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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
gewartet hatte; ich nahm mir also vor, mich selbst
zu segnen. Hiezu fand ich gar bald Gelegenheit,
da man aus meinem Aufwande vermuthete, mein
Vater sey sehr reich, und da mein Körper liebens-
würdig genug gebauet war. Die Tochter eines
Kaufmanns gefiel mir; ich machte mit ihr Be-
kanntschaft, und war vielleicht noch nicht verliebt:
Aber binnen kurzer Zeit ward ich es im ganzen
Ernste, da das Mädchen sehr ehrbar und züchtig
that, und mich beständig vor der Eifersucht, und
strengen Wachsamkeit ihrer Aeltern warnte, welche
unerbittlich grausam gegen sie seyn würden, so
bald sie den geringsten Argwohn von unserer Ver-
traulichkeit fassen sollten. Jch war jung genug,
alles dieses zu glauben; und da ich noch schlauer
seyn wollte, als die scharfsichtigen Aeltern meiner
Schöne: so versprach ich ihr ins geheim die Ehe,
heirathete sie eben so geheim, und genoß das so
lange erwartete Vergnügen, welches nach dem
Ausspruche meiner Mutter eine Belohnung für
ihren fleißigen und frommen Sohn bleiben sollte.
Mit einem Worte, im sechzehnten Jahre meines
Alters, und noch im ersten Jahre meines akade-
mischen Lebens war ich verliebt, verheirathet, und
Vater. Es war also nicht mehr Zeit, das zu
verbergen, was wir gethan hatten. Die Aeltern
meiner Frau gaben uns einen liebreichen Verweis,
an statt daß ich die heftigsten Begegnungen von
ihnen erwartete. Diese Nachsicht würde mir un-
begreiflich gewesen seyn, wenn ich nicht zu gleicher
Zeit gemerkt hätte, daß diese wachsamen, und un-

erbittlich
Q 3

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
gewartet hatte; ich nahm mir alſo vor, mich ſelbſt
zu ſegnen. Hiezu fand ich gar bald Gelegenheit,
da man aus meinem Aufwande vermuthete, mein
Vater ſey ſehr reich, und da mein Koͤrper liebens-
wuͤrdig genug gebauet war. Die Tochter eines
Kaufmanns gefiel mir; ich machte mit ihr Be-
kanntſchaft, und war vielleicht noch nicht verliebt:
Aber binnen kurzer Zeit ward ich es im ganzen
Ernſte, da das Maͤdchen ſehr ehrbar und zuͤchtig
that, und mich beſtaͤndig vor der Eiferſucht, und
ſtrengen Wachſamkeit ihrer Aeltern warnte, welche
unerbittlich grauſam gegen ſie ſeyn wuͤrden, ſo
bald ſie den geringſten Argwohn von unſerer Ver-
traulichkeit faſſen ſollten. Jch war jung genug,
alles dieſes zu glauben; und da ich noch ſchlauer
ſeyn wollte, als die ſcharfſichtigen Aeltern meiner
Schoͤne: ſo verſprach ich ihr ins geheim die Ehe,
heirathete ſie eben ſo geheim, und genoß das ſo
lange erwartete Vergnuͤgen, welches nach dem
Ausſpruche meiner Mutter eine Belohnung fuͤr
ihren fleißigen und frommen Sohn bleiben ſollte.
Mit einem Worte, im ſechzehnten Jahre meines
Alters, und noch im erſten Jahre meines akade-
miſchen Lebens war ich verliebt, verheirathet, und
Vater. Es war alſo nicht mehr Zeit, das zu
verbergen, was wir gethan hatten. Die Aeltern
meiner Frau gaben uns einen liebreichen Verweis,
an ſtatt daß ich die heftigſten Begegnungen von
ihnen erwartete. Dieſe Nachſicht wuͤrde mir un-
begreiflich geweſen ſeyn, wenn ich nicht zu gleicher
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erbittlich
Q 3
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[245/0267] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. gewartet hatte; ich nahm mir alſo vor, mich ſelbſt zu ſegnen. Hiezu fand ich gar bald Gelegenheit, da man aus meinem Aufwande vermuthete, mein Vater ſey ſehr reich, und da mein Koͤrper liebens- wuͤrdig genug gebauet war. Die Tochter eines Kaufmanns gefiel mir; ich machte mit ihr Be- kanntſchaft, und war vielleicht noch nicht verliebt: Aber binnen kurzer Zeit ward ich es im ganzen Ernſte, da das Maͤdchen ſehr ehrbar und zuͤchtig that, und mich beſtaͤndig vor der Eiferſucht, und ſtrengen Wachſamkeit ihrer Aeltern warnte, welche unerbittlich grauſam gegen ſie ſeyn wuͤrden, ſo bald ſie den geringſten Argwohn von unſerer Ver- traulichkeit faſſen ſollten. Jch war jung genug, alles dieſes zu glauben; und da ich noch ſchlauer ſeyn wollte, als die ſcharfſichtigen Aeltern meiner Schoͤne: ſo verſprach ich ihr ins geheim die Ehe, heirathete ſie eben ſo geheim, und genoß das ſo lange erwartete Vergnuͤgen, welches nach dem Ausſpruche meiner Mutter eine Belohnung fuͤr ihren fleißigen und frommen Sohn bleiben ſollte. Mit einem Worte, im ſechzehnten Jahre meines Alters, und noch im erſten Jahre meines akade- miſchen Lebens war ich verliebt, verheirathet, und Vater. Es war alſo nicht mehr Zeit, das zu verbergen, was wir gethan hatten. Die Aeltern meiner Frau gaben uns einen liebreichen Verweis, an ſtatt daß ich die heftigſten Begegnungen von ihnen erwartete. Dieſe Nachſicht wuͤrde mir un- begreiflich geweſen ſeyn, wenn ich nicht zu gleicher Zeit gemerkt haͤtte, daß dieſe wachſamen, und un- erbittlich Q 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/267>, abgerufen am 22.11.2024.