einzige von seinen Freunden seyn, der ihn be- dauert.
Jch habe Unrecht gethan, daß ich die herum- irrenden Goldmacher für Betrüger angesehen, die sich von der Leichtgläubigkeit derer ernähren, die von ihren hungrigen und bettelnden Händen Reich- thümer hoffen. Warum giebt man ihnen den verhaßten Namen eines Betrügers, da sie nichts thun, als was man in den artigsten und ansehn- lichsten Gesellschaften täglich thut, da sie näm- lich nur andern etwas versprechen, das sie nicht halten können, da sie andre etwas lehren wollen, das sie selbst nicht verstehen, und da sie von ihrer Unwissenheit, und der Leichtgläubigkeit anderer sich ein wollüstiges und beqvemes Leben zu ver- schaffen wissen? Jhro Gnaden borgen, sie verspre- chen Jnteressen zu geben, das Capital richtig wie- der zu bezahlen, sie nehmen dabey Gott zu Hülfe, und noch über dieses thun sie ihren treuherzigen Gläubigern tausend gnädige Versicherungen: Aber Jhro Gnaden bezahlen weder Jnteressen, noch Ca- pital; die gnädigen Versicherungen verwandeln sich in einen unversöhnlichen Haß, sobald der Gläubiger ungesittet genug ist, sein Geld wieder zu fodern. Der treuherzige Thor, welcher so viel von der Gnade seines Schuldners hoffte, büßt sei- ne Hoffnung, und sein baares Geld ein. Jch will ihm nicht rathen, daß er so verwegen sey, seinen Schuldner das zu nennen, was er ist: Wenn er mir folgen will, so soll er hingehen, ihm die We-
ste
und Ehrenerklaͤrung.
einzige von ſeinen Freunden ſeyn, der ihn be- dauert.
Jch habe Unrecht gethan, daß ich die herum- irrenden Goldmacher fuͤr Betruͤger angeſehen, die ſich von der Leichtglaͤubigkeit derer ernaͤhren, die von ihren hungrigen und bettelnden Haͤnden Reich- thuͤmer hoffen. Warum giebt man ihnen den verhaßten Namen eines Betruͤgers, da ſie nichts thun, als was man in den artigſten und anſehn- lichſten Geſellſchaften taͤglich thut, da ſie naͤm- lich nur andern etwas verſprechen, das ſie nicht halten koͤnnen, da ſie andre etwas lehren wollen, das ſie ſelbſt nicht verſtehen, und da ſie von ihrer Unwiſſenheit, und der Leichtglaͤubigkeit anderer ſich ein wolluͤſtiges und beqvemes Leben zu ver- ſchaffen wiſſen? Jhro Gnaden borgen, ſie verſpre- chen Jntereſſen zu geben, das Capital richtig wie- der zu bezahlen, ſie nehmen dabey Gott zu Huͤlfe, und noch uͤber dieſes thun ſie ihren treuherzigen Glaͤubigern tauſend gnaͤdige Verſicherungen: Aber Jhro Gnaden bezahlen weder Jntereſſen, noch Ca- pital; die gnaͤdigen Verſicherungen verwandeln ſich in einen unverſoͤhnlichen Haß, ſobald der Glaͤubiger ungeſittet genug iſt, ſein Geld wieder zu fodern. Der treuherzige Thor, welcher ſo viel von der Gnade ſeines Schuldners hoffte, buͤßt ſei- ne Hoffnung, und ſein baares Geld ein. Jch will ihm nicht rathen, daß er ſo verwegen ſey, ſeinen Schuldner das zu nennen, was er iſt: Wenn er mir folgen will, ſo ſoll er hingehen, ihm die We-
ſte
<TEI><text><back><divn="1"><p><pbfacs="#f0597"n="575[573]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Ehrenerklaͤrung.</hi></fw><lb/>
einzige von ſeinen Freunden ſeyn, der ihn be-<lb/>
dauert.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch habe Unrecht gethan, daß ich die <hirendition="#fr">herum-<lb/>
irrenden Goldmacher</hi> fuͤr Betruͤger angeſehen, die<lb/>ſich von der Leichtglaͤubigkeit derer ernaͤhren, die<lb/>
von ihren hungrigen und bettelnden Haͤnden Reich-<lb/>
thuͤmer hoffen. Warum giebt man ihnen den<lb/>
verhaßten Namen eines Betruͤgers, da ſie nichts<lb/>
thun, als was man in den artigſten und anſehn-<lb/>
lichſten Geſellſchaften taͤglich thut, da ſie naͤm-<lb/>
lich nur andern etwas verſprechen, das ſie nicht<lb/>
halten koͤnnen, da ſie andre etwas lehren wollen,<lb/>
das ſie ſelbſt nicht verſtehen, und da ſie von ihrer<lb/>
Unwiſſenheit, und der Leichtglaͤubigkeit anderer<lb/>ſich ein wolluͤſtiges und beqvemes Leben zu ver-<lb/>ſchaffen wiſſen? Jhro Gnaden borgen, ſie verſpre-<lb/>
chen Jntereſſen zu geben, das Capital richtig wie-<lb/>
der zu bezahlen, ſie nehmen dabey Gott zu Huͤlfe,<lb/>
und noch uͤber dieſes thun ſie ihren treuherzigen<lb/>
Glaͤubigern tauſend gnaͤdige Verſicherungen: Aber<lb/>
Jhro Gnaden bezahlen weder Jntereſſen, noch Ca-<lb/>
pital; die gnaͤdigen Verſicherungen verwandeln<lb/>ſich in einen unverſoͤhnlichen Haß, ſobald der<lb/>
Glaͤubiger ungeſittet genug iſt, ſein Geld wieder<lb/>
zu fodern. Der treuherzige Thor, welcher ſo viel<lb/>
von der Gnade ſeines Schuldners hoffte, buͤßt ſei-<lb/>
ne Hoffnung, und ſein baares Geld ein. Jch will<lb/>
ihm nicht rathen, daß er ſo verwegen ſey, ſeinen<lb/>
Schuldner das zu nennen, was er iſt: Wenn er<lb/>
mir folgen will, ſo ſoll er hingehen, ihm die We-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſte</fw><lb/></p></div></back></text></TEI>
[575[573]/0597]
und Ehrenerklaͤrung.
einzige von ſeinen Freunden ſeyn, der ihn be-
dauert.
Jch habe Unrecht gethan, daß ich die herum-
irrenden Goldmacher fuͤr Betruͤger angeſehen, die
ſich von der Leichtglaͤubigkeit derer ernaͤhren, die
von ihren hungrigen und bettelnden Haͤnden Reich-
thuͤmer hoffen. Warum giebt man ihnen den
verhaßten Namen eines Betruͤgers, da ſie nichts
thun, als was man in den artigſten und anſehn-
lichſten Geſellſchaften taͤglich thut, da ſie naͤm-
lich nur andern etwas verſprechen, das ſie nicht
halten koͤnnen, da ſie andre etwas lehren wollen,
das ſie ſelbſt nicht verſtehen, und da ſie von ihrer
Unwiſſenheit, und der Leichtglaͤubigkeit anderer
ſich ein wolluͤſtiges und beqvemes Leben zu ver-
ſchaffen wiſſen? Jhro Gnaden borgen, ſie verſpre-
chen Jntereſſen zu geben, das Capital richtig wie-
der zu bezahlen, ſie nehmen dabey Gott zu Huͤlfe,
und noch uͤber dieſes thun ſie ihren treuherzigen
Glaͤubigern tauſend gnaͤdige Verſicherungen: Aber
Jhro Gnaden bezahlen weder Jntereſſen, noch Ca-
pital; die gnaͤdigen Verſicherungen verwandeln
ſich in einen unverſoͤhnlichen Haß, ſobald der
Glaͤubiger ungeſittet genug iſt, ſein Geld wieder
zu fodern. Der treuherzige Thor, welcher ſo viel
von der Gnade ſeines Schuldners hoffte, buͤßt ſei-
ne Hoffnung, und ſein baares Geld ein. Jch will
ihm nicht rathen, daß er ſo verwegen ſey, ſeinen
Schuldner das zu nennen, was er iſt: Wenn er
mir folgen will, ſo ſoll er hingehen, ihm die We-
ſte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 575[573]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/597>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.