[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.und Ehrenerklärung. den Frauenzimmern solches ernstlich zu verbieten,da sie, als Frauenzimmer, gewohnt sind, dasjenige am eifrigsten zu thun, was ihnen am schärfsten ver- boten wird: so wissen wir sie schon durch andere Beschäfftigungen zu zerstreuen. Jn vorigen Zei- ten ließ man sie für den größten Theil der Wirth- schaft sorgen, und übergab ihnen die Erziehung der Kinder; und diese zwo Beschäfftigungen wa- ren weitläuftig genug, sie von der gelehrten Neu- gierde abzuhalten. Da in neuern Zeiten die mei- sten unsrer Weiber auf den beqvemen Einfall ka- men, die Last der Wirthschaft, und der Kinder- zucht auf ihre niedrigsten Bedienten zu legen: so waren die Männer so sinnreich, ihnen Tonnen vorzuwerfen, mit denen sie sich ber ihrem Müßig- gange beschäfftigen sollten. Man gab ihnen bunte Karten in die Hände, und war so glücklich, ihnen diesen Zeitvertreib so angenehm zu machen, daß sie gar keine Bücher weiter, als diese, ver- langten, und daß viele von ihnen ganz außer Stande waren, bey einer andern Gelegenheit, als beym Spielen, zu denken. Durch eine übertrie- bene Schmeicheley über ihre Schönheit, brachte man ihnen von ihrer ersten Jugend an die eiteln Begriffe bey, daß ihr ganzer Werth nur in der Schönheit bestehe. Die Folge davon war natürlich: Jhre Bemühung zog sich von allen andern Beschäffti- gungen ganz ab, und gieng bloß auf die Erhal- tung dieses Vorzugs. Weil aber doch die Manns- personen nicht im Stande waren, bey allen Frauen- zimmern P p 3
und Ehrenerklaͤrung. den Frauenzimmern ſolches ernſtlich zu verbieten,da ſie, als Frauenzimmer, gewohnt ſind, dasjenige am eifrigſten zu thun, was ihnen am ſchaͤrfſten ver- boten wird: ſo wiſſen wir ſie ſchon durch andere Beſchaͤfftigungen zu zerſtreuen. Jn vorigen Zei- ten ließ man ſie fuͤr den groͤßten Theil der Wirth- ſchaft ſorgen, und uͤbergab ihnen die Erziehung der Kinder; und dieſe zwo Beſchaͤfftigungen wa- ren weitlaͤuftig genug, ſie von der gelehrten Neu- gierde abzuhalten. Da in neuern Zeiten die mei- ſten unſrer Weiber auf den beqvemen Einfall ka- men, die Laſt der Wirthſchaft, und der Kinder- zucht auf ihre niedrigſten Bedienten zu legen: ſo waren die Maͤnner ſo ſinnreich, ihnen Tonnen vorzuwerfen, mit denen ſie ſich ber ihrem Muͤßig- gange beſchaͤfftigen ſollten. Man gab ihnen bunte Karten in die Haͤnde, und war ſo gluͤcklich, ihnen dieſen Zeitvertreib ſo angenehm zu machen, daß ſie gar keine Buͤcher weiter, als dieſe, ver- langten, und daß viele von ihnen ganz außer Stande waren, bey einer andern Gelegenheit, als beym Spielen, zu denken. Durch eine uͤbertrie- bene Schmeicheley uͤber ihre Schoͤnheit, brachte man ihnen von ihrer erſten Jugend an die eiteln Begriffe bey, daß ihr ganzer Werth nur in der Schoͤnheit beſtehe. Die Folge davon war natuͤrlich: Jhre Bemuͤhung zog ſich von allen andern Beſchaͤffti- gungen ganz ab, und gieng bloß auf die Erhal- tung dieſes Vorzugs. Weil aber doch die Manns- perſonen nicht im Stande waren, bey allen Frauen- zimmern P p 3
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und Ehrenerklaͤrung.
den Frauenzimmern ſolches ernſtlich zu verbieten,
da ſie, als Frauenzimmer, gewohnt ſind, dasjenige
am eifrigſten zu thun, was ihnen am ſchaͤrfſten ver-
boten wird: ſo wiſſen wir ſie ſchon durch andere
Beſchaͤfftigungen zu zerſtreuen. Jn vorigen Zei-
ten ließ man ſie fuͤr den groͤßten Theil der Wirth-
ſchaft ſorgen, und uͤbergab ihnen die Erziehung
der Kinder; und dieſe zwo Beſchaͤfftigungen wa-
ren weitlaͤuftig genug, ſie von der gelehrten Neu-
gierde abzuhalten. Da in neuern Zeiten die mei-
ſten unſrer Weiber auf den beqvemen Einfall ka-
men, die Laſt der Wirthſchaft, und der Kinder-
zucht auf ihre niedrigſten Bedienten zu legen: ſo
waren die Maͤnner ſo ſinnreich, ihnen Tonnen
vorzuwerfen, mit denen ſie ſich ber ihrem Muͤßig-
gange beſchaͤfftigen ſollten. Man gab ihnen
bunte Karten in die Haͤnde, und war ſo gluͤcklich,
ihnen dieſen Zeitvertreib ſo angenehm zu machen,
daß ſie gar keine Buͤcher weiter, als dieſe, ver-
langten, und daß viele von ihnen ganz außer
Stande waren, bey einer andern Gelegenheit, als
beym Spielen, zu denken. Durch eine uͤbertrie-
bene Schmeicheley uͤber ihre Schoͤnheit, brachte man
ihnen von ihrer erſten Jugend an die eiteln Begriffe
bey, daß ihr ganzer Werth nur in der Schoͤnheit
beſtehe. Die Folge davon war natuͤrlich: Jhre
Bemuͤhung zog ſich von allen andern Beſchaͤffti-
gungen ganz ab, und gieng bloß auf die Erhal-
tung dieſes Vorzugs. Weil aber doch die Manns-
perſonen nicht im Stande waren, bey allen Frauen-
zimmern
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