Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
so würde doch das gemeine Wesen von einem ge-
brechlichen Tanzmeister bey weitem nicht so viel
Schaden zu besorgen haben, als es von einem
Manne befürchten muß, der zu einem öffentlichen
Amte ungeschickt, und bey dessen Verwaltung ohne
Verstand ist. Mit einem Worte, ich halte den
Antrag für einen rechtmäßigen Beruf. Jch
werde ihn also wohl annehmen; und der geneigte
Leser wird künftige Messe das Vergnügen haben,
eine systematische Abhandlung von den Regeln der
Tanzkunst von mir zu erhalten. Verstehe ich
gleich nicht das geringste davon: so habe ich doch
das Recht, mir eine gütige Aufnahme meines
Werks mit eben der Zuversicht zu versprechen, mit
welcher sich so viele Schriftsteller schmeicheln, die
sich zum Bücherschreiben so wenig schicken, als ich
mich zum Tanzen. Was mich noch abhält, mei-
ne endliche Erklärung von mir zu geben, ist die
Furcht vor dem Hofe. Es geschieht zuweilen, daß
die vornehmsten Damen einen wunderlichen Appe-
tit haben, und mein scarronischer Körper stellt mich
vor ihren verführerischen Liebkosungen nicht in völ-
lige Sicherheit. Jch weis mehr Exempel, daß ein
plumper Stallknecht die Stelle eines liebenswür-
digen Gemahls vertreten müssen. Jch wäre des
Todes, wenn ich mich in so gefährliche Umstände
verwickelt sehen sollte. Denn keusch bin ich, wie
meine Väter, und diese unzeitige Keuschheit hat
mich mehr, als einmal, um mein Glück gebracht.
Jch will es überlegen. Ein Balletmeister zu seyn,
wäre gleichwohl eine hübsche Sache!



Kleider

Antons Panßa von Mancha
ſo wuͤrde doch das gemeine Weſen von einem ge-
brechlichen Tanzmeiſter bey weitem nicht ſo viel
Schaden zu beſorgen haben, als es von einem
Manne befuͤrchten muß, der zu einem oͤffentlichen
Amte ungeſchickt, und bey deſſen Verwaltung ohne
Verſtand iſt. Mit einem Worte, ich halte den
Antrag fuͤr einen rechtmaͤßigen Beruf. Jch
werde ihn alſo wohl annehmen; und der geneigte
Leſer wird kuͤnftige Meſſe das Vergnuͤgen haben,
eine ſyſtematiſche Abhandlung von den Regeln der
Tanzkunſt von mir zu erhalten. Verſtehe ich
gleich nicht das geringſte davon: ſo habe ich doch
das Recht, mir eine guͤtige Aufnahme meines
Werks mit eben der Zuverſicht zu verſprechen, mit
welcher ſich ſo viele Schriftſteller ſchmeicheln, die
ſich zum Buͤcherſchreiben ſo wenig ſchicken, als ich
mich zum Tanzen. Was mich noch abhaͤlt, mei-
ne endliche Erklaͤrung von mir zu geben, iſt die
Furcht vor dem Hofe. Es geſchieht zuweilen, daß
die vornehmſten Damen einen wunderlichen Appe-
tit haben, und mein ſcarroniſcher Koͤrper ſtellt mich
vor ihren verfuͤhreriſchen Liebkoſungen nicht in voͤl-
lige Sicherheit. Jch weis mehr Exempel, daß ein
plumper Stallknecht die Stelle eines liebenswuͤr-
digen Gemahls vertreten muͤſſen. Jch waͤre des
Todes, wenn ich mich in ſo gefaͤhrliche Umſtaͤnde
verwickelt ſehen ſollte. Denn keuſch bin ich, wie
meine Vaͤter, und dieſe unzeitige Keuſchheit hat
mich mehr, als einmal, um mein Gluͤck gebracht.
Jch will es uͤberlegen. Ein Balletmeiſter zu ſeyn,
waͤre gleichwohl eine huͤbſche Sache!



Kleider
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="48"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
&#x017F;o wu&#x0364;rde doch das gemeine We&#x017F;en von einem ge-<lb/>
brechlichen Tanzmei&#x017F;ter bey weitem nicht &#x017F;o viel<lb/>
Schaden zu be&#x017F;orgen haben, als es von einem<lb/>
Manne befu&#x0364;rchten muß, der zu einem o&#x0364;ffentlichen<lb/>
Amte unge&#x017F;chickt, und bey de&#x017F;&#x017F;en Verwaltung ohne<lb/>
Ver&#x017F;tand i&#x017F;t. Mit einem Worte, ich halte den<lb/>
Antrag fu&#x0364;r einen rechtma&#x0364;ßigen Beruf. Jch<lb/>
werde ihn al&#x017F;o wohl annehmen; und der geneigte<lb/>
Le&#x017F;er wird ku&#x0364;nftige Me&#x017F;&#x017F;e das Vergnu&#x0364;gen haben,<lb/>
eine &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;che Abhandlung von den Regeln der<lb/>
Tanzkun&#x017F;t von mir zu erhalten. Ver&#x017F;tehe ich<lb/>
gleich nicht das gering&#x017F;te davon: &#x017F;o habe ich doch<lb/>
das Recht, mir eine gu&#x0364;tige Aufnahme meines<lb/>
Werks mit eben der Zuver&#x017F;icht zu ver&#x017F;prechen, mit<lb/>
welcher &#x017F;ich &#x017F;o viele Schrift&#x017F;teller &#x017F;chmeicheln, die<lb/>
&#x017F;ich zum Bu&#x0364;cher&#x017F;chreiben &#x017F;o wenig &#x017F;chicken, als ich<lb/>
mich zum Tanzen. Was mich noch abha&#x0364;lt, mei-<lb/>
ne endliche Erkla&#x0364;rung von mir zu geben, i&#x017F;t die<lb/>
Furcht vor dem Hofe. Es ge&#x017F;chieht zuweilen, daß<lb/>
die vornehm&#x017F;ten Damen einen wunderlichen Appe-<lb/>
tit haben, und mein &#x017F;carroni&#x017F;cher Ko&#x0364;rper &#x017F;tellt mich<lb/>
vor ihren verfu&#x0364;hreri&#x017F;chen Liebko&#x017F;ungen nicht in vo&#x0364;l-<lb/>
lige Sicherheit. Jch weis mehr Exempel, daß ein<lb/>
plumper Stallknecht die Stelle eines liebenswu&#x0364;r-<lb/>
digen Gemahls vertreten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Jch wa&#x0364;re des<lb/>
Todes, wenn ich mich in &#x017F;o gefa&#x0364;hrliche Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
verwickelt &#x017F;ehen &#x017F;ollte. Denn keu&#x017F;ch bin ich, wie<lb/>
meine Va&#x0364;ter, und die&#x017F;e unzeitige Keu&#x017F;chheit hat<lb/>
mich mehr, als einmal, um mein Glu&#x0364;ck gebracht.<lb/>
Jch will es u&#x0364;berlegen. Ein Balletmei&#x017F;ter zu &#x017F;eyn,<lb/>
wa&#x0364;re gleichwohl eine hu&#x0364;b&#x017F;che Sache!</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Kleider</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0070] Antons Panßa von Mancha ſo wuͤrde doch das gemeine Weſen von einem ge- brechlichen Tanzmeiſter bey weitem nicht ſo viel Schaden zu beſorgen haben, als es von einem Manne befuͤrchten muß, der zu einem oͤffentlichen Amte ungeſchickt, und bey deſſen Verwaltung ohne Verſtand iſt. Mit einem Worte, ich halte den Antrag fuͤr einen rechtmaͤßigen Beruf. Jch werde ihn alſo wohl annehmen; und der geneigte Leſer wird kuͤnftige Meſſe das Vergnuͤgen haben, eine ſyſtematiſche Abhandlung von den Regeln der Tanzkunſt von mir zu erhalten. Verſtehe ich gleich nicht das geringſte davon: ſo habe ich doch das Recht, mir eine guͤtige Aufnahme meines Werks mit eben der Zuverſicht zu verſprechen, mit welcher ſich ſo viele Schriftſteller ſchmeicheln, die ſich zum Buͤcherſchreiben ſo wenig ſchicken, als ich mich zum Tanzen. Was mich noch abhaͤlt, mei- ne endliche Erklaͤrung von mir zu geben, iſt die Furcht vor dem Hofe. Es geſchieht zuweilen, daß die vornehmſten Damen einen wunderlichen Appe- tit haben, und mein ſcarroniſcher Koͤrper ſtellt mich vor ihren verfuͤhreriſchen Liebkoſungen nicht in voͤl- lige Sicherheit. Jch weis mehr Exempel, daß ein plumper Stallknecht die Stelle eines liebenswuͤr- digen Gemahls vertreten muͤſſen. Jch waͤre des Todes, wenn ich mich in ſo gefaͤhrliche Umſtaͤnde verwickelt ſehen ſollte. Denn keuſch bin ich, wie meine Vaͤter, und dieſe unzeitige Keuſchheit hat mich mehr, als einmal, um mein Gluͤck gebracht. Jch will es uͤberlegen. Ein Balletmeiſter zu ſeyn, waͤre gleichwohl eine huͤbſche Sache! Kleider

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/70
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/70>, abgerufen am 21.11.2024.