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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
mäßig, daß ich den Kirchenpatron im Verdacht
hielt, er habe aus einem leichtsinnigen Scherze sei-
nen Reitknecht verkleidet, und der Gemeine vor-
gestellt. Jch sagte ihm meinen Zweifel. Allein
er lachte mit solcher Heftigkeit über mich, daß ihm
der Bauch schütterte. Mein Reitknecht? sagte
er endlich. Zerreiß mich der Teufel, wenn es nicht
mein Jnformator ist! Er ist Magister und nicht
ungeschickt. Er will noch heuer ein Gesangbuch für
mein Dorf zusammen drucken lassen, und es mei-
ner Gemahlinn zueignen. Es ist ein guter Narr;
ich wollte Holz auf ihm hacken. Ein vortreffli-
cher Charakter, dachte ich bey mir selbst, und
schwieg ganz beschämt still. Jch hörte ihm zu,
weil ich sonst nichts zu hören hatte, und hielt bey
seinem albernen Gewäsche eine Stunde lang ge-
duldig aus. Jch getraue mir indessen ohne Ei-
genruhm zu behaupten, daß dasjenige, was mein
lieber Urältervater, Sancho Panßa, mit seinem
Esel geredet hat, weit vernünftiger gewesen ist,
als dieses neuen Seelsorgers heilige Rede an seine
Gemeine war. Wir eilten aus der Kirche aufs
Schloß. So gleich stellte sich unser Seelenhirt
auch ein, und das erste Compliment, das ihm der
gnädige Herr zum Glückwunsche bey dem Ein-
tritte in die Stube machte, war, daß er sagte:
Komm er, komm er, Herr Magister, trink er
das Glas Brandtwein, es ist ihm sauer gewor-
den; aber er hat auch, der Teufel hole mich! ge-
predigt wie ein Superintendent. Nur das ver-
fluchte Schmälen gewöhne er sich ab, das leide

ich

Antons Panßa von Mancha
maͤßig, daß ich den Kirchenpatron im Verdacht
hielt, er habe aus einem leichtſinnigen Scherze ſei-
nen Reitknecht verkleidet, und der Gemeine vor-
geſtellt. Jch ſagte ihm meinen Zweifel. Allein
er lachte mit ſolcher Heftigkeit uͤber mich, daß ihm
der Bauch ſchuͤtterte. Mein Reitknecht? ſagte
er endlich. Zerreiß mich der Teufel, wenn es nicht
mein Jnformator iſt! Er iſt Magiſter und nicht
ungeſchickt. Er will noch heuer ein Geſangbuch fuͤr
mein Dorf zuſammen drucken laſſen, und es mei-
ner Gemahlinn zueignen. Es iſt ein guter Narr;
ich wollte Holz auf ihm hacken. Ein vortreffli-
cher Charakter, dachte ich bey mir ſelbſt, und
ſchwieg ganz beſchaͤmt ſtill. Jch hoͤrte ihm zu,
weil ich ſonſt nichts zu hoͤren hatte, und hielt bey
ſeinem albernen Gewaͤſche eine Stunde lang ge-
duldig aus. Jch getraue mir indeſſen ohne Ei-
genruhm zu behaupten, daß dasjenige, was mein
lieber Uraͤltervater, Sancho Panßa, mit ſeinem
Eſel geredet hat, weit vernuͤnftiger geweſen iſt,
als dieſes neuen Seelſorgers heilige Rede an ſeine
Gemeine war. Wir eilten aus der Kirche aufs
Schloß. So gleich ſtellte ſich unſer Seelenhirt
auch ein, und das erſte Compliment, das ihm der
gnaͤdige Herr zum Gluͤckwunſche bey dem Ein-
tritte in die Stube machte, war, daß er ſagte:
Komm er, komm er, Herr Magiſter, trink er
das Glas Brandtwein, es iſt ihm ſauer gewor-
den; aber er hat auch, der Teufel hole mich! ge-
predigt wie ein Superintendent. Nur das ver-
fluchte Schmaͤlen gewoͤhne er ſich ab, das leide

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[36/0058] Antons Panßa von Mancha maͤßig, daß ich den Kirchenpatron im Verdacht hielt, er habe aus einem leichtſinnigen Scherze ſei- nen Reitknecht verkleidet, und der Gemeine vor- geſtellt. Jch ſagte ihm meinen Zweifel. Allein er lachte mit ſolcher Heftigkeit uͤber mich, daß ihm der Bauch ſchuͤtterte. Mein Reitknecht? ſagte er endlich. Zerreiß mich der Teufel, wenn es nicht mein Jnformator iſt! Er iſt Magiſter und nicht ungeſchickt. Er will noch heuer ein Geſangbuch fuͤr mein Dorf zuſammen drucken laſſen, und es mei- ner Gemahlinn zueignen. Es iſt ein guter Narr; ich wollte Holz auf ihm hacken. Ein vortreffli- cher Charakter, dachte ich bey mir ſelbſt, und ſchwieg ganz beſchaͤmt ſtill. Jch hoͤrte ihm zu, weil ich ſonſt nichts zu hoͤren hatte, und hielt bey ſeinem albernen Gewaͤſche eine Stunde lang ge- duldig aus. Jch getraue mir indeſſen ohne Ei- genruhm zu behaupten, daß dasjenige, was mein lieber Uraͤltervater, Sancho Panßa, mit ſeinem Eſel geredet hat, weit vernuͤnftiger geweſen iſt, als dieſes neuen Seelſorgers heilige Rede an ſeine Gemeine war. Wir eilten aus der Kirche aufs Schloß. So gleich ſtellte ſich unſer Seelenhirt auch ein, und das erſte Compliment, das ihm der gnaͤdige Herr zum Gluͤckwunſche bey dem Ein- tritte in die Stube machte, war, daß er ſagte: Komm er, komm er, Herr Magiſter, trink er das Glas Brandtwein, es iſt ihm ſauer gewor- den; aber er hat auch, der Teufel hole mich! ge- predigt wie ein Superintendent. Nur das ver- fluchte Schmaͤlen gewoͤhne er ſich ab, das leide ich

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/58>, abgerufen am 24.11.2024.