die Lust zum Tode angenehm machen wollen! Er findet sie todt. Wie leicht ist ihm das Herz! Er schickt noch diesen Abend zu Agnesen,(25) die er seit einigen Jahren mehr geliebt hat, als seine Frau, und läßt ihr den Tod der letztern melden. Agnese versteht diese Botschaft, und freut sich; und Polidor freut sich noch mehr, da er nun keine Hinderung weiter sieht, Agnesen öffentlich für sei- ne Frau zu erkennen. Was für aufrichtige Thrä- nen würde itzo Polidor über den Tod seiner recht- schaffenen und unglücklichen Frau vergießen, wenn er wissen sollte, daß ihn heute über ein Jahr, um eben diese Zeit, seine göttliche Agnese bey den Haa- ren zum Zimmer hinausschleppen wird, weil er sie in ihrer Einsamkeit mit einem Kaufmannsdie- ner stören wolte, dessen Glück sie, durch das Geld ihres Mannes, zu machen denkt!
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Florinde(26) war auch auf den Ball gebeten; aber sie begräbt diesen Abend ihren alten Mann. Sie geht hinter seinem Sarge weit vergnügter, als sie hier in dieser muntern Gesellschaft tanzen wür- de, wenn ihr Mann noch lebte. Sie hat in drey Jahren viel mit ihm ausgestanden; aber er liebte sie aufrichtig, und zum Beweise seiner Liebe setzte er sie zum einzigen Erben ein. Nunmehr theilt sie ihre Reichthümer mit dem Herrn Lieutenant
von
(25) Wie gesagt: AgnEsen.
(26)N - - a, welche dort so vergnügt unter ihrem Flore lacht.
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Zweytes Buch.
die Luſt zum Tode angenehm machen wollen! Er findet ſie todt. Wie leicht iſt ihm das Herz! Er ſchickt noch dieſen Abend zu Agneſen,(25) die er ſeit einigen Jahren mehr geliebt hat, als ſeine Frau, und laͤßt ihr den Tod der letztern melden. Agneſe verſteht dieſe Botſchaft, und freut ſich; und Polidor freut ſich noch mehr, da er nun keine Hinderung weiter ſieht, Agneſen oͤffentlich fuͤr ſei- ne Frau zu erkennen. Was fuͤr aufrichtige Thraͤ- nen wuͤrde itzo Polidor uͤber den Tod ſeiner recht- ſchaffenen und ungluͤcklichen Frau vergießen, wenn er wiſſen ſollte, daß ihn heute uͤber ein Jahr, um eben dieſe Zeit, ſeine goͤttliche Agneſe bey den Haa- ren zum Zimmer hinausſchleppen wird, weil er ſie in ihrer Einſamkeit mit einem Kaufmannsdie- ner ſtoͤren wolte, deſſen Gluͤck ſie, durch das Geld ihres Mannes, zu machen denkt!
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Florinde(26) war auch auf den Ball gebeten; aber ſie begraͤbt dieſen Abend ihren alten Mann. Sie geht hinter ſeinem Sarge weit vergnuͤgter, als ſie hier in dieſer muntern Geſellſchaft tanzen wuͤr- de, wenn ihr Mann noch lebte. Sie hat in drey Jahren viel mit ihm ausgeſtanden; aber er liebte ſie aufrichtig, und zum Beweiſe ſeiner Liebe ſetzte er ſie zum einzigen Erben ein. Nunmehr theilt ſie ihre Reichthuͤmer mit dem Herrn Lieutenant
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(25) Wie geſagt: AgnEſen.
(26)N ‒ ‒ a, welche dort ſo vergnuͤgt unter ihrem Flore lacht.
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[519[517]/0541]
Zweytes Buch.
die Luſt zum Tode angenehm machen wollen! Er
findet ſie todt. Wie leicht iſt ihm das Herz! Er
ſchickt noch dieſen Abend zu Agneſen, (25) die er
ſeit einigen Jahren mehr geliebt hat, als ſeine
Frau, und laͤßt ihr den Tod der letztern melden.
Agneſe verſteht dieſe Botſchaft, und freut ſich;
und Polidor freut ſich noch mehr, da er nun keine
Hinderung weiter ſieht, Agneſen oͤffentlich fuͤr ſei-
ne Frau zu erkennen. Was fuͤr aufrichtige Thraͤ-
nen wuͤrde itzo Polidor uͤber den Tod ſeiner recht-
ſchaffenen und ungluͤcklichen Frau vergießen, wenn
er wiſſen ſollte, daß ihn heute uͤber ein Jahr, um
eben dieſe Zeit, ſeine goͤttliche Agneſe bey den Haa-
ren zum Zimmer hinausſchleppen wird, weil er
ſie in ihrer Einſamkeit mit einem Kaufmannsdie-
ner ſtoͤren wolte, deſſen Gluͤck ſie, durch das Geld
ihres Mannes, zu machen denkt!
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Florinde (26) war auch auf den Ball gebeten;
aber ſie begraͤbt dieſen Abend ihren alten Mann.
Sie geht hinter ſeinem Sarge weit vergnuͤgter, als
ſie hier in dieſer muntern Geſellſchaft tanzen wuͤr-
de, wenn ihr Mann noch lebte. Sie hat in drey
Jahren viel mit ihm ausgeſtanden; aber er liebte
ſie aufrichtig, und zum Beweiſe ſeiner Liebe ſetzte
er ſie zum einzigen Erben ein. Nunmehr theilt
ſie ihre Reichthuͤmer mit dem Herrn Lieutenant
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 519[517]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/541>, abgerufen am 22.11.2024.
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