laufen, worunter diejenigen nicht einmal gerechnet sind, welche dann und wann noch ein leidliches Gedicht machen. Dieses trägt richtig gerechnet, in einem Jahre - - 32930 fl.
Wer diese 5 fl. erlegt hat, und bey den Kunst- richtern gehörige Qvittung vorzeigt, dem soll nie- mand den Titel eines göttlichen Poeten abspre- chen, bey Strafe von 20 Goldgülden Rheinisch.
Wer von ihnen die Gewalt haben will, andre mit Vorlesung seiner Gedichte zu qvälen; der muß diese Gewalt mit Geld erkaufen. Es ist billig, daß die Angst, welche einzelne Personen dabey ausstehen, dem ganzen Lande zu gute kom- me. Umsonst wenigstens können sie nicht verlan- gen, daß man ihnen zuhöre. Für das erste Vor- lesen zahlen sie 2 Stüver; für das zweyte, 4 Stü- ver; und für die dritte Wiederholung, 8 Stüver. Oefter dürfen sie es nicht thun. Die Zuhörer wür- den es in die Länge nicht ausstehen können; und es ist doch gleichwohl billig, daß man bey einer öf- fentlichen Anlage mit darauf sehe, daß wegen des gemeinen Besten einzelne Unterthanen nicht ganz ruiniret werden. Weil nun vermöge der Erfah- rung alle schlechte Poeten ihre Schriften wenigstens dreymal vorlesen: so beträgt diese Anlage 14 Stüver.
Und da nach dem ordentlichen Laufe der Na- tur, ein jeder schlechter Poet das Jahr über, zum wenigsten dreyhundert und fünf und sechzig elende
Gedichte
Antons Panßa von Mancha
laufen, worunter diejenigen nicht einmal gerechnet ſind, welche dann und wann noch ein leidliches Gedicht machen. Dieſes traͤgt richtig gerechnet, in einem Jahre ‒ ‒ 32930 fl.
Wer dieſe 5 fl. erlegt hat, und bey den Kunſt- richtern gehoͤrige Qvittung vorzeigt, dem ſoll nie- mand den Titel eines goͤttlichen Poeten abſpre- chen, bey Strafe von 20 Goldguͤlden Rheiniſch.
Wer von ihnen die Gewalt haben will, andre mit Vorleſung ſeiner Gedichte zu qvaͤlen; der muß dieſe Gewalt mit Geld erkaufen. Es iſt billig, daß die Angſt, welche einzelne Perſonen dabey ausſtehen, dem ganzen Lande zu gute kom- me. Umſonſt wenigſtens koͤnnen ſie nicht verlan- gen, daß man ihnen zuhoͤre. Fuͤr das erſte Vor- leſen zahlen ſie 2 Stuͤver; fuͤr das zweyte, 4 Stuͤ- ver; und fuͤr die dritte Wiederholung, 8 Stuͤver. Oefter duͤrfen ſie es nicht thun. Die Zuhoͤrer wuͤr- den es in die Laͤnge nicht ausſtehen koͤnnen; und es iſt doch gleichwohl billig, daß man bey einer oͤf- fentlichen Anlage mit darauf ſehe, daß wegen des gemeinen Beſten einzelne Unterthanen nicht ganz ruiniret werden. Weil nun vermoͤge der Erfah- rung alle ſchlechte Poeten ihre Schriften wenigſtens dreymal vorleſen: ſo betraͤgt dieſe Anlage 14 Stuͤver.
Und da nach dem ordentlichen Laufe der Na- tur, ein jeder ſchlechter Poet das Jahr uͤber, zum wenigſten dreyhundert und fuͤnf und ſechzig elende
Gedichte
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[312/0334]
Antons Panßa von Mancha
laufen, worunter diejenigen nicht einmal gerechnet
ſind, welche dann und wann noch ein leidliches
Gedicht machen. Dieſes traͤgt richtig gerechnet,
in einem Jahre ‒ ‒ 32930 fl.
Wer dieſe 5 fl. erlegt hat, und bey den Kunſt-
richtern gehoͤrige Qvittung vorzeigt, dem ſoll nie-
mand den Titel eines goͤttlichen Poeten abſpre-
chen, bey Strafe von 20 Goldguͤlden Rheiniſch.
Wer von ihnen die Gewalt haben will, andre
mit Vorleſung ſeiner Gedichte zu qvaͤlen; der
muß dieſe Gewalt mit Geld erkaufen. Es iſt
billig, daß die Angſt, welche einzelne Perſonen
dabey ausſtehen, dem ganzen Lande zu gute kom-
me. Umſonſt wenigſtens koͤnnen ſie nicht verlan-
gen, daß man ihnen zuhoͤre. Fuͤr das erſte Vor-
leſen zahlen ſie 2 Stuͤver; fuͤr das zweyte, 4 Stuͤ-
ver; und fuͤr die dritte Wiederholung, 8 Stuͤver.
Oefter duͤrfen ſie es nicht thun. Die Zuhoͤrer wuͤr-
den es in die Laͤnge nicht ausſtehen koͤnnen; und
es iſt doch gleichwohl billig, daß man bey einer oͤf-
fentlichen Anlage mit darauf ſehe, daß wegen des
gemeinen Beſten einzelne Unterthanen nicht ganz
ruiniret werden. Weil nun vermoͤge der Erfah-
rung alle ſchlechte Poeten ihre Schriften wenigſtens
dreymal vorleſen: ſo betraͤgt dieſe Anlage
14 Stuͤver.
Und da nach dem ordentlichen Laufe der Na-
tur, ein jeder ſchlechter Poet das Jahr uͤber, zum
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/334>, abgerufen am 22.11.2024.
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