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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.

Der Rest der Figur ist mittelmäßig, und in der
Ausführung vernachläßiget. Auch dieser Abstand
des Kopfs zum Rumpf bleibt mir Räthsel.

Thalia. Hier ist der Rumpf das Vorzüg-
lichste. Denn der Kopf hat durch die Ergänzung
stark gelitten. Der Putz desselben besteht aus Wein-
trauben und Epheu. Die Drapperie ist eben so schön
gedacht, als gearbeitet. Beide Arme sind neu;
folglich mit ihnen die Klappertrommel, (tambour
de basque).
Aber der gekrümmte Stab oder Li-
tuus in der andern wird durch die antike Hälfte, die
sich am Tronk erhalten hat, gerechtfertigt. Bei ihr
liegt eine Maske. Die Beine sind ins Kreutz über
einander geschlagen.

+ Urania. Der Kopf, eine schöne Natur,
zeigt beinahe den Wunsch gefallen zu wollen. Aber
wir bemerken ihn gern diesen Ausdruck der Zuvorkom-
mung so weit entfernt von aller Andringlichkeit. Die
Haare sind wie an der Venus hinten in einen Schopf
zusammen gebunden.

Diese Figur ist eine der schönst bekleideten die wir
haben. Durch den leichten Faltenschlag wird dem
Auge nichts von der Eleganz der Formen des reitzend
gestellten Körpers entzogen.

Die beiden Arme sind nebst den Attributen der
Weltkugel und des Griffels neu. Der Kopf ist alt,
aber aufgesetzt.

Calliope. Der Kopf ist sehr ergänzt. Die
Arme mit dem Buche und der Trompete sind neu.

Polyhymnia. Der Kopf mit Blumen be-
kränzt ist schön. Sie hat sich in einen Mantel ge-
wickelt; dieser ist gut gedacht, aber trocken ausgeführt.

+ Mel-
F 3
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Der Reſt der Figur iſt mittelmaͤßig, und in der
Ausfuͤhrung vernachlaͤßiget. Auch dieſer Abſtand
des Kopfs zum Rumpf bleibt mir Raͤthſel.

Thalia. Hier iſt der Rumpf das Vorzuͤg-
lichſte. Denn der Kopf hat durch die Ergaͤnzung
ſtark gelitten. Der Putz deſſelben beſteht aus Wein-
trauben und Epheu. Die Drapperie iſt eben ſo ſchoͤn
gedacht, als gearbeitet. Beide Arme ſind neu;
folglich mit ihnen die Klappertrommel, (tambour
de basque).
Aber der gekruͤmmte Stab oder Li-
tuus in der andern wird durch die antike Haͤlfte, die
ſich am Tronk erhalten hat, gerechtfertigt. Bei ihr
liegt eine Maſke. Die Beine ſind ins Kreutz uͤber
einander geſchlagen.

Urania. Der Kopf, eine ſchoͤne Natur,
zeigt beinahe den Wunſch gefallen zu wollen. Aber
wir bemerken ihn gern dieſen Ausdruck der Zuvorkom-
mung ſo weit entfernt von aller Andringlichkeit. Die
Haare ſind wie an der Venus hinten in einen Schopf
zuſammen gebunden.

Dieſe Figur iſt eine der ſchoͤnſt bekleideten die wir
haben. Durch den leichten Faltenſchlag wird dem
Auge nichts von der Eleganz der Formen des reitzend
geſtellten Koͤrpers entzogen.

Die beiden Arme ſind nebſt den Attributen der
Weltkugel und des Griffels neu. Der Kopf iſt alt,
aber aufgeſetzt.

Calliope. Der Kopf iſt ſehr ergaͤnzt. Die
Arme mit dem Buche und der Trompete ſind neu.

Polyhymnia. Der Kopf mit Blumen be-
kraͤnzt iſt ſchoͤn. Sie hat ſich in einen Mantel ge-
wickelt; dieſer iſt gut gedacht, aber trocken ausgefuͤhrt.

Mel-
F 3
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[85/0107] Der Vaticaniſche Pallaſt. Der Reſt der Figur iſt mittelmaͤßig, und in der Ausfuͤhrung vernachlaͤßiget. Auch dieſer Abſtand des Kopfs zum Rumpf bleibt mir Raͤthſel. Thalia. Hier iſt der Rumpf das Vorzuͤg- lichſte. Denn der Kopf hat durch die Ergaͤnzung ſtark gelitten. Der Putz deſſelben beſteht aus Wein- trauben und Epheu. Die Drapperie iſt eben ſo ſchoͤn gedacht, als gearbeitet. Beide Arme ſind neu; folglich mit ihnen die Klappertrommel, (tambour de basque). Aber der gekruͤmmte Stab oder Li- tuus in der andern wird durch die antike Haͤlfte, die ſich am Tronk erhalten hat, gerechtfertigt. Bei ihr liegt eine Maſke. Die Beine ſind ins Kreutz uͤber einander geſchlagen. † Urania. Der Kopf, eine ſchoͤne Natur, zeigt beinahe den Wunſch gefallen zu wollen. Aber wir bemerken ihn gern dieſen Ausdruck der Zuvorkom- mung ſo weit entfernt von aller Andringlichkeit. Die Haare ſind wie an der Venus hinten in einen Schopf zuſammen gebunden. Dieſe Figur iſt eine der ſchoͤnſt bekleideten die wir haben. Durch den leichten Faltenſchlag wird dem Auge nichts von der Eleganz der Formen des reitzend geſtellten Koͤrpers entzogen. Die beiden Arme ſind nebſt den Attributen der Weltkugel und des Griffels neu. Der Kopf iſt alt, aber aufgeſetzt. Calliope. Der Kopf iſt ſehr ergaͤnzt. Die Arme mit dem Buche und der Trompete ſind neu. Polyhymnia. Der Kopf mit Blumen be- kraͤnzt iſt ſchoͤn. Sie hat ſich in einen Mantel ge- wickelt; dieſer iſt gut gedacht, aber trocken ausgefuͤhrt. † Mel- F 3

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/107>, abgerufen am 25.11.2024.