Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
der Aemter verfahren. Aber man darf nur den-
ken, daß sie überzeugt sind: Wem Gott das Amt
giebt, dem giebt er auch den Verstand: so ist die-
ser Widerspruch gehoben. Sie können dieses mit
einer desto gewissern Zuversicht hoffen, da sie an
ihren eigenen Personen ein so erstaunendes Wun-
der erfahren, und nach dem glaubwürdigen Zeug-
nisse aller ihrer demüthigen Clienten gegenwärtig
die verständigsten Männer, die weisesten Väter
der Stadt sind, ungeachtet sie vor der Erlangung
ihres Amts die unverständigsten Narren waren.
Diese wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine
wahre Freudigkeit, so oft sie ein Amt besetzen
müssen.

Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger
ist, als das Amt eines Seelsorgers. Die üble
Besetzung eines solchen Amtes kann eine ganze Ge-
meine unglücklich machen, und das Verderben von
mehr als einer Nachkommenschaft nach sich ziehen.
Wenigstens würde ich sehr unruhig seyn, wenn
ich für die Besetzung eines solchen Amtes sorgen
sollte. Aber wie glücklich sind nicht diejenigen,
welche sich darauf verlassen, daß der Verstand sich
schon mit dem Amte finden werde!

Jch habe vor wenigen Tagen das Schicksal
gehabt, einer Priesterwahl auf dem Lande beyzu-
wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit
das Unglück erfahren, daß ihm sein Pfarrer, und
bald darauf, welches noch weit wichtiger war,
sein Schäfer gestorben war. Einen guten Schäfer

zu

Antons Panßa von Mancha
der Aemter verfahren. Aber man darf nur den-
ken, daß ſie uͤberzeugt ſind: Wem Gott das Amt
giebt, dem giebt er auch den Verſtand: ſo iſt die-
ſer Widerſpruch gehoben. Sie koͤnnen dieſes mit
einer deſto gewiſſern Zuverſicht hoffen, da ſie an
ihren eigenen Perſonen ein ſo erſtaunendes Wun-
der erfahren, und nach dem glaubwuͤrdigen Zeug-
niſſe aller ihrer demuͤthigen Clienten gegenwaͤrtig
die verſtaͤndigſten Maͤnner, die weiſeſten Vaͤter
der Stadt ſind, ungeachtet ſie vor der Erlangung
ihres Amts die unverſtaͤndigſten Narren waren.
Dieſe wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine
wahre Freudigkeit, ſo oft ſie ein Amt beſetzen
muͤſſen.

Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger
iſt, als das Amt eines Seelſorgers. Die uͤble
Beſetzung eines ſolchen Amtes kann eine ganze Ge-
meine ungluͤcklich machen, und das Verderben von
mehr als einer Nachkommenſchaft nach ſich ziehen.
Wenigſtens wuͤrde ich ſehr unruhig ſeyn, wenn
ich fuͤr die Beſetzung eines ſolchen Amtes ſorgen
ſollte. Aber wie gluͤcklich ſind nicht diejenigen,
welche ſich darauf verlaſſen, daß der Verſtand ſich
ſchon mit dem Amte finden werde!

Jch habe vor wenigen Tagen das Schickſal
gehabt, einer Prieſterwahl auf dem Lande beyzu-
wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit
das Ungluͤck erfahren, daß ihm ſein Pfarrer, und
bald darauf, welches noch weit wichtiger war,
ſein Schaͤfer geſtorben war. Einen guten Schaͤfer

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
der Aemter verfahren. Aber man darf nur den-<lb/>
ken, daß &#x017F;ie u&#x0364;berzeugt &#x017F;ind: Wem Gott das Amt<lb/>
giebt, dem giebt er auch den Ver&#x017F;tand: &#x017F;o i&#x017F;t die-<lb/>
&#x017F;er Wider&#x017F;pruch gehoben. Sie ko&#x0364;nnen die&#x017F;es mit<lb/>
einer de&#x017F;to gewi&#x017F;&#x017F;ern Zuver&#x017F;icht hoffen, da &#x017F;ie an<lb/>
ihren eigenen Per&#x017F;onen ein &#x017F;o er&#x017F;taunendes Wun-<lb/>
der erfahren, und nach dem glaubwu&#x0364;rdigen Zeug-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e aller ihrer demu&#x0364;thigen Clienten gegenwa&#x0364;rtig<lb/>
die ver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten Ma&#x0364;nner, die wei&#x017F;e&#x017F;ten Va&#x0364;ter<lb/>
der Stadt &#x017F;ind, ungeachtet &#x017F;ie vor der Erlangung<lb/>
ihres Amts die unver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten Narren waren.<lb/>
Die&#x017F;e wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine<lb/>
wahre Freudigkeit, &#x017F;o oft &#x017F;ie ein Amt be&#x017F;etzen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger<lb/>
i&#x017F;t, als das Amt eines Seel&#x017F;orgers. Die u&#x0364;ble<lb/>
Be&#x017F;etzung eines &#x017F;olchen Amtes kann eine ganze Ge-<lb/>
meine unglu&#x0364;cklich machen, und das Verderben von<lb/>
mehr als einer Nachkommen&#x017F;chaft nach &#x017F;ich ziehen.<lb/>
Wenig&#x017F;tens wu&#x0364;rde ich &#x017F;ehr unruhig &#x017F;eyn, wenn<lb/>
ich fu&#x0364;r die Be&#x017F;etzung eines &#x017F;olchen Amtes &#x017F;orgen<lb/>
&#x017F;ollte. Aber wie glu&#x0364;cklich &#x017F;ind nicht diejenigen,<lb/>
welche &#x017F;ich darauf verla&#x017F;&#x017F;en, daß der Ver&#x017F;tand &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chon mit dem Amte finden werde!</p><lb/>
          <p>Jch habe vor wenigen Tagen das Schick&#x017F;al<lb/>
gehabt, einer Prie&#x017F;terwahl auf dem Lande beyzu-<lb/>
wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit<lb/>
das Unglu&#x0364;ck erfahren, daß ihm &#x017F;ein Pfarrer, und<lb/>
bald darauf, welches noch weit wichtiger war,<lb/>
&#x017F;ein Scha&#x0364;fer ge&#x017F;torben war. Einen guten Scha&#x0364;fer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0056] Antons Panßa von Mancha der Aemter verfahren. Aber man darf nur den- ken, daß ſie uͤberzeugt ſind: Wem Gott das Amt giebt, dem giebt er auch den Verſtand: ſo iſt die- ſer Widerſpruch gehoben. Sie koͤnnen dieſes mit einer deſto gewiſſern Zuverſicht hoffen, da ſie an ihren eigenen Perſonen ein ſo erſtaunendes Wun- der erfahren, und nach dem glaubwuͤrdigen Zeug- niſſe aller ihrer demuͤthigen Clienten gegenwaͤrtig die verſtaͤndigſten Maͤnner, die weiſeſten Vaͤter der Stadt ſind, ungeachtet ſie vor der Erlangung ihres Amts die unverſtaͤndigſten Narren waren. Dieſe wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine wahre Freudigkeit, ſo oft ſie ein Amt beſetzen muͤſſen. Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger iſt, als das Amt eines Seelſorgers. Die uͤble Beſetzung eines ſolchen Amtes kann eine ganze Ge- meine ungluͤcklich machen, und das Verderben von mehr als einer Nachkommenſchaft nach ſich ziehen. Wenigſtens wuͤrde ich ſehr unruhig ſeyn, wenn ich fuͤr die Beſetzung eines ſolchen Amtes ſorgen ſollte. Aber wie gluͤcklich ſind nicht diejenigen, welche ſich darauf verlaſſen, daß der Verſtand ſich ſchon mit dem Amte finden werde! Jch habe vor wenigen Tagen das Schickſal gehabt, einer Prieſterwahl auf dem Lande beyzu- wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit das Ungluͤck erfahren, daß ihm ſein Pfarrer, und bald darauf, welches noch weit wichtiger war, ſein Schaͤfer geſtorben war. Einen guten Schaͤfer zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/56
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/56>, abgerufen am 21.11.2024.