Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Der Vaticanische Pallast. Linker Hand dem Altare sitzen Scotus und Am- Man bewundert mit Recht die Mannichfaltigkeit Es ist äußerst interessant zu bemerken, wie Ra- Raphael Erster Theil. L
Der Vaticaniſche Pallaſt. Linker Hand dem Altare ſitzen Scotus und Am- Man bewundert mit Recht die Mannichfaltigkeit Es iſt aͤußerſt intereſſant zu bemerken, wie Ra- Raphael Erſter Theil. L
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Linker Hand dem Altare ſitzen Scotus und Am-
broſius. Wahreres laͤßt ſich nichts denken, als den
heiligen Auguſtin, der diktirt, und die eilende Sorg-
falt, mit der ſein Schreiber nachſchreibt. St. Tho-
mas, Pabſt Anaclet, Bonaventura, Pabſt Inno-
cenz der Dritte, Dante, Savanarola, ſind die be-
kannteſten Koͤpfe unter den uͤbrigen.
Man bewundert mit Recht die Mannichfaltigkeit
und die Wahrheit des Charakters in dieſen Koͤpfen.
Sie ſind aber mit einem Fleiße ausgefuͤhrt, der an
Trockenheit graͤnzt. Dieſe Trockenheit allein kann
uns auf die Epoche ſchließen laſſen, in der dies Ge-
maͤhlde von Raphael verfertigt wurde. Es iſt das
erſte von ſeiner Hand in dieſem Pallaſte, folglich aus
einer Zeit, in der er wider den Geſchmack des Pietro
Perugino ankaͤmpfte, aber den Einfluß der fruͤhern
Erziehung noch nicht ganz uͤberwinden konnte. Da-
her auch das natuͤrliche Gold in den Glorien! Hinge-
gen ſieht man auch die Bekanntſchaft mit den Floren-
tinern, das Beſtreben ihre Vorzuͤge ſich zu eigen zu
machen, in dem Stile der Gewaͤnder, in den For-
men und Stellungen der jugendlichen Figuren, und
in dem Colorit.
Es iſt aͤußerſt intereſſant zu bemerken, wie Ra-
phael ſelbſt waͤhrend der Arbeit an dieſem Gemaͤhlde
in der Kunſt zugenommen hat. Er fing mit der
rechten Seite an, und ſeine furchtſame und ungewiſſe
Hand wollte dem Kopfe noch nicht die rechte Folge lei-
ſten. Aber auf der linken Seite merkt man ihm ſchon
mehr Freiheit mehr Feſtigkeit an.
Raphael
Erſter Theil. L
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