die Nachsicht, die wir gegen dieses Alter und seine noch unschädlichen Fehler haben, um so mehr gemil- dert, da sie zu den reitzendsten Stellungen und der angenehmsten Gruppe die Veranlassung gegeben haben.
+ Noah mit seiner Familie verläßt die Arche. Abgerissen von allen Freunden ihrer Ju- gend, vielleicht die einzigen im eigentlichsten Ver- stande des Worts, stehen Noah und seine Frau in Kummer versunken, über den wüsten Anblick der Erde, an der ihr einsames Alter nur noch durch die Erinnerung hängt: Hingegen Hoffnung emporstre- bender Jugend hebt den Busen seines Sohnes, der eine neue Schöpfung vor sich sieht, deren Herr er seyn wird; und das Weib dieses letzten -- o Ra- phael! wie fein! wie zärtlich! das Weib schlingt ih- ren Arm um den Hals des geliebten Gatten, sieht nur auf ihn, und achtet's nicht: ob außer ihnen die Welt zu Trümmern wird.
In allen Gemählden erkennt man Raphaels Geist, seinen Ausdruck, seine Anordnung, seine Stellungen, seine Gewänder. Folgende aber haben mir die merkwürdigsten geschienen: Die Engel kommen zu Abraham, Loth wandert aus So- dom, Isaac erhält Befehl, nicht nach Aegyp- ten zu gehen, Jacob trifft Rahel und Lea am Brunnen, Joseph erzählt seinen Brüdern den Traum, den er gehabt hat, Joseph erklärt dem Pharao einen Traum, Ein Bild das Pous- sin sehr geschätzt haben soll: die Findung Moses, die Anbetung des güldenen Kalbes, Moses
zeigt
Der Vaticaniſche Pallaſt.
die Nachſicht, die wir gegen dieſes Alter und ſeine noch unſchaͤdlichen Fehler haben, um ſo mehr gemil- dert, da ſie zu den reitzendſten Stellungen und der angenehmſten Gruppe die Veranlaſſung gegeben haben.
† Noah mit ſeiner Familie verlaͤßt die Arche. Abgeriſſen von allen Freunden ihrer Ju- gend, vielleicht die einzigen im eigentlichſten Ver- ſtande des Worts, ſtehen Noah und ſeine Frau in Kummer verſunken, uͤber den wuͤſten Anblick der Erde, an der ihr einſames Alter nur noch durch die Erinnerung haͤngt: Hingegen Hoffnung emporſtre- bender Jugend hebt den Buſen ſeines Sohnes, der eine neue Schoͤpfung vor ſich ſieht, deren Herr er ſeyn wird; und das Weib dieſes letzten — o Ra- phael! wie fein! wie zaͤrtlich! das Weib ſchlingt ih- ren Arm um den Hals des geliebten Gatten, ſieht nur auf ihn, und achtet’s nicht: ob außer ihnen die Welt zu Truͤmmern wird.
In allen Gemaͤhlden erkennt man Raphaels Geiſt, ſeinen Ausdruck, ſeine Anordnung, ſeine Stellungen, ſeine Gewaͤnder. Folgende aber haben mir die merkwuͤrdigſten geſchienen: Die Engel kommen zu Abraham, Loth wandert aus So- dom, Iſaac erhaͤlt Befehl, nicht nach Aegyp- ten zu gehen, Jacob trifft Rahel und Lea am Brunnen, Joſeph erzaͤhlt ſeinen Bruͤdern den Traum, den er gehabt hat, Joſeph erklaͤrt dem Pharao einen Traum, Ein Bild das Pouſ- ſin ſehr geſchaͤtzt haben ſoll: die Findung Moſes, die Anbetung des guͤldenen Kalbes, Moſes
zeigt
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
die Nachſicht, die wir gegen dieſes Alter und ſeine
noch unſchaͤdlichen Fehler haben, um ſo mehr gemil-
dert, da ſie zu den reitzendſten Stellungen und der
angenehmſten Gruppe die Veranlaſſung gegeben
haben.
† Noah mit ſeiner Familie verlaͤßt die
Arche. Abgeriſſen von allen Freunden ihrer Ju-
gend, vielleicht die einzigen im eigentlichſten Ver-
ſtande des Worts, ſtehen Noah und ſeine Frau in
Kummer verſunken, uͤber den wuͤſten Anblick der
Erde, an der ihr einſames Alter nur noch durch die
Erinnerung haͤngt: Hingegen Hoffnung emporſtre-
bender Jugend hebt den Buſen ſeines Sohnes, der
eine neue Schoͤpfung vor ſich ſieht, deren Herr er
ſeyn wird; und das Weib dieſes letzten — o Ra-
phael! wie fein! wie zaͤrtlich! das Weib ſchlingt ih-
ren Arm um den Hals des geliebten Gatten, ſieht
nur auf ihn, und achtet’s nicht: ob außer ihnen die
Welt zu Truͤmmern wird.
In allen Gemaͤhlden erkennt man Raphaels
Geiſt, ſeinen Ausdruck, ſeine Anordnung, ſeine
Stellungen, ſeine Gewaͤnder. Folgende aber haben
mir die merkwuͤrdigſten geſchienen: Die Engel
kommen zu Abraham, Loth wandert aus So-
dom, Iſaac erhaͤlt Befehl, nicht nach Aegyp-
ten zu gehen, Jacob trifft Rahel und Lea am
Brunnen, Joſeph erzaͤhlt ſeinen Bruͤdern den
Traum, den er gehabt hat, Joſeph erklaͤrt
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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