Was ich hier im voraus angeführt habe, ist die gründlichste Vertheidigung wider einen Ein- wurf, welchen viele machen werden, so bald sie diese Zueignungsschrift erblicken. Einen Esel zum Mäcenat! werden sie ausrufen. Und warum nicht, meine Herren? Bin ich etwan der erste, der dieses thut? Oder vermißt ihr nur an meinem Mäcenat die menschliche Pracht der Eu- rigen? Seyd nicht so ungerecht, zu glauben, daß mein Esel dieser Zueignungsschrift unwürdig sey, weil ihr ihn für dumm haltet: Jhr werdet selbst euern Zueignungsschriften ein trauriges Urtheil sprechen. Wie viele von euern Mäcenaten wer- det ihr absetzen müssen, wenn die Dummheit hin- dert, der Mäcenat eines Autors zu seyn!
Aber wird der Esel die Zueignungsschrift lesen? und noch mehr, wird er das Buch verstehn, das du ihm zueignest? Aber, meine Herren, ist denn das nöthig? Er würde es viel- leicht nicht thun, wenn er auch lebte, zumal da er ein spanischer Esel ist, und ich freylich nur ein deutscher Autor bin. Allein ist es denn so schlech- terdings nöthig, daß ein Mäcenat die Schriften liest, die ihm gewidmet werden? Wie viel Mä- cenaten lesen eure Schriften, und noch mehr, wie viel sind im Stande, sie zu verstehn? Jhr macht euch kein Bedenken, denen Gönnern, welche viel- mals kaum ihre Muttersprache gelernt haben, eure Werke, die ihr in ausländischen oder wohl gar in todten Sprachen abgefaßt habt, zu über- reichen, von denen sie doch vielleicht nicht einmal
die
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Zueignungsſchrift.
Was ich hier im voraus angefuͤhrt habe, iſt die gruͤndlichſte Vertheidigung wider einen Ein- wurf, welchen viele machen werden, ſo bald ſie dieſe Zueignungsſchrift erblicken. Einen Eſel zum Maͤcenat! werden ſie ausrufen. Und warum nicht, meine Herren? Bin ich etwan der erſte, der dieſes thut? Oder vermißt ihr nur an meinem Maͤcenat die menſchliche Pracht der Eu- rigen? Seyd nicht ſo ungerecht, zu glauben, daß mein Eſel dieſer Zueignungsſchrift unwuͤrdig ſey, weil ihr ihn fuͤr dumm haltet: Jhr werdet ſelbſt euern Zueignungsſchriften ein trauriges Urtheil ſprechen. Wie viele von euern Maͤcenaten wer- det ihr abſetzen muͤſſen, wenn die Dummheit hin- dert, der Maͤcenat eines Autors zu ſeyn!
Aber wird der Eſel die Zueignungsſchrift leſen? und noch mehr, wird er das Buch verſtehn, das du ihm zueigneſt? Aber, meine Herren, iſt denn das noͤthig? Er wuͤrde es viel- leicht nicht thun, wenn er auch lebte, zumal da er ein ſpaniſcher Eſel iſt, und ich freylich nur ein deutſcher Autor bin. Allein iſt es denn ſo ſchlech- terdings noͤthig, daß ein Maͤcenat die Schriften lieſt, die ihm gewidmet werden? Wie viel Maͤ- cenaten leſen eure Schriften, und noch mehr, wie viel ſind im Stande, ſie zu verſtehn? Jhr macht euch kein Bedenken, denen Goͤnnern, welche viel- mals kaum ihre Mutterſprache gelernt haben, eure Werke, die ihr in auslaͤndiſchen oder wohl gar in todten Sprachen abgefaßt habt, zu uͤber- reichen, von denen ſie doch vielleicht nicht einmal
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Zueignungsſchrift.
Was ich hier im voraus angefuͤhrt habe, iſt
die gruͤndlichſte Vertheidigung wider einen Ein-
wurf, welchen viele machen werden, ſo bald ſie
dieſe Zueignungsſchrift erblicken. Einen Eſel
zum Maͤcenat! werden ſie ausrufen. Und
warum nicht, meine Herren? Bin ich etwan der
erſte, der dieſes thut? Oder vermißt ihr nur an
meinem Maͤcenat die menſchliche Pracht der Eu-
rigen? Seyd nicht ſo ungerecht, zu glauben, daß
mein Eſel dieſer Zueignungsſchrift unwuͤrdig ſey,
weil ihr ihn fuͤr dumm haltet: Jhr werdet ſelbſt
euern Zueignungsſchriften ein trauriges Urtheil
ſprechen. Wie viele von euern Maͤcenaten wer-
det ihr abſetzen muͤſſen, wenn die Dummheit hin-
dert, der Maͤcenat eines Autors zu ſeyn!
Aber wird der Eſel die Zueignungsſchrift
leſen? und noch mehr, wird er das Buch
verſtehn, das du ihm zueigneſt? Aber, meine
Herren, iſt denn das noͤthig? Er wuͤrde es viel-
leicht nicht thun, wenn er auch lebte, zumal da
er ein ſpaniſcher Eſel iſt, und ich freylich nur ein
deutſcher Autor bin. Allein iſt es denn ſo ſchlech-
terdings noͤthig, daß ein Maͤcenat die Schriften
lieſt, die ihm gewidmet werden? Wie viel Maͤ-
cenaten leſen eure Schriften, und noch mehr, wie
viel ſind im Stande, ſie zu verſtehn? Jhr macht
euch kein Bedenken, denen Goͤnnern, welche viel-
mals kaum ihre Mutterſprache gelernt haben,
eure Werke, die ihr in auslaͤndiſchen oder wohl
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/29>, abgerufen am 23.11.2024.
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