der die Welt nicht kennt, wird so einfältig urthei- len. Gargil, denn ich weis es doch, du meynst Gargilen, Gargil, der Sohn des vergeßnen Ta- gelöhners, ist hochgeboren, wohlgesittet, witzig in seinem Scherze, und verehrungswürdig in sei- nen Geschäfften; ein Vater der Armen, ein Pa- triot: Denn Gargil ist ein Herr von Millionen!
Aber ein Unglücksfall, oder die Gerechtigkeit, welche nie zu spät erwacht, raubt diese Millionen dem trotzigen Gargil, und macht ihn ärmer, als sein Vater war: Was glaubt die Welt nun von ihm? Man erschrickt über seinen Fall; man ver- flucht sein Andenken, und morgen ist er vergessen!
Ein sichrer Beweis, daß man alle diese Schmei- cheleyen seinem Gelde, und nicht eine einzige sei- ner Person gemacht hat. That Gargil wohl un- recht, wenn er sich Mühe gab, seine Schätze zu häufen; wenn er nur auf seine Schätze stolz war; wenn er zweifelte, ob Arme unter die vernünftigen Geschöpfe gehörten, die seine Achtung und Vor- sorge verdienen könnten?
Jch habe angemerkt, daß man wider diejeni- gen, welche wie Gargil denken und sammeln, die unbarmherzigsten Spöttereyen vorbringt. Nie ist der Gelehrte und der Ungelehrte in seinen Vor- würfen bitterer, als wenn er wider den Geiz und die Reichen eifert. Mich dünkt, es ist hiebey eine sehr große Ungerechtigkeit. Nicht Gargil, sondern die Welt ist an allen diesen Thorheiten Schuld.
Hätte
Antons Panßa von Mancha
der die Welt nicht kennt, wird ſo einfaͤltig urthei- len. Gargil, denn ich weis es doch, du meynſt Gargilen, Gargil, der Sohn des vergeßnen Ta- geloͤhners, iſt hochgeboren, wohlgeſittet, witzig in ſeinem Scherze, und verehrungswuͤrdig in ſei- nen Geſchaͤfften; ein Vater der Armen, ein Pa- triot: Denn Gargil iſt ein Herr von Millionen!
Aber ein Ungluͤcksfall, oder die Gerechtigkeit, welche nie zu ſpaͤt erwacht, raubt dieſe Millionen dem trotzigen Gargil, und macht ihn aͤrmer, als ſein Vater war: Was glaubt die Welt nun von ihm? Man erſchrickt uͤber ſeinen Fall; man ver- flucht ſein Andenken, und morgen iſt er vergeſſen!
Ein ſichrer Beweis, daß man alle dieſe Schmei- cheleyen ſeinem Gelde, und nicht eine einzige ſei- ner Perſon gemacht hat. That Gargil wohl un- recht, wenn er ſich Muͤhe gab, ſeine Schaͤtze zu haͤufen; wenn er nur auf ſeine Schaͤtze ſtolz war; wenn er zweifelte, ob Arme unter die vernuͤnftigen Geſchoͤpfe gehoͤrten, die ſeine Achtung und Vor- ſorge verdienen koͤnnten?
Jch habe angemerkt, daß man wider diejeni- gen, welche wie Gargil denken und ſammeln, die unbarmherzigſten Spoͤttereyen vorbringt. Nie iſt der Gelehrte und der Ungelehrte in ſeinen Vor- wuͤrfen bitterer, als wenn er wider den Geiz und die Reichen eifert. Mich duͤnkt, es iſt hiebey eine ſehr große Ungerechtigkeit. Nicht Gargil, ſondern die Welt iſt an allen dieſen Thorheiten Schuld.
Haͤtte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0218"n="196"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
der die Welt nicht kennt, wird ſo einfaͤltig urthei-<lb/>
len. Gargil, denn ich weis es doch, du meynſt<lb/>
Gargilen, Gargil, der Sohn des vergeßnen Ta-<lb/>
geloͤhners, iſt hochgeboren, wohlgeſittet, witzig<lb/>
in ſeinem Scherze, und verehrungswuͤrdig in ſei-<lb/>
nen Geſchaͤfften; ein Vater der Armen, ein Pa-<lb/>
triot: Denn Gargil iſt ein Herr von Millionen!</p><lb/><p>Aber ein Ungluͤcksfall, oder die Gerechtigkeit,<lb/>
welche nie zu ſpaͤt erwacht, raubt dieſe Millionen<lb/>
dem trotzigen Gargil, und macht ihn aͤrmer, als<lb/>ſein Vater war: Was glaubt die Welt nun von<lb/>
ihm? Man erſchrickt uͤber ſeinen Fall; man ver-<lb/>
flucht ſein Andenken, und morgen iſt er vergeſſen!</p><lb/><p>Ein ſichrer Beweis, daß man alle dieſe Schmei-<lb/>
cheleyen ſeinem Gelde, und nicht eine einzige ſei-<lb/>
ner Perſon gemacht hat. That Gargil wohl un-<lb/>
recht, wenn er ſich Muͤhe gab, ſeine Schaͤtze zu<lb/>
haͤufen; wenn er nur auf ſeine Schaͤtze ſtolz war;<lb/>
wenn er zweifelte, ob Arme unter die vernuͤnftigen<lb/>
Geſchoͤpfe gehoͤrten, die ſeine Achtung und Vor-<lb/>ſorge verdienen koͤnnten?</p><lb/><p>Jch habe angemerkt, daß man wider diejeni-<lb/>
gen, welche wie Gargil denken und ſammeln, die<lb/>
unbarmherzigſten Spoͤttereyen vorbringt. Nie<lb/>
iſt der Gelehrte und der Ungelehrte in ſeinen Vor-<lb/>
wuͤrfen bitterer, als wenn er wider den Geiz und<lb/>
die Reichen eifert. Mich duͤnkt, es iſt hiebey eine<lb/>ſehr große Ungerechtigkeit. Nicht Gargil, ſondern<lb/>
die Welt iſt an allen dieſen Thorheiten Schuld.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Haͤtte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[196/0218]
Antons Panßa von Mancha
der die Welt nicht kennt, wird ſo einfaͤltig urthei-
len. Gargil, denn ich weis es doch, du meynſt
Gargilen, Gargil, der Sohn des vergeßnen Ta-
geloͤhners, iſt hochgeboren, wohlgeſittet, witzig
in ſeinem Scherze, und verehrungswuͤrdig in ſei-
nen Geſchaͤfften; ein Vater der Armen, ein Pa-
triot: Denn Gargil iſt ein Herr von Millionen!
Aber ein Ungluͤcksfall, oder die Gerechtigkeit,
welche nie zu ſpaͤt erwacht, raubt dieſe Millionen
dem trotzigen Gargil, und macht ihn aͤrmer, als
ſein Vater war: Was glaubt die Welt nun von
ihm? Man erſchrickt uͤber ſeinen Fall; man ver-
flucht ſein Andenken, und morgen iſt er vergeſſen!
Ein ſichrer Beweis, daß man alle dieſe Schmei-
cheleyen ſeinem Gelde, und nicht eine einzige ſei-
ner Perſon gemacht hat. That Gargil wohl un-
recht, wenn er ſich Muͤhe gab, ſeine Schaͤtze zu
haͤufen; wenn er nur auf ſeine Schaͤtze ſtolz war;
wenn er zweifelte, ob Arme unter die vernuͤnftigen
Geſchoͤpfe gehoͤrten, die ſeine Achtung und Vor-
ſorge verdienen koͤnnten?
Jch habe angemerkt, daß man wider diejeni-
gen, welche wie Gargil denken und ſammeln, die
unbarmherzigſten Spoͤttereyen vorbringt. Nie
iſt der Gelehrte und der Ungelehrte in ſeinen Vor-
wuͤrfen bitterer, als wenn er wider den Geiz und
die Reichen eifert. Mich duͤnkt, es iſt hiebey eine
ſehr große Ungerechtigkeit. Nicht Gargil, ſondern
die Welt iſt an allen dieſen Thorheiten Schuld.
Haͤtte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/218>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.