panßa von Mancha
Angſt der Verzweiflung, mit der ſie rang. Der
Arzt verſicherte uns, daß dieſes ihren Tod be-
ſchleunige, und daß ſie, bey dieſen heftigen Er-
ſchuͤtterungen ihres Koͤrpers, kaum noch eine
Stunde leben koͤnne. Wir waren außer uns.
Endlich trug man es mir auf, ſie zu beſaͤnftigen.
Jch nahm mir vor, mir ihre Neigungen zu Nutze zu
machen, und ihr den Tod ſo geputzt zu zeigen, als
es moͤglich ſeyn wollte. Jch naͤherte mich ganz
gelaſſen ihrem Bette. Sie ſchlug die Augen auf,
und ſah mich ſchuͤchtern an. Sind ſie auch ein
Bote des Todes? Ja, ich will ſterben, ich Un-
gluͤckliche, ich will gern ſterben! Das ſagte ſie
mit knirſchenden Zaͤhnen. Vielleicht iſt dieſe
Furcht noch zu fruͤh; war meine Antwort.
Meynen ſie, Herr Schwager, ſollte ich wohl noch
leben koͤnnen? Jſt dieſe Furcht noch zu fruͤh?
Sie ſind doch ein rechtſchaffener Freund von mir;
mit ihnen kann man doch vernuͤnftig reden. Glau-
ben ſie in der That noch, daß Hoffnung uͤbrig iſt?
Aber ſchmeicheln ſie mir nicht. Bey dieſer Anrede
merkte ich gar deutlich, daß ihre Seele die letzten
Kraͤfte ſammelte, die Freude auszudruͤcken, die
ſie uͤber ein laͤngeres Leben hatte. Jch bemaͤch-
tigte mich dieſes vortheilhaften Augenblickes, ſetzte
mich an ihr Bette, und faßte ſie bey ihrer ſterben-
den Hand. Jch zeigte ihr, daß vielleicht noch
Hoffnung zum Leben uͤbrig ſeyn koͤnnte, daß wir
es alle ſo ſehr wuͤnſchten, als ſie es ſelbſt kaum
wuͤnſchen koͤnne, daß ich als ihr wahrer Freund
ganz untroͤſtbar ſeyn wuͤrde, wenn ſie ſterben

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[156/0178] Antons Panßa von Mancha Angſt der Verzweiflung, mit der ſie rang. Der Arzt verſicherte uns, daß dieſes ihren Tod be- ſchleunige, und daß ſie, bey dieſen heftigen Er- ſchuͤtterungen ihres Koͤrpers, kaum noch eine Stunde leben koͤnne. Wir waren außer uns. Endlich trug man es mir auf, ſie zu beſaͤnftigen. Jch nahm mir vor, mir ihre Neigungen zu Nutze zu machen, und ihr den Tod ſo geputzt zu zeigen, als es moͤglich ſeyn wollte. Jch naͤherte mich ganz gelaſſen ihrem Bette. Sie ſchlug die Augen auf, und ſah mich ſchuͤchtern an. Sind ſie auch ein Bote des Todes? Ja, ich will ſterben, ich Un- gluͤckliche, ich will gern ſterben! Das ſagte ſie mit knirſchenden Zaͤhnen. Vielleicht iſt dieſe Furcht noch zu fruͤh; war meine Antwort. Meynen ſie, Herr Schwager, ſollte ich wohl noch leben koͤnnen? Jſt dieſe Furcht noch zu fruͤh? Sie ſind doch ein rechtſchaffener Freund von mir; mit ihnen kann man doch vernuͤnftig reden. Glau- ben ſie in der That noch, daß Hoffnung uͤbrig iſt? Aber ſchmeicheln ſie mir nicht. Bey dieſer Anrede merkte ich gar deutlich, daß ihre Seele die letzten Kraͤfte ſammelte, die Freude auszudruͤcken, die ſie uͤber ein laͤngeres Leben hatte. Jch bemaͤch- tigte mich dieſes vortheilhaften Augenblickes, ſetzte mich an ihr Bette, und faßte ſie bey ihrer ſterben- den Hand. Jch zeigte ihr, daß vielleicht noch Hoffnung zum Leben uͤbrig ſeyn koͤnnte, daß wir es alle ſo ſehr wuͤnſchten, als ſie es ſelbſt kaum wuͤnſchen koͤnne, daß ich als ihr wahrer Freund ganz untroͤſtbar ſeyn wuͤrde, wenn ſie ſterben ſollte.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/178>, abgerufen am 23.11.2024.