Der Ausdruck, die Wahl der Stellungen der Köpfe und der Formen, haben die diesem Meister ge- wöhnlichen Vorzüge.
Das vierte Gemählde stellet einige zur Aus- übung der Gerechtigkeit erforderliche Eigenschaften personificirt vor.
Die Klugheit nach der gewöhnlichen Vorstellungs- art, die jedoch der weise Mahler so wenig unange- nehm als möglich gemacht hat, mit zwei Gesichtern. Die Figur ist sehr swelt, und vortrefflich drappirt. Ein Genius hält ihr einen Spiegel vor. Zur Seite die Mäßigkeit oder Mäßigung mit dem Zaume in der Hand, und zur andern die Standhaftigkeit, die eine Eiche beugt, deren Zweige ein Genius um ihre Stirn windet. Ein Paar Genii.
Die Zusammensetzung hat nichts besonders. Inzwischen sind die einzelnen Figuren unver- gleichlich.
Unter diesen Figuren zu beiden Seiten der Fenster sieht man auf der einen den Kaiser Justinian, der die Pandecten aus den Händen des Tribo- nians empfängt. Auf der andern den Pabst Gregorius den Neunten, der einer Magistrats- person die Decretalen überreicht. Um ihn stehen Leo der Zehnte, der Cardinal del Monte, und der Cardinal Alexander aus dem Hause Farnese. Diese Köpfe haben viel Wahrheit, wenn sie gleich sehr ge- litten haben. Die Magistratsperson, welche die De- cretalen empfängt, trägt das Gepräge unerschütterli- cher Anhänglichkeit an geschriebenes Recht an sich, und treuer Sorgsamkeit bei der Behandlung der lang-
weilig-
Der Vaticaniſche Pallaſt.
Der Ausdruck, die Wahl der Stellungen der Koͤpfe und der Formen, haben die dieſem Meiſter ge- woͤhnlichen Vorzuͤge.
Das vierte Gemaͤhlde ſtellet einige zur Aus- uͤbung der Gerechtigkeit erforderliche Eigenſchaften perſonificirt vor.
Die Klugheit nach der gewoͤhnlichen Vorſtellungs- art, die jedoch der weiſe Mahler ſo wenig unange- nehm als moͤglich gemacht hat, mit zwei Geſichtern. Die Figur iſt ſehr ſwelt, und vortrefflich drappirt. Ein Genius haͤlt ihr einen Spiegel vor. Zur Seite die Maͤßigkeit oder Maͤßigung mit dem Zaume in der Hand, und zur andern die Standhaftigkeit, die eine Eiche beugt, deren Zweige ein Genius um ihre Stirn windet. Ein Paar Genii.
Die Zuſammenſetzung hat nichts beſonders. Inzwiſchen ſind die einzelnen Figuren unver- gleichlich.
Unter dieſen Figuren zu beiden Seiten der Fenſter ſieht man auf der einen den Kaiſer Juſtinian, der die Pandecten aus den Haͤnden des Tribo- nians empfaͤngt. Auf der andern den Pabſt Gregorius den Neunten, der einer Magiſtrats- perſon die Decretalen uͤberreicht. Um ihn ſtehen Leo der Zehnte, der Cardinal del Monte, und der Cardinal Alexander aus dem Hauſe Farneſe. Dieſe Koͤpfe haben viel Wahrheit, wenn ſie gleich ſehr ge- litten haben. Die Magiſtratsperſon, welche die De- cretalen empfaͤngt, traͤgt das Gepraͤge unerſchuͤtterli- cher Anhaͤnglichkeit an geſchriebenes Recht an ſich, und treuer Sorgſamkeit bei der Behandlung der lang-
weilig-
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Der Ausdruck, die Wahl der Stellungen der
Koͤpfe und der Formen, haben die dieſem Meiſter ge-
woͤhnlichen Vorzuͤge.
Das vierte Gemaͤhlde ſtellet einige zur Aus-
uͤbung der Gerechtigkeit erforderliche Eigenſchaften
perſonificirt vor.
Die Klugheit nach der gewoͤhnlichen Vorſtellungs-
art, die jedoch der weiſe Mahler ſo wenig unange-
nehm als moͤglich gemacht hat, mit zwei Geſichtern.
Die Figur iſt ſehr ſwelt, und vortrefflich drappirt.
Ein Genius haͤlt ihr einen Spiegel vor. Zur Seite
die Maͤßigkeit oder Maͤßigung mit dem Zaume in
der Hand, und zur andern die Standhaftigkeit, die
eine Eiche beugt, deren Zweige ein Genius um ihre
Stirn windet. Ein Paar Genii.
Die Zuſammenſetzung hat nichts beſonders.
Inzwiſchen ſind die einzelnen Figuren unver-
gleichlich.
Unter dieſen Figuren zu beiden Seiten der Fenſter
ſieht man auf der einen den Kaiſer Juſtinian, der
die Pandecten aus den Haͤnden des Tribo-
nians empfaͤngt. Auf der andern den Pabſt
Gregorius den Neunten, der einer Magiſtrats-
perſon die Decretalen uͤberreicht. Um ihn ſtehen
Leo der Zehnte, der Cardinal del Monte, und der
Cardinal Alexander aus dem Hauſe Farneſe. Dieſe
Koͤpfe haben viel Wahrheit, wenn ſie gleich ſehr ge-
litten haben. Die Magiſtratsperſon, welche die De-
cretalen empfaͤngt, traͤgt das Gepraͤge unerſchuͤtterli-
cher Anhaͤnglichkeit an geſchriebenes Recht an ſich,
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/192>, abgerufen am 16.02.2025.
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