durch seinen eignen Fleiß: Aber Gelehrte müsse man durch Hochachtung und Belohnung auf- muntern, da sie gemeiniglich erst von der Nachwelt belohnet würden. Ein Kaufmann, der diese Pflicht versäume, sey des Vermö- gens unwürdig, das sein Fleiß erworben habe. Jch freute mich über diese großmüthigen Gedan- ken, und war dafür so erkenntlich, daß ich diesem rechtschaffenen Patrioten die Warnung ins Ohr sagte: Er möchte es ja nicht wagen, eine solche Meynung in - - - zu äußern, weil er dadurch auf dem ganzen Platze seinen Credit verlieren würde.
Jch werde mich bey diesem Artikel von den Gelehrten noch etwas länger aufhalten. Die Materie ist unerschöpflich.
Wenn es in andern Kreisen so ist, wie bey uns: so wimmelt Deutschland von lächerlichen Geschöpfen, welche sich unter einander Gelehrte nennen, und doch auf diesen so ansehnlichen Titel gar keinen Anspruch weiter haben, als diesen, daß sie keine Handwerksleute sind. Bisher hat man immer geglaubt, daß diese Leute dem Lande, wo nicht zur Last, doch wenigstens unnütze wären. Jch aber bin dieser Meynung niemals gewesen; denn ich habe nachgerechnet, daß allein in - - - die Accise jährlich neunhundert bis tausend Gul- den, nur von Papier, Federn, und Dintenpul- ver gewinnt, welche daselbst consumiret werden.
Desto-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
durch ſeinen eignen Fleiß: Aber Gelehrte muͤſſe man durch Hochachtung und Belohnung auf- muntern, da ſie gemeiniglich erſt von der Nachwelt belohnet wuͤrden. Ein Kaufmann, der dieſe Pflicht verſaͤume, ſey des Vermoͤ- gens unwuͤrdig, das ſein Fleiß erworben habe. Jch freute mich uͤber dieſe großmuͤthigen Gedan- ken, und war dafuͤr ſo erkenntlich, daß ich dieſem rechtſchaffenen Patrioten die Warnung ins Ohr ſagte: Er moͤchte es ja nicht wagen, eine ſolche Meynung in ‒ ‒ ‒ zu aͤußern, weil er dadurch auf dem ganzen Platze ſeinen Credit verlieren wuͤrde.
Jch werde mich bey dieſem Artikel von den Gelehrten noch etwas laͤnger aufhalten. Die Materie iſt unerſchoͤpflich.
Wenn es in andern Kreiſen ſo iſt, wie bey uns: ſo wimmelt Deutſchland von laͤcherlichen Geſchoͤpfen, welche ſich unter einander Gelehrte nennen, und doch auf dieſen ſo anſehnlichen Titel gar keinen Anſpruch weiter haben, als dieſen, daß ſie keine Handwerksleute ſind. Bisher hat man immer geglaubt, daß dieſe Leute dem Lande, wo nicht zur Laſt, doch wenigſtens unnuͤtze waͤren. Jch aber bin dieſer Meynung niemals geweſen; denn ich habe nachgerechnet, daß allein in ‒ ‒ ‒ die Acciſe jaͤhrlich neunhundert bis tauſend Gul- den, nur von Papier, Federn, und Dintenpul- ver gewinnt, welche daſelbſt conſumiret werden.
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
durch ſeinen eignen Fleiß: Aber Gelehrte muͤſſe
man durch Hochachtung und Belohnung auf-
muntern, da ſie gemeiniglich erſt von der
Nachwelt belohnet wuͤrden. Ein Kaufmann,
der dieſe Pflicht verſaͤume, ſey des Vermoͤ-
gens unwuͤrdig, das ſein Fleiß erworben habe.
Jch freute mich uͤber dieſe großmuͤthigen Gedan-
ken, und war dafuͤr ſo erkenntlich, daß ich dieſem
rechtſchaffenen Patrioten die Warnung ins Ohr
ſagte: Er moͤchte es ja nicht wagen, eine ſolche
Meynung in ‒ ‒ ‒ zu aͤußern, weil er dadurch
auf dem ganzen Platze ſeinen Credit verlieren
wuͤrde.
Jch werde mich bey dieſem Artikel von den
Gelehrten noch etwas laͤnger aufhalten. Die
Materie iſt unerſchoͤpflich.
Wenn es in andern Kreiſen ſo iſt, wie bey
uns: ſo wimmelt Deutſchland von laͤcherlichen
Geſchoͤpfen, welche ſich unter einander Gelehrte
nennen, und doch auf dieſen ſo anſehnlichen Titel
gar keinen Anſpruch weiter haben, als dieſen, daß
ſie keine Handwerksleute ſind. Bisher hat man
immer geglaubt, daß dieſe Leute dem Lande, wo
nicht zur Laſt, doch wenigſtens unnuͤtze waͤren.
Jch aber bin dieſer Meynung niemals geweſen;
denn ich habe nachgerechnet, daß allein in ‒ ‒ ‒
die Acciſe jaͤhrlich neunhundert bis tauſend Gul-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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