Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite



ten herumschleiche, Unschuldige zu laestern, sey
weit gefaehrlicher, als jener, der uns den ver-
borgenen Dolch in die Brust stoeßt; die ab-
scheulichsten Verbrechen - - -

Gut, meine Herren! ich verstehe alles, was
Sie sagen wollen! Ich koennte Sie widerlegen;
aber ich sehe an meiner Uhr, daß ich schon eine
Minute laenger geredet habe, als es die Gesetze
der Academie erlauben. Ich würde noch eine
halbe Stunde Zeit noethig haben, Ihnen Ihren
Irrthum zu benehmen; aber darüber würde ich
den aufgesetzten Preis verlieren. Glauben Sie
denn, daß ein Philosoph um deßwillen schreibt,
damit er Wahrheiten ausfindig mache? Er schreibt,
um bezahlt zu werden: Und ich, meine
Herren, ich bin ein Philosoph!



REAL-



ten herumſchleiche, Unſchuldige zu laeſtern, ſey
weit gefaehrlicher, als jener, der uns den ver-
borgenen Dolch in die Bruſt ſtoeßt; die ab-
ſcheulichſten Verbrechen ‒ ‒ ‒

Gut, meine Herren! ich verſtehe alles, was
Sie ſagen wollen! Ich koennte Sie widerlegen;
aber ich ſehe an meiner Uhr, daß ich ſchon eine
Minute laenger geredet habe, als es die Geſetze
der Academie erlauben. Ich würde noch eine
halbe Stunde Zeit noethig haben, Ihnen Ihren
Irrthum zu benehmen; aber darüber würde ich
den aufgeſetzten Preis verlieren. Glauben Sie
denn, daß ein Philoſoph um deßwillen ſchreibt,
damit er Wahrheiten ausfindig mache? Er ſchreibt,
um bezahlt zu werden: Und ich, meine
Herren, ich bin ein Philoſoph!



REAL-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0454" n="432"/>
            <fw place="top" type="header">
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            </fw> <hi rendition="#aq">ten herum&#x017F;chleiche, Un&#x017F;chuldige zu lae&#x017F;tern, &#x017F;ey<lb/>
weit gefaehrlicher, als jener, der uns den ver-<lb/>
borgenen Dolch in die Bru&#x017F;t &#x017F;toeßt; die ab-<lb/>
&#x017F;cheulich&#x017F;ten Verbrechen &#x2012; &#x2012; &#x2012;</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Gut, meine Herren! ich ver&#x017F;tehe alles, was<lb/>
Sie &#x017F;agen wollen! Ich koennte Sie widerlegen;<lb/>
aber ich &#x017F;ehe an meiner Uhr, daß ich &#x017F;chon eine<lb/>
Minute laenger geredet habe, als es die Ge&#x017F;etze<lb/>
der Academie erlauben. Ich würde noch eine<lb/>
halbe Stunde Zeit noethig haben, Ihnen Ihren<lb/>
Irrthum zu benehmen; aber darüber würde ich<lb/>
den aufge&#x017F;etzten Preis verlieren. Glauben Sie<lb/>
denn, daß ein Philo&#x017F;oph um deßwillen &#x017F;chreibt,<lb/>
damit er Wahrheiten ausfindig mache? Er &#x017F;chreibt,<lb/><hi rendition="#c">um bezahlt zu werden: Und ich, meine<lb/>
Herren, ich bin ein Philo&#x017F;oph!</hi></hi> </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">REAL-</hi> </hi> </hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0454] ten herumſchleiche, Unſchuldige zu laeſtern, ſey weit gefaehrlicher, als jener, der uns den ver- borgenen Dolch in die Bruſt ſtoeßt; die ab- ſcheulichſten Verbrechen ‒ ‒ ‒ Gut, meine Herren! ich verſtehe alles, was Sie ſagen wollen! Ich koennte Sie widerlegen; aber ich ſehe an meiner Uhr, daß ich ſchon eine Minute laenger geredet habe, als es die Geſetze der Academie erlauben. Ich würde noch eine halbe Stunde Zeit noethig haben, Ihnen Ihren Irrthum zu benehmen; aber darüber würde ich den aufgeſetzten Preis verlieren. Glauben Sie denn, daß ein Philoſoph um deßwillen ſchreibt, damit er Wahrheiten ausfindig mache? Er ſchreibt, um bezahlt zu werden: Und ich, meine Herren, ich bin ein Philoſoph! REAL-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/454
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/454>, abgerufen am 22.11.2024.