bar, und oft wohl umsonst bemühen. Es ist wahr: Die Scherze dieser Narren sind immer nie- drig; aber wie vortheilhaft ist dieses für den Witz mancher Hofleute, die auch scherzen! Wer- fen Sie uns nicht vor, daß ihr Anzug etwas bar- barisches und gothisches an sich habe. Bey uns gehen die Narren buntschaeckig und reden albern. In Frankreich gehen sie schwarz, und plappern die witzige Sprache eines jungen Abbe. In Engel- land hüllen sie sich in einen Frack, und murren politisch: Mit einem Worte, jedes Land hat seine Narren, nur gestehn sie es nicht in allen Laendern. Alle diese Vorzüge unserer deut- schen Hofnarren, und noch hundert andere, übergehe ich mit Stillschweigen, und will nur dieses erinnern, daß sie wegen ihrer privilegir- ten Freyheit, Uebels zu reden, einem Hofstaate ganz unentbehrlich zu seyn scheinen. Der Hofmann muß sich scheuen, Thorheiten zu be- gehen, um ihren oeffentlichen Vorwurf zu ver- meiden; und der Prinz lernt durch dieses Mittel seine Hofleute kennen, die sich sonst so wohl vor ihm zu verstellen wissen. Mit einem Worte; derjenige weise Spruch: Wenn man die Wahrheit nirgends faende, so muß man sie doch bey den Prinzen finden! Dieser weise Spruch, den man so oft hoert, und doch so oft nicht versteht, re- det nur von unsern deutschen Hofnarren!
Welches alles zu erweisen war!
Viel-
bar, und oft wohl umſonſt bemühen. Es iſt wahr: Die Scherze dieſer Narren ſind immer nie- drig; aber wie vortheilhaft iſt dieſes für den Witz mancher Hofleute, die auch ſcherzen! Wer- fen Sie uns nicht vor, daß ihr Anzug etwas bar- bariſches und gothiſches an ſich habe. Bey uns gehen die Narren buntſchaeckig und reden albern. In Frankreich gehen ſie ſchwarz, und plappern die witzige Sprache eines jungen Abbé. In Engel- land hüllen ſie ſich in einen Frack, und murren politiſch: Mit einem Worte, jedes Land hat ſeine Narren, nur geſtehn ſie es nicht in allen Laendern. Alle dieſe Vorzüge unſerer deut- ſchen Hofnarren, und noch hundert andere, übergehe ich mit Stillſchweigen, und will nur dieſes erinnern, daß ſie wegen ihrer privilegir- ten Freyheit, Uebels zu reden, einem Hofſtaate ganz unentbehrlich zu ſeyn ſcheinen. Der Hofmann muß ſich ſcheuen, Thorheiten zu be- gehen, um ihren oeffentlichen Vorwurf zu ver- meiden; und der Prinz lernt durch dieſes Mittel ſeine Hofleute kennen, die ſich ſonſt ſo wohl vor ihm zu verſtellen wiſſen. Mit einem Worte; derjenige weiſe Spruch: Wenn man die Wahrheit nirgends faende, ſo muß man ſie doch bey den Prinzen finden! Dieſer weiſe Spruch, den man ſo oft hoert, und doch ſo oft nicht verſteht, re- det nur von unſern deutſchen Hofnarren!
Welches alles zu erweiſen war!
Viel-
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bar, und oft wohl umſonſt bemühen. Es iſt
wahr: Die Scherze dieſer Narren ſind immer nie-
drig; aber wie vortheilhaft iſt dieſes für den
Witz mancher Hofleute, die auch ſcherzen! Wer-
fen Sie uns nicht vor, daß ihr Anzug etwas bar-
bariſches und gothiſches an ſich habe. Bey uns
gehen die Narren buntſchaeckig und reden albern.
In Frankreich gehen ſie ſchwarz, und plappern die
witzige Sprache eines jungen Abbé. In Engel-
land hüllen ſie ſich in einen Frack, und murren
politiſch: Mit einem Worte, jedes Land hat
ſeine Narren, nur geſtehn ſie es nicht in allen
Laendern. Alle dieſe Vorzüge unſerer deut-
ſchen Hofnarren, und noch hundert andere,
übergehe ich mit Stillſchweigen, und will nur
dieſes erinnern, daß ſie wegen ihrer privilegir-
ten Freyheit, Uebels zu reden, einem Hofſtaate
ganz unentbehrlich zu ſeyn ſcheinen. Der
Hofmann muß ſich ſcheuen, Thorheiten zu be-
gehen, um ihren oeffentlichen Vorwurf zu ver-
meiden; und der Prinz lernt durch dieſes Mittel
ſeine Hofleute kennen, die ſich ſonſt ſo wohl
vor ihm zu verſtellen wiſſen. Mit einem Worte;
derjenige weiſe Spruch: Wenn man die Wahrheit
nirgends faende, ſo muß man ſie doch bey den
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/452>, abgerufen am 26.06.2024.
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